Schatten-IT

IT-Business-Kooperation hilft beim Sparen

Esther Shein schreibt für unsere US-Schwesterpublikation CIO.com.
Wenn Fachabteilungen zunehmend eigene IT-Lösungen beschaffen, müssen IT-Manager in den Beratermodus wechseln.
Eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Business- und IT-Abteilungen ist essentiell für den Unternehmenserfolg, der Weg dahin oft steinig.
Eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Business- und IT-Abteilungen ist essentiell für den Unternehmenserfolg, der Weg dahin oft steinig.
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Weil die IT immer mehr Unternehmensbereiche durchdringt, verschwimmen die alten Grenzen: Mitarbeiter der Geschäftsbereiche schlüpfen häufig in die Rolle von Business-Technologen und beschaffen ihre eigene Software und Services. Laut einer aktuellen Gartner-Umfrage werden fast drei Viertel der Technologiekäufe zumindest teilweise von Geschäftsbereichen außerhalb der IT finanziert. Data AnalyticsAnalytics und künstliche Intelligenzkünstliche Intelligenz sind die Felder, auf denen Business-Technologen zunehmend die Führung übernehmen. Alles zu Analytics auf CIO.de Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de

Branchenbeobachter berichten, dass IT-Manager nicht grundsätzlich dagegen sind, dass Fachabteilungen mehr Verantwortung für Technologieausgaben übernehmen. "Wenn man mit der großen Mehrheit der CIOs spricht, geben sie an, dass diese geschäftlichen Transformationen von den Business-Managern geleitet werden müssen, wobei die IT unterstützt", kommentiert Len Riley, Leiter der Beratungspraxis bei UpperEdge.

Die Entwicklung ist seiner Meinung nach zum Teil auch darauf zurückzuführen, dass reine SaaS-Anbieter (Software as a Service) häufig direkt an das Business verkaufen. "Die Anbieter haben dies definitiv beeinflusst." Ein weiterer Faktor ist, dass CFOs immer mehr Wert darauf legen, dass die mit einer Technologieplattform verbundenen Ausgaben in der Gewinn- und Verlustrechnung einer Fachabteilung ausgewiesen werden. "Das steigert die Macht und Kontrolle der Business-Einheiten", sagt Riley, "und auch die Verantwortlichkeit".

Ausgabenkontrolle ist komplex

Aber nicht immer gibt es Unterstützung oder Anleitung durch die IT-Abteilung. Wenn die Ausgaben für Technologie über mehrere SaaS-Anbieter in verschiedenen Geschäftsbereichen - und sogar in verschiedenen Abteilungen innerhalb eines Geschäftsbereichs - aufgesplittet sind, werde das Management der Beziehungen und der Ausgaben zur Wertoptimierung eine echte Herausforderung, berichtet Riley. Und sind die Beziehungen des Einkaufs und der IT-Abteilung zu den Geschäftsbereichen nur schwach ausgeprägt, "können Sie sicher sein, dass die Business Units ihr eigenes Ding machen werden".

Wenn eine Fachabteilung ihre eigene IT beschafft hat, passiert es nicht selten, dass der CIO doch noch ins Boot geholt wird, um herauszufinden, wer die Beziehung zu dem jeweiligen Softwareanbieter am besten kontrolliert oder steuert, so Riley. Um Reibungsverluste zu vermeiden, sollten CIOs bereits in einer frühen Phase des Ausgabenprozesses einbezogen werden.

Spannungen zwischen Business und IT

Steve Miller, Vizepräsident und CTO von Steelcase, einem Hersteller von Möbeln, Innenarchitektur und technischen Produkten, macht keinen Hehl daraus, dass die IT-Abteilung vor einigen Jahren eine Überarbeitung nötig hatte. Man erkannte, dass "viele unserer Verhaltensweisen, unsere Kultur und unsere Praktiken nicht mit einem sich digital wandelnden Unternehmen vereinbar waren", erinnert er sich.

Beim Online-Beschaffungsprozess des Unternehmens hätten beispielsweise viele Fachbereichsleiter in Niederlassungen außerhalb der USA umgehend virtuelle Geschäfte für den Verkauf von Produkten eingerichtet, um den Bestellfluss reibungsloser zu gestalten. Diese Führungskräfte hatten jedoch keine Erfahrung im Bereich Technologie oder Sicherheit - und sie umgingen dabei die IT-Abteilung. Miller: "Sie wollten schnell vorankommen und hatten die Sorge: Wenn ich die IT-Abteilung einschalte, wird sie mich aufhalten."

Steht die IT auf der Bremse?

Miller zufolge war das eine "faire Charakterisierung". Er räumt ein, dass sein Team erkennen musste: Die Länder haben unterschiedliche Bedürfnisse, was sich mit dem einheitlichen Ansatz der IT für den elektronischen Handel kaum vereinen lässt. "Wir mussten dabei helfen, verschiedene Ebenen von Fähigkeiten zu identifizieren." Also machte sich die IT-Abteilung ein Bild von den Spannungen. Diese fand Miller etwa in der Beziehung zu den Führungskräften der Geschäftsbereiche. Werde die IT-Abteilung nicht in Entscheidungen über Technologieausgaben einbezogen, "müssen wir verstehen, was dieser Bereich des Unternehmens zu erreichen versucht, was hinter seinem Verhalten steckt und wie wir unsere Arbeitsweise ändern können, um das Unternehmen als Ganzes in die richtige Richtung zu lenken".

Doppelte Ausgaben und Schatten-IT

Als die lokalen Niederlassungen ihre eigene Software kauften, kam es laut Miller zu doppelten Ausgaben - ein häufiges Problem, wenn die IT-Abteilung nicht an den IT-Investitionen beteiligt ist. "Sie haben Elemente ihrer bereits entwickelten Lösung neu erstellt, was eine Verschwendung war und sie unter dem Strich verlangsamte." Stattdessen hätte es sich angeboten, einige der von der IT-Abteilung erstellten Schnittstellen und Vorlagen zu nutzen, um schneller voranzukommen. Der CTO schätzt, dass Steelcase fast 20 Prozent der Kosten einsparen konnte, indem es seine Landesgesellschaften dazu brachte, bereits vorhandene Templates zu verwenden.

An einem Strang ziehen

Das hat laut Miller zu vierteljährlichen Gesprächen darüber geführt, wie man im Team gute Entscheidungen bei technischen Investitionen treffen kann und wo die IT-Abteilung helfen könne. "Es ging nicht darum, den Geschäftsbereichen bei den Technologieausgaben im Weg zu stehen, sondern gemeinsam bessere Entscheidungen zu treffen", so der Manager. "Wir wollen unsere Rolle in den Diskussionen besser verstehen und den Austausch zwischen den Geschäftsbereichen erleichtern." Beide Seiten hätten nun "nicht mehr das Gefühl, dass wir gegeneinander kämpfen".

Eine Kultur enger Partnerschaften

Bei der TIAA Bank wird die IT-Abteilung zunehmend in die Prüfung und Auswahl von Softwareplattformen einbezogen. Laut CIO John Elton ist dies Teil eines Kulturwandels, der eine stärkere Zusammenarbeit und engere Partnerschaft zwischen der IT und den Geschäftsbereichen der Bank fördert. Wenn die Leitung einer Business Unit darauf vertraut, dass die IT-Abteilung in ihrem Interesse arbeitet, werden beide Gruppen nicht nur kooperieren, sondern auch ihre Stärken ausspielen können, argumentiert Elton. "Es war schon immer meine Philosophie, dass die besten Ergebnisse erzielt werden, wenn IT und Fachbereiche zusammenarbeiten." Er versuche zu vermitteln, dass sich die Partnerschaft automatisch entwickelt, das Vertrauen wächst und die Leistung verbessert wird, wenn sich die IT auf die geschäftlichen Anforderungen konzentriert.

Agiles Alignment von Business, IT und Operations

Ein Kulturwandel bei Fidelity Investments hat ebenfalls zu einer natürlicheren Partnerschaft zwischen IT und Business geführt, berichtet Brooke Forbes, CIO und Leiterin der Technologieabteilung im Bereich Personal Investments. "Wir haben unser Betriebsmodell grundlegend geändert und sind zu einem agilen Full-Stack-System übergegangen", so die CIO. "Unser Ziel waren integrierte digitale Partnerschaften zwischen dem Business, der IT und dem Betrieb - einschließlich Teams aus Geschäfts- und Technologieexperten."

Vor der Umstellung des Betriebsmodells gab es Schatten-ITSchatten-IT, wenn eine Abteilung schnell IT-Ressourcen beschaffen musste. "Vor der Einführung von agilen Methoden und dem neuen Betriebsmodell wurden einige dieser Kaufentscheidungen außerhalb der IT getroffen", berichtet Forbes. Die Geschäftsleitung konnte jedoch mehr positive Ergebnisse sehen, wenn die Fachbereiche etwas über Technologie lernten - so viel, dass Fidelity nun 20 Prozent jeder Woche für ein Cross-Training aller Mitarbeiter im Rahmen eines globalen Programms namens "Learning Tuesdays" verwendet. Alles zu Schatten-IT auf CIO.de

Weiterbildung spannt Brücken

Mitarbeiter, die nicht aus dem IT-Bereich kommen, können sich über Themen wie Data as a Service, künstliche Intelligenz, Personalisierung, Web- und Mobiltechnologien sowie Blockchain informieren, sagt sie. Um sicherzustellen, dass die Geschäftsbereiche die richtigen Tools verwenden und dass die IT-Abteilung im Kaufprozess nicht umgangen wird, lässt Forbes Ingenieure an Meetings mit verschiedenen internen Teams teilnehmen. "Eine der besten Maßnahmen, die wir getroffen haben, ist ein Konzept mit einer nicht mehr abgetrennten IT", sagt Forbes. Dies zeige sich inzwischen auch auf der Ebene der Top-Führungskräfte. Die gemeinsame Arbeit reiche von der Identifizierung von Lieferanten bis hin zu Ausschreibungen, Gesprächen und der Festlegung von Anforderungen.

IT als Katalysator für den Geschäftswert

Wenn die IT-Abteilung bei Technologieausgaben besser mit den Geschäftsbereichen zusammenarbeiten will, kommt es darauf an, solide und vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen. Das ist keine Raketenwissenschaft, sondern etwas, an dem beide Seiten arbeiten müssen. CIO John Elton von TIAA ist etwa der Ansicht, dass die IT-Abteilung eine weniger begrenzte Sichtweise auf ihre Leistung einnehmen muss, wenn sie ihren Wertbeitrag bei der Investition in neue Technologien unter Beweis stellen will. Traditionell würden IT-Führungskräfte beim Betrachten von Technologien nur daran denken, was sie leisten können, anstatt sich wirklich auf das Geschäft zu konzentrieren und ein Tool als Katalysator für das Erfüllen von Geschäftsanforderungen zu sehen. "Es ist alles eine Frage des Blickwinkels", sagt Elton. Führungskräfte auf beiden Seiten müssten den Stärken beider Seiten gegenüber aufgeschlossen sein. Und das Management müsse darauf vertrauen, dass die IT-Abteilung die Interessen des Unternehmens im Auge hat.

Vertrauen stärken zwischen Business und IT

Die IT-Abteilung muss Elton zufolge daran arbeiten, dieses Vertrauen aufzubauen und zu rechtfertigen. "Ich stelle die geschäftlichen Bedürfnisse gewissermaßen vor die meines eigenen Teams." Für die IT-Abteilung bestehe die ultimative Aufgabe darin, beim Erreichen geschäftlicher Ziele zu unterstützen und die dazu notwendige Technologie zu implementieren, "ob sie nun cool ist oder nicht". Auch wenn es verlockend sei, sich für ein Produkt mit den neuesten Funktionen zu entscheiden, gelte Elton zufolge: "Die IT-Abteilung ist für Sicherheit, Verfügbarkeit, Leistung, Innovation, Time-to-Market und ihre eigene Effizienz verantwortlich. Wir können unsere eigenen Bedürfnisse in dieser Hinsicht nicht ignorieren, und wir können sie nicht im Namen des Unternehmens opfern."

Wie man die Beziehung richtig gestaltet

Für CIO Forbes gibt es mehrere Möglichkeiten, wie die IT-Abteilung besser mit den Geschäftsbereichen zusammenarbeiten kann, wenn es um Technologieausgaben geht. Das beginnt mit Investitionen in die Beziehungen und gipfelt darin, als eine Art Berater für die Leiter der Fachbereiche aufzutreten, um Gespräche über ihre Anforderungen und deren Erfüllung anzuregen. Die Managerin empfiehlt Unternehmen auch, ein agiles Modell für die gesamte Organisation in Betracht zu ziehen. "Wenn ich mit anderen CIOs spreche, sagen sie, dass sie agil arbeiten, aber in der Regel trifft das nur auf die IT-Abteilung zu." Forbes plädiert zudem für die Bildung vollständig integrierter Teams.

Schnell versus sicher

CTO Miller von Steelcase meint, die IT-Abteilung müsse sich der Dringlichkeit bewusst sein, die die Geschäftsbereiche haben. "Sie haben Angst davor, dass die IT-Abteilung die Anschaffung von Technologie so lange wie nötig hinauszögert", während die IT-Abteilung Probleme befürchtet, wenn etwas falsch umgesetzt wird. "Bringen Sie deren Bedürfnisse mit Ihrem Bedürfnis nach Sicherheit in Einklang", rät er. "Stellen Sie sicher, dass Fachabteilungen begreifen, dass wir in der IT ihre Probleme verstehen." Und Berater Riley von UpperEdge gibt an, dass es für Business Areas "gefährlich" sein kann, SaaS-Partnerschaften "ohne den Rat eines erfahrenen CIOs" auszuhandeln. Wir empfehlen daher, die Fähigkeiten des CIOs auszubalancieren, um die Beziehungen zu den Technologiepartnern auf Unternehmensebene zu steuern und gleichzeitig die Verantwortung für die Projektergebnisse sowie die betriebliche Effizienz auf die Geschäftsbereiche zu übertragen."

Er schlägt außerdem vor, dass der CIO direkt am Tisch der Geschäftsführung sitzt, um die Business-Strategie zu verstehen. "Wenn sie keinen Sitz am Tisch haben, ist das ein Problem für sich", sagt er. Es müsse eine jährliche oder vierteljährliche Planung geben, und das Projektportfolio sollte auf die Geschäftsstrategie abgestimmt werden. CIOs bräuchten zudem ein starkes Team von Managern, die nicht nur gute Beziehungen aufbauen, sondern sich auch mit den einzelnen Geschäftsbereichen auseinandersetzen - schließlich könne der CIO nicht alles allein machen.

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com

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