Dual Career in der Praxis

Karriere? Nicht ohne meinen Partner!

04.10.2011
Von Winfried Gertz
Nagelprobe für die Personalabteilung: Bewerber unterschreiben nur dann den Arbeitsvertrag, wenn auch ihrem Partner berufliche Perspektiven eröffnet werden. Bloß Zukunftsmusik?

Miodrag Vazic, 31, ist ein Glückspilz. Nicht allein, weil der slowenische IT-Spezialist mit seinem Job als Business Process Analyst zufrieden ist. Bei der Unicredit Bank in München entwickelt er Plattformen, über die Kredite online laufen. Aus seinen Pflichtenheften geht hervor, wie Suchfelder aussehen und wie das Programm mit dem Backend verknüpft sein soll.

Dass er bei der italienischen Bank in der bayerischen Hauptstadt arbeitet, hat er dem Zufall zu verdanken, wie er offen gesteht. "Ohne Hilfe wäre ich in Slowenien geblieben. Das hätte meine Frau ziemlich traurig gemacht." Vazic profitierte von "Dual Career", einem ungewöhnlichen Serviceangebot des Pharmariesen Sandoz. Als die Firma seine Gattin am deutschen Hauptsitz in Holzkirchen nahe der Isar-Metropole fest anstellte, war Teil des Anstellungsvertrags, dass auch der Lebenspartner der Mitarbeiterin dabei unterstützt wird, mit nach München zu kommen, um dort seine berufliche KarriereKarriere fortzusetzen. Alles zu Karriere auf CIO.de

Viele Fach- und Führungskräfte fordern nicht selbstbewusst genug ein, dass auch ihren Partnern Chancen zur Fortsetzung der Karriere eröffnet werden.
Viele Fach- und Führungskräfte fordern nicht selbstbewusst genug ein, dass auch ihren Partnern Chancen zur Fortsetzung der Karriere eröffnet werden.
Foto: Fotolia, Yuri Arcurs

Ein solches Angebot ist im Arbeitsmarkt noch die Ausnahme. Zwar wagen sich Unternehmen beim Ringen um qualifizierte Kräfte oft vor bis an die Schmerzgrenze: Firmenwagen? Warum nicht. Gezielte Weiterbildung und verlässliche Karrierewege? Das kriegen wir hin. Ein deutliches Plus beim Gehalt? Darüber lässt sich reden. Doch wenn es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht, bleibt es meist bei Lippenbekenntnissen: Herrschaaren von Fach- und Führungskräften arbeiten in der Ferne und sehen Partner und Kinder bloß am Wochenende.

Dass Mitarbeiter sich wohlfühlen und bessere Leistungen zeigen, wenn ihr privates Umfeld nicht auseinandergerissen wird, ist eigentlich eine betriebswirtschaftliche Binsenweisheit. "Wir laden die Partner der Kandidaten im Vorfeld stets mit ein", sagt Günther Olesch, Vorstand und HR-Chef von Phönix Contact, einem Elektronikhersteller im ostwestfälischen Blomberg, der Ingenieure und IT-Experten in großer Zahl sucht. Würde ein Kandidat allein anheuern wollen, um eine Wochenendbeziehung zu führen, ohne seine Familie mitzunehmen, "akzeptieren wir das nicht".

Nun ist Ostwestfalen nicht Oberbayern, Blomberg nicht München. Gut ausgebildete Fachkräfte zieht es eher in die Metropolen, die Hochburgen ihrer Branche, wo das Geschäft brummt und abends um neun nicht die Bürgersteige hochgeklappt werden. Wer jedoch glaubt, die Unternehmen würden sich wie Sandoz oder Phoenix Contact um die Partner ihrer Beschäftigten kümmern, irrt. "Viele Personaler in Münchner Firmen ziehen die Augenbraue hoch, wenn sie darauf angesprochen werden", sagt die Tutzinger Unternehmensberaterin Simone Burth, die Vazic half, bei der Unicredit Bank anzuheuern. Bloß keine Forderungen stellen, laute das Motto. "Sie können doch froh sein, wenn wir Ihnen in dieser schönen Stadt überhaupt einen Job anbieten."

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