Luftfahrt

Lufthansa strebt Übernahme von Air Berlin an

07.05.2017
Im Kampf um das Erbe von Air Berlin tritt die Lufthansa nun offen als Interessent auf. Mit wichtigen Eignern und der Politik ist der Dax-Konzern im engen Kontakt.
Air Berlin schwächelt und die Lufthansa würde gern überstützen.
Air Berlin schwächelt und die Lufthansa würde gern überstützen.
Foto: Air Berlin

Die LufthansaLufthansa will sich ihren kriselnden Konkurrenten Air Berlin einverleiben. Letzte Zweifel daran hat Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Freitag bei der Hauptversammlung seines Unternehmens in Hamburg ausgeräumt. Offenbar hat er bei seiner Arabien-Reise in der Wirtschaftsdelegation mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) genug Rückendeckung erhalten, nun offen ein nationales Fast-Monopol anzustreben. Top-500-Firmenprofil für Lufthansa

Die kartellrechtlichen Probleme bezeichnete Spohr als "lösbar". Er hofft, dass auch die EU-Behörden den Luftverkehrsmarkt im kontinentalen Rahmen betrachten. Er verweist dabei auf historische Beispiele aus Großbritannien und Frankreich, wo großen Airlines ebenfalls kleinere Konkurrenten übernommen hätten. Kritik an den Plänen kommt von Billigfliegern wie der irischen Ryanair, die eine Abschottung des deutschen Marktes befürchtet.

Dass Air BerlinAir Berlin einen starken Partner braucht, steht außer Frage. Gerüchte gibt es viele: Interessieren sich auch chinesische oder US-amerikanische Investoren für die Berliner? Satte 782 Millionen Euro Verlust haben die rot-weißen Jets im vergangenen Jahr wieder zusammengeflogen, der Schuldenberg ist mittlerweile auf 1,2 Milliarden Euro angeschwollen. Der letzte Gewinn stammt aus dem Jahr 2012 und kam schon damals aus den tiefen Taschen des Großaktionärs Etihad, der den Berlinern für 184 Millionen Euro die Mehrheit am Vielfliegerprogramm abkaufte. Top-500-Firmenprofil für Air Berlin

Immer wieder haben die Araber ihre deutsche 29-Prozent-Beteiligung und auch die marode Alitalia in den vergangenen Jahren mit Millionenspritzen in der Luft gehalten. Seit Dezember 2016 pumpten sie über Anleihen und den längst noch nicht vollzogenen Kauf der Niki-Beteiligung rund 700 Millionen Euro in die Air Berlin. Spohr sieht Etihad auch weiterhin in der Pflicht. "Die Schuldenfrage muss in Abu Dhabi geklärt werden."

Der Lufthansa-Boss ist dem Etihad-Präsidenten, Scheich Ahmed Bin Saif Al Nahyan, aber auch jetzt schon dankbar, denn seit der Anmietung von 38 Air-Berlin-Jets ist die Lufthansa stark an einem stabilen Betrieb der Noch-Konkurrentin interessiert. Damit für den Fall, dass die Probleme noch größer werden, zumindest die geleasten Flugzeuge weitermachen können, haben die Berliner mit der neuen Air Berlin Aeronautics GmbH eine Auffanggesellschaft gegründet, die laut Spohr aber erst im Herbst voll funktionsfähig sein wird. Er muss es wissen, denn auch die Lufthansa hält einen kleinen Anteil an der neuen Gesellschaft. "Wir haben uns abgesichert für den Fall, dass es Probleme geben sollte", sagt Spohr.

Noch fehlt allerdings die Genehmigung des Luftfahrtbundesamtes für einen eigenständigen Flugbetrieb der "neuen" Air Berlin. Diese Auffanggesellschaft könnte bei einer späteren Übernahme durchaus auch zum Vehikel für einen massiven Jobabbau werden, wie es die Lufthansa bereits einmal bei der Austrian durchgezogen hat. Deren Flugbetrieb wurde kurzfristig auf die Tochter Tyrolean übertragen, um in den Verhandlungen Belegschaft und Gewerkschaft gefügig zu machen. Der Linken-Verkehrspolitiker Herbert Behrens warnt: "Es hat sich abgezeichnet, dass Lufthansa und Etihad die angeschlagene Airline unter sich aufteilen werden. Leidtragende werden die Beschäftigten der Air Berlin sein, denn jenseits der Filetstücke werden dem Vernehmen nach viele Geschäftsbereiche abgewickelt."

Der frühere Lufthansa-Spitzenmanager Thomas Winkelmann hat in seinen wenigen Wochen an der Spitze von Air Berlin neben dem Personalblock mehrere große Einsparmöglichkeiten identifiziert. Mit einem starken Partner könne man weit günstigere Leasing-Verträge aushandeln, wie es bereits beim Mietdeal mit den 38 Maschinen geschehen ist. Und auch in einem anderen Feld will es der frühere Eurowings-Chef machen wie die Lufthansa: Die hohen Gebühren, die bei Tickets anfallen, die über globale Buchungssysteme gekauft werden, will Air Berlin künftig nicht mehr selbst tragen. Die Lufthansa hatte sich bereits vor zwei Jahren in einem Grundsatzstreit mit den Portalen wie Amadeus, Travelport oder Sabre angelegt. (dpa/rs)

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