Strategien


Silos endlich aufbrechen

McKinsey: Das Operating Model der Zukunft

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
McKinsey nennt fünf Hebel für ein neues Betriebsmodell der nächsten Generation. Im Zentrum sollten immer die Journeys von Kunden und Mitarbeitern stehen.
  • Es geht um Verbesserungen bei Einnahmen, Kundenerlebnis und Kosten
  • Durchdachte Reihenfolge statt abgegrenzter Silos
  • Bestehende Prozesse zu verbessern, reicht nicht aus
  • Strategische Ziele bestimmen den Weg
  • Ohne Impulse von ganz oben geht es nicht
Aus diesen fünf Hebeln entwickelt sich das McKinsey-Betriebsmodell.
Aus diesen fünf Hebeln entwickelt sich das McKinsey-Betriebsmodell.
Foto: McKinsey

Die Ziele sind weithin klar. Unternehmen wollen agiler und effektiver werden und schneller reagieren können. Sie wollen mit Hilfe neuer Technologien ihre Kosten senken, ihre Umsätze steigern sowie Qualität und Transparenz erhöhen. Gleichzeitig sollen die Kunden in den Mittelpunkt rücken und mit großartigen Einkaufserlebnissen beglückt werden.

Das Problem dabei: Die Versuche, alles das zu erreichen, scheitern allzu häufig in der Wirklichkeit, wie McKinsey in einer aktuellen Analyse beleuchtet. Um erfolgreich zu sein, benötigen die Firmen nach Ansicht der Berater ein Betriebsmodell der nächsten Generation.

Das neue Modell besteht aus zwei Teilen

"Dieses Betriebsmodell ist eine neue Art, die Organisation am Laufen zu halten", beschreiben die Autoren. "Digitale Technologien und betriebliche Ressourcen werden in einer integrierten, gut aufeinander abgestimmten Weise kombiniert, um schrittweise Verbesserungen bei Einnahmen, Kundenerlebnis und Kosten zu erreichen."

Teil 1

Man müsse sich dieses neue Betriebsmodell in zwei Teilen vorstellen, so McKinsey. Der erste Teil beinhalte den Übergang von unkoordinierten Aktivitäten in abgegrenzten Silos hin zu einen integrierten Programm, das um zwei "journeys" organisiert ist: die Reise des Kunden, die aus dessen Sicht sämtliche Interaktionen mit dem Unternehmen vom Einkauf bis zum Erhalt von Services umfasst, und die interne Reise, nämlichen die Prozesse im Unternehmen von einem Ende zum anderen.

Teil 2

Der zweite Teil umfasst den Einsatz von einzelnen Technologien eben nicht in abgegrenzten Silos, sondern in durchdachter Kombination und Reihenfolge, so dass eine umfassende Wirkung erreicht werden kann.

McKinsey moniert, dass Performance-Steigerungen in Unternehmen oft durch viele voneinander unabhängige Initiativen angegangen werden, die in separierten Gruppen stattfinden - beispielsweise im Front Office und im Back Office, aber ohne Koordination. Zwar können auf diese Weise leichter kleine Fortschritte in einzelnen Einheiten erreicht werden, aber laut McKinsey eben ohne durchschlagenden und nachhaltigen Gesamterfolg.

Kunden nehmen vermeintlich verbesserten Service nicht wahr

Als Ergebnis liefert dann zum Beispiel ein Teil des Unternehmens tatsächlich einen verbesserten Kundendienst. Dieser wird aber von der Zielgruppe nicht als solcher wahrgenommen, weil Kunden dennoch in die Mühlen einzelner Abteilungen geraten. Womöglich ist der partielle Fortschritt sogar messbar und wird intern gefeiert, aber tatsächliche Durchbrüche wie verbesserte Kundenzufriedenheit oder die angestrebten Einsparungen bleiben dennoch aus.

Der von den Beratern vorgeschlagene ganzheitliche Weg der Orientierung an "journeys" von Kunden und Mitarbeitern bricht demgegenüber die Silos auf. Für eine Bank etwa gilt: Die Eröffnung eines Bankkontos als Wegmarke der Kundenreise benötigt die Mitarbeit von Marketing, Betrieb, Kreditabteilung und IT, die sich folglich gemeinsam an dieser Stelle engagieren müssen. Der Übergang zum Betriebsmodell der nächsten Generation beginne mit der Klassifizierung und Ausarbeitung von Schlüsselreisen, so die Studienautoren.

"Unternehmen tappen immer in die gleiche Falle"

"Wir stellen häufig fest, dass Unternehmen in die immer gleiche Falle tappen: Sie versuchen ganz schlicht, ihre bestehenden Prozesse zu verbessern", heißt es in der Studie. "Stattdessen sollten sie das Augenmerk darauf legen, sich das Kundenerlebnis in Gänze neu vorzustellen." Das offenbare oftmals Chancen der Vereinfachung und Verschlankung von Journeys und Prozessen und mache gewaltige Wertpotenziale fassbar.

5 Hebel zur Transformation

Im Folgenden benennt McKinsey fünf Ansätze respektive Ressourcen, die das Betriebsmodell der nächsten Generation treiben. Die aus Anwendersicht naheliegende Frage, was damit nun anzufangen ist, beantworten die Berater mit drei Ratschlägen. Erstens gelte es sicherzustellen, dass jeder dieser Hebel bis zum maximalen Effekt benutzt wird. Zweitens sei jeder dieser Hebel in der richtigen Reihenfolge zu ziehen. Drittens sollten diese Hebel miteinander interagieren, um einen Multiplikatoreffekt herzustellen. Die fünf Hebel sind:

  1. Digitalisierung: Wird von McKinsey hier definiert als Prozess der Anwendung von ToolsTools und Technologie zur Verbesserung von Journeys. Ein Beispiel für die Verbesserung von Journeys aus Kundensicht ist die Ermöglichung von Selbstbedienung. Alles zu Tools auf CIO.de

  2. Advanced Analytics: Ist hier als autonome Datenverarbeitung auf Basis ausgefeilter Tools zu verstehen, um verwertbare Erkenntnisse zu gewinnen und Empfehlungen zu machen. Anwendungsbeispiel sind VersicherungenVersicherungen, die mit Hilfe der richtigen Daten zum Beispiel auf Betrugsfälle aufmerksam werden. Top-Firmen der Branche Versicherungen

  3. Intelligent Process Automation (IPA): Ein Bündel neuer Technologien, das ein grundsätzliches Redesign von Prozessen mit Automatisierung durch Robotics und Machine LearningMachine Learning kombiniert. Kann etwa dazu dienen, smarte Workflows zu ermöglichen. Alles zu Machine Learning auf CIO.de

  4. Business Process Outsourcing (BPO): Die Berater meinen das im ganz klassischen Sinne - als Nutzung von nicht internen Ressourcen zur Komplettierung besonderer Aufgaben und Funktionen. Zielrichtung ist insbesondere eine verbesserte Kosteneffizienz durch Ausnützen billiger Arbeitskraft.

  5. Lean Process Redesign: Hilft nach Einschätzung der Berater den Firmen bei der Verschlankung von Prozessen, dem Abwerfen von Ballast und der Entwicklung einer Kultur kontinuierlicher Verbesserung.

Alles in allem eine Mischung also aus dem altgedienten McKinsey-Baukasten und aus neuen technologischen Instrumenten. Eine für Anwender sicherlich besonders spannende Frage ist die nach der richtigen Reihenfolge der Maßnahmen, auf die die Berater unter anderem den Fokus legen.

Patentrezepte gibt es leider auch hier nicht

Zunächst einmal gebe es kein Patentrezept, so McKinsey. Die richtige Reihenfolge hänge von einer Vielzahl an Variablen ab. Gemeint sind damit beispielsweise die vorhandenen Altsysteme und bestehende Verbindungen von kundenorientierten und internen Prozessen. Im Idealfall bauen die Hebel aber aufeinander auf. Wie das im Einzelfall funktioniert, lässt sich durch systematische Analyse und strukturierte Evaluierung feststellen.

Aber selbst dann kann ein Abweichen von der ermittelten Reihenfolge sinnvoll sein - etwa aus strategischen Überlegungen. Will ein Unternehmen zum Beispiel digitaler Vorreiter sein, ist es logisch, zunächst die Digitalisierung in den Mittelpunkt zu rücken und darauf weiter aufzubauen.

Der Vorstand muss Vorreiter sein

Eine zentrale Rolle bei der Entwicklung eines neuen Betriebsmodells hat laut McKinsey in jedem Fall der Vorstand. Wenn dieses quasi zur Chefsache gemacht ist, können die Phasen der Evaluierung und der Implementierung folgen. In jedem Fall geht es um eine umfassende Umgestaltung. "Transformation kann keine vereinzelte Anstrengung sein", so die Berater.

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