Telekommunikationsmarkt in der EU

Roaming-Praxis von O2 massiv in der Kritik

07.08.2017
Handy-Besitzer mit bestimmten O2-Verträgen müssen das neue EU-Roaming erst mit einer SMS aktivieren. Die Verbraucherzentralen wollen gegen diese Tarifpraxis klagen. O2 argumentiert, jeder Kunde solle selbst entscheiden können, ob ein Wechsel für ihn vorteilhaft ist.
Die Verbraucherzentrale klagt gegen O2.
Die Verbraucherzentrale klagt gegen O2.
Foto: Dom J - shutterstock.com

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vbzv) hat angekündigt, gegen die Tarifpolitik von O2 gerichtlich vorzugehen, weil bestimmte Kunden freies EU-Roaming nicht automatisch erhalten. Mit dem Wegfall der Roaming-Gebühren seit dem 15. Juni 2017 dürfen eigentlich keine Zusatzkosten mehr im europäischen Ausland für die Weiterleitung von Gesprächen, Nachrichten und Daten durch fremde Netze berechnet werden. Bestimmte O2-Kunden von Telefónica Deutschland könnten von dem Wegfall aber erst dann profitieren, wenn sie zuvor eine SMS an ihren Anbieter schicken, kritisierten die Verbraucherschützer. Diesen aktiven Wechsel müssten all jene Kunden vollziehen, die bislang keinen regulierten EU-Roaming-Tarif von O2 haben.

"EU-Roaming gilt aus Sicht des vzbv automatisch und nicht erst, wenn Verbraucher ihren Telefonanbieter darum bitten. Wir sehen uns darin durch öffentliche Erklärungen der Europäischen Kommission bestätigt", sagte Heiko Dünkel, Rechtsreferent beim vzbv. "Nach einer erfolglosen Abmahnung wird der vzbv deshalb nun gerichtliche Schritte gegen O2 einleiten."

Nach Ansicht des Verbandes verstößt die Vorgehensweise von Telefónica gegen das Irreführungsverbot des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): Verbraucher müssten annehmen, dass die neue Roaming-Regelung nur dann für sie gelte, wenn sie zuvor eine entsprechende SMS an ihren Anbieter O2 geschrieben hätten. Dies steht nach Ansicht der Verbraucherschützer jedoch nicht mit der EU-Verordnung in Einklang.

Telefónica will Verbraucher selbst entscheiden lassen

Telefónica erklärte, O2 habe alle Prepaid-Kunden und Vertragskunden, die bereits bisher den EU-regulierten Tarif genutzt haben, automatisch auf den neuen EU-Tarif umgestellt. "Kunden, die bislang individuelle Roaming-Lösungen und nicht den EU-regulierten Tarif genutzt haben, sollen dagegen selbst entscheiden können, ob ein Wechsel für sie vorteilhaft ist."

Ein Wechsel in einen regulierten Tarif sei nicht für jeden Kunden von Vorteil. "Wer beispielsweise eine EU-Flat (1GB) kostenfrei in seinem Tarif inkludiert hat, dem stehen in der EU und in einigen Nicht-EU-Ländern (Beispiel: Schweiz, Türkei, USA) die vollen 1GB zur Verfügung - auch dann, wenn der Kunde erst spät im Monat innerhalb der EU verreist", rechnete das Unternehmen vor. Bei Wahl des EU-Roam-like-at-home-Prinzips könne dagegen das Inlandsvolumen zu diesem Zeitpunkt bereits fast aufgebraucht sein. (dpa/rs)

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