Strategien


Bezahlte Online-Inhalte

Und es rechnet sich doch

03.06.2002
Von Marita Vogel
Mit dem Verkauf von Online-Inhalten lässt sich womöglich doch Geld verdienen - wie das Beispiel der Rhein-Zeitung zeigt. Jetzt tritt der Koblenzer Verlag auch als Software-Anbieter auf, um anderen Medienunternehmen die eigene Entwicklung zu verkaufen.

Joachim Türk zweifelte. Wie viele andere Medienmanager glaubte auch der Geschäftsführer der Rhein-Zeitung Online, dass sich im Internet Geld nur per Traffic mit Werbeeinnahmen und Profiling verdienen lässt. Doch zwölf Wochen nach dem Start des PayContent-Modells E-Paper der Rhein-Zeitung (RZ) sind sämtliche Unsicherheiten ausgeräumt: "Wir verdienen mit unserem E-Paper schon zum jetzigen Zeitpunkt Geld", sagt der 40-jährige Manager.

Seit Juni letzten Jahres bieten die Rheinland-Pfälzer ihre 18 regionalen Print-Ausgaben komplett auch digital an. Als erstes Medienunternehmen weltweit (die New York Times folgte wenige Wochen später) bildet die RZ dabei sowohl die redaktionellen wie werblichen Print-Inhalte deckungsgleich im Internet ab. Zugriff auf die digitalen Inhalte haben allein Abonnenten, die für das anfangs kostenlose E-Paper seit Februar zwei bis fünf Euro monatlich zahlen - zusätzlich zu den Gebühren für das Print-Abo.

Vier Rechner genügen

Die Online-Leser finden ihre Zeitung im Netz (www.epaper.rhein-zeitung.de) nicht als Grafikdatei zum Herunterladen, sondern als anklickbare HTML-Umsetzung - wie gedruckt. "Damit ist die Zeitung nichts anderes als ein Navigationselement, das die Leser sehr gut kennen", erläutert Türk. Berührt der Mauszeiger einen Artikel, erscheinen Titel und Vorspann in einer Box, ein Klick darauf führt zum lesbaren Text.

Mit ihrer Erfolgsmeldung dürfte die RZ in Deutschland noch allein stehen. Zwar hält die Medienszene PayContent für notwendig, aber in welcher Form und für welchen Preis, das ist vielen Unternehmen nicht klar. Abschreckend wirkt vor allem, dass lediglich ein geringer Teil der User bereit ist, für Content zu bezahlen. Nur 20 Prozent, so meldete das Marktforschungsunternehmen Fittkau & Maaß, würden für digitale Inhalte das Portemonnaie öffnen. Türk seinerseits bewertet diesen Anteil positiv: "Wenn jeder fünfte der 230000 RZ-Abonnenten das E-Paper beziehen würde, wäre das doch großartig."

Die Rechnung ist einfach: Zwölf Wochen nach dem Start hatten sich bereits mehr als 1400 zahlende Online-Abonnenten angemeldet. "Unsere Erlöse belaufen sich jetzt auf gut 3500 Euro monatlich; an laufenden Kosten haben wir aber nur 1470 Euro", rechnet der Journalist vor. Für die Print-Digital-Konvertierung sind lediglich "vier Pentium-Rechner erforderlich - das ist alles", schwärmt Türk. Die notwendige Software ist eine Eigenentwicklung des 40-köpfigen RZ-Online-Teams, in die über knapp zwei Jahre rund 500000 Euro investiert wurden.

Positiver Kannibalisierungseffekt

Jetzt folgt der zweite Schritt: der Vertrieb der Software. Als erstes Unternehmen erwarb eine österreichische Verlagsgruppe im April die E-Paper-Software; der Probelauf soll Mitte Juni beendet sein. Rund "ein halbes Dutzend Verhandlungen" liefen derzeit, sagt Türk, ohne Namen zu nennen. Dennoch sehen sich die Zeitungsmacher nicht als Software-Haus; an einen Ausbau der Vertriebsaktivitäten für E-Paper sei vorerst nicht gedacht.

Trotz des ersten Erfolgs hat die RZ viele Online-Leser vergrätzt. Immerhin 85 Prozent der User, die die Zeitung bis Februar kostenlos im Netz lasen, zogen sich zurück. Doch noch scheint Luft im Markt zu sein: Täglich gingen bis zu 20 Neuanmeldungen ein, sagt Türk. Um den User-Kreis weiter auszudehnen, bitten die Koblenzer jetzt 2800 heimatverbundene Rheinland-Pfälzer im Ausland zur Kasse. Die durften bisher - nach entsprechendem Wohnnachweis - die Artikel in ihrer ursprünglichen Darbietungsform kostenlos lesen; nun müssen sie 20 Euro monatlich bezahlen. Doch selbst bei derselben Ausfallquote wie im Inland rechne sich das Modell - schließlich verschicke die RZ nur 43 Print-Abos für 50 Euro ins Ausland. "Das wäre mal ein positiver Kannibalisierungseffekt", sagt Türk.

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