Lessons Learned für Manager

Was CIOs 2022 gelernt haben

Mary K. Pratt ist freiberufliche Journalistin in Massachusetts.
Transformation in hohem Tempo, wertorientierte IT-Initiativen und eine neue Arbeitsplatzkultur: CIOs verraten ihre wichtigsten Erkenntnisse aus dem Jahr 2022.
Die Geschwindigkeit der digitalen Transformation hat zugenommen. CIOs mussten 2022 viel schneller auf Veränderungen reagieren.
Die Geschwindigkeit der digitalen Transformation hat zugenommen. CIOs mussten 2022 viel schneller auf Veränderungen reagieren.
Foto: GaudiLab - shutterstock.com

Das vergangene Jahr brachte für IT-Manager jede Menge neue Herausforderungen und Chancen. CIOs mussten so schnell wie nie zuvor handeln, um mit Markttrends, sich ändernden Wirtschaftsprognosen, Talentbedarfen und neuen Business-Anforderungen Schritt zu halten. Zum Ende des Jahres 2022 haben wir IT-Führungskräfte gebeten, uns zu berichten, was sie in den vergangenen zwölf Monaten gelernt haben. Hier sind ihre Erkenntnisse.

Die digitale Transformation beschleunigt sich weiter

Der Wettlauf um die DigitalisierungDigitalisierung von Prozessen und der Einsatz von Technologien für Innovationen sowie geschäftliche Veränderungen hat begonnen. Dies ist schon seit Jahren ein Trend, aber CIOs mussten jetzt feststellen, dass sich das Tempo, mit dem sie und ihre Teams die digitale Transformation umsetzen müssen, noch weiter erhöht hat. Eine kürzlich von Bain & Co. durchgeführte Umfrage unter 1.400 Top-Managern ergab: 85 Prozent sind der Meinung, dass die Disruption in den nächsten fünf Jahren ihr rasantes Tempo beibehalten oder sogar noch beschleunigen wird. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

Das Jahr 2022 machte deutlich, dass CIOs superschnell handeln müssen. "Einmalige globale Pandemien, geopolitische Krisen oder sich ständig verändernde Kundenerwartungen erfordern es, dass Unternehmen ihre Geschäftsmodelle schnell weiterentwickeln - sie werden zu Experimenten gezwungen", sagt Sanjay Macwan, CIO und CISO von Vonage. Folglich bräuchten Unternehmen aller Branchen einen strategischen Ansatz, um an den Schnittstellen von Cloud ComputingCloud Computing, Sicherheit und Vertrauen ihre Daten zu nutzen, Werte zu schaffen und gleichzeitig Risiken angemessen zu managen. Alles zu Cloud Computing auf CIO.de

IT-Vorhaben müssen sich schneller amortisieren

CIOs müssen nicht nur schneller transformative Technologien bereitstellen. Sie haben auch die Botschaft vernommen, dass ihre Kollegen in den Führungsetagen noch schneller eine Rendite sehen wollen. "Die ROI-Zeiträume werden in der Tat sehr kurz", berichtet Stuart Carlaw, Chief Research Officer bei ABI Research. "Früher lag das Augenmerk auf 18-, 24- und 36-monatigen Amortisationszeiten. Aber jetzt berichten viele unserer Gesprächspartner, dass sechsmonatige ROI-Zeitrahmen im Kommen sind. Wichtig ist auch, dass noch vor der Projektgenehmigung der Nachweis erbracht werden muss, dass diese Zeitrahmen auch eingehalten werden können."

Flexibilität im IT-Stack ist entscheidend

Nach mehr als einem Jahrzehnt, in dem CIOs mit agilen und DevOps-Methoden die Flexibilität der technischen Teams gefördert haben, fokussieren sie sich nun zunehmend auf die Flexibilität in der IT-Umgebung ihres Unternehmens. Für Rosie Rivel, CIO von BigCommerce, braucht es dafür eine "composable", sprich eine modularisierte Architektur, die sich je nach Bedarf neu zusammensetzen lässt. "Für die Lösungen, mit denen wir unser Geschäft betreiben, muss nicht-differenzierende Technologie so schnell wie möglich zur Verfügung stehen. Daher versuche ich, eine Architektur mit Paketlösungen und eingebetteten APIs aufzubauen, um die Kompatibilität und Flexibilität zu schaffen, die wir brauchen", sagt sie.

Rivel zufolge werden sich Geschäftsmodelle kontinuierlich weiterentwickeln: "Wir müssen flexibel genug sein, um uns mit ihnen zu verändern. Die Modularität von IT-Systemen ermöglicht es mir, einen Tech-Stack bereitzustellen, der verschiedene Geschäftsmodelle unterstützen kann."

Künstliche Intelligenz ist Mainstream

Künstliche Intelligenz ist ebenso wie die Kompositionsfähigkeit in den Mainstream vorgedrungen und wurde im Jahr 2022 zu einem wichtigen Unterscheidungsmerkmal erfolgreicher Unternehmen. Die Zahlen des Deloitte-Berichts "State of AI in the Enterprise 2022" unterstreichen dies. Demnach gaben 94 Prozent der befragten Top-Manager an, dass KI für den Erfolg entscheidend sei. "Praktische KI-Lösungen tauchen in einigen der am häufigsten vorkommenden Arbeitsabläufe auf und ermöglichen ein besseres Kunden- und Mitarbeitererlebnis", berichtet Macwan, der davon ausgeht, dass der Einsatz von KI immer mehr zum Standard wird.

"Genauso wie wir uns kein Unternehmen mehr vorstellen können, das ohne Laptops und Smart Devices als Arbeitsmittel für die Mitarbeiter auskommt, sehen wir allmählich, wie KI-Lösungen in alle Arten von Arbeitsabläufen in Unternehmen eindringen." Für CIOs, Technologie- und Topmanager werde diese sogenannte 'Routine' der KI zu einem spannenden Thema, weswegen sie in den kommenden Jahren noch mehr Wege finden müssten, um KI einzusetzen.

CIOs müssen die Sicherheit im Griff haben

Cybersicherheit war schon immer ein Thema für CIOs, aber im Jahr 2022 ist es auf der Prioritätenliste ganz nach oben gerückt. Die Umfrage "State of the CIO" ergab, dass die Verbesserung der Sicherheit die wichtigste Initiative in Sachen IT-Investitionen im Jahr 2022 war, noch vor strategischen Themen wie der betrieblichen Effizienz (Platz 2 auf der Investitionsliste) und der Verbesserung der Kundenerfahrung (Platz 3).

"Die Angriffsfläche ist komplexer als je zuvor. Daher müssen wir sicherstellen, dass das Büro des CIOs als Enabler wirkt, während wir weiterhin in Mitarbeiter, Tools und Prozesse investieren, um die Komplexität der Anforderungen in den Griff zu kriegen", sagt Carl Froggett, CIO von Deep Instinct. "Aufgrund der Geschwindigkeit des Wandels reicht es nicht mehr aus, auf eine Situation zu reagieren, sondern man muss verhindern, dass sie überhaupt entsteht."

Technologie gleicht Personalengpässe aus

Im vergangenen Jahr gab es niedrige Arbeitslosenzahlen und hohe Fluktuationsraten, was CIOs gezwungen hat, den Personalmangel durch Technologie auszugleichen, sagt Carlaw. "Der FachkräftemangelFachkräftemangel fördert den Einsatz von Technologien. Früher zogen Unternehmen automatisierte Lösungen in Betracht, wenn sie damit sieben bis zehn Mitarbeiter ersetzen konnten. In diesem Jahr hat sich diese Zahl auf fast eine Person reduziert." Dieser Trend habe den Einsatz von Co-Bots, automatisierten Fahrzeugen, künstlicher Intelligenz und anderen Produktivitätstechnologien, die die menschliche Arbeitskraft entweder ergänzen oder ersetzen, erheblich gefördert. Alles zu Fachkräftemangel auf CIO.de

Automatisierung darf nicht nur Kosten senken

So wichtig die Automatisierung für die Steigerung der Produktivität und die Senkung der Kosten ist, so wichtig ist es für CIOs auch, mit Automatisierungsinitiativen die Transformation von Prozessen voranzutreiben. Diese Lektion ist Carrie Rasmussen, CIO von Ceridian, nicht entgangen. Für sie müssen Automatisierungsinitiativen zunächst sicherstellen, dass die Prozesse selbst effizient und effektiv sind, bevor sie automatisiert werden. Zudem müssten sie auch "längerfristig dazu beitragen, dass wir besser werden", sagt sie. "Es gibt richtige und falsche Wege, um zu automatisieren", warnt Rasmussen. "Zu oft wird Automatisierung als etwas verkauft, das die Kosten senkt. Stattdessen sollte sie als etwas betrachtet werden, das den Wert steigert."

UX ist ein Differenzierungsmerkmal

Das vergangene Jahr hat auch gezeigt, dass die Kunden- und Mitarbeitererfahrung noch wichtiger wird. Schließlich steigt der Wettbewerbsdruck in einer sich abschwächenden Wirtschaft. Der Kampf um Talente bleibt ein heißes Eisen, und die Frustration über fehlerhafte und unpersönliche digitale Schnittstellen, die auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie noch toleriert wurden, nimmt zu. Rivel von BigCommerce nennt den verstärkten Fokus auf die "Experience" als eine ihrer wichtigsten Erkenntnisse aus dem Jahr 2022.

Nach ihrer Einschätzung muss die IT-Abteilung ein "Arbeitsplatzerlebnis" schaffen, das allen Mitarbeitenden gerecht wird, egal wo sie sich befinden. Rivels Team hat dies beispielsweise durch die Einführung von Selbstbedienungsoptionen sowie durch Plattformen erreicht, die virtuelle Mitarbeiterinteraktionen und CollaborationCollaboration unterstützen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der User Journey und der Personalisierung von Touchpoints für Mitarbeiter und Kunden. Alles zu Collaboration auf CIO.de

Das Persönliche und das Berufliche überschneiden sich

Viele Angestellte mussten während der Corona-Pandemie ihr Privat- und Berufsleben eng verknüpfen. Amy Evins, Executive Vice President und CIO von LPL Financial, hat dadurch einige neue Perspektiven gewonnen.

"Ich bin in einer ausgeprägten Unternehmenskultur aufgewachsen: Man brachte seine Familiensituationen nicht mit zur Arbeit", sagt Evins. Wenn sie sich um persönliche oder familiäre Belange kümmern musste, habe sie das im Stillen getan. "Aber jetzt ist man sich der anderen Menschen bewusst. Man kennt die Familien der Menschen, weil sie zu Hause gearbeitet haben. Man weiß jetzt, ob jemand eine Katze hat. Es gibt eine neue Ebene der persönlichen Verbindung. Das schafft eine andere Form des Respekts und des Vertrauens. So entstehen engere Beziehungen."

Denken Sie an Menschen, nicht an Standorte

Auch Monique Dumais-Chrisope, CIO der Encore Capital Group, hat neue Perspektiven für die FührungFührung mitgenommen, die den Menschen stärker in den Mittelpunkt stellen. "Ich musste mich sehr viel über menschenzentriertes Organisationsdesign informieren", erklärt sie. "Angesichts der Rückkehr ins Büro, des Trends zu hybriden Arbeitsformen und der Forderung der Mitarbeiter nach mehr Flexibilität war es schwer, herauszufinden, welches Modell speziell für die IT das richtige ist." So habe sie beobachtet, wie große Technologieunternehmen vollständige Remote-Arbeitsplätze anboten und dies dann wieder zurücknahmen: "Die Erfahrung der Mitarbeiter war schrecklich." Alles zu Führung auf CIO.de

Wie viele andere Führungskräfte hat Dumais-Chrisope sowohl von Mitarbeitern gehört, die Remote-Arbeit bevorzugen, als auch von Kolleginnen, die gerne persönlich mit den Teammitgliedern im Büro zusammenarbeiten. Die unterschiedlichen Standpunkte machten es schwer, das richtige Gleichgewicht zu finden. Diese Einsicht führte sie zu einer "menschenzentrierten Organisationsgestaltung", die im Gegensatz stehe zur traditionellen standortzentrierten Denkschule. Daraus habe sie einen hybriden Ansatz für ihr Team entwickelt, der bei den Kollegen gut ankomme.

Hybride Zusammenarbeit ist noch nicht ausgereift

Nach drei Jahren Praxis konstatiert CIO Evins von LPL Financial, dass Unternehmen noch immer herauszufinden versuchten, wie man in einer hybriden Welt am besten kommuniziert und zusammenarbeitet. Zwar gebe es etliche Technologien, die dabei hülfen, Zeit und Raum zwischen Kollegen zu überbrücken. Aber sie könnten das Gespräch in der Teeküche nicht wirklich ersetzen. "Ich glaube nicht, dass wir dafür schon eine Lösung gefunden haben", so die Managerin. "SMS und Instant Messaging sind nicht dasselbe, als wenn man persönlich fragen würde: 'Hast du eine Minute Zeit für ein Gespräch?' Diese Art der Kommunikation ist in der hybriden Welt verlorengegangen, und wir haben dafür noch keinen Ersatz gefunden."

Kultur ist der Schlüssel für Recruiting und Retention

In ähnlicher Weise hat das Jahr 2022 vielen CIOs vor Augen geführt, dass sie Tech-Talenten mehr als eine attraktive Vergütung bieten müssen, damit sie kommen und auch bleiben. "Die Einstellung und Bindung von Spitzenkräften ist für CIOs ein Dauerthema. Doch im vergangenen Jahr war es aufgrund des IT-Fachkräftemangels eine besondere Herausforderung", berichtet Ron Guerrier, CIO bei HP. "Die Unternehmenskultur ist mehr denn je ausschlaggebend für die Fähigkeit, IT-Talente anzuwerben und zu halten."

Die langfristige Verlagerung auf hybride Arbeitsformen habe insbesondere die Teamkultur in den Mittelpunkt gerückt. Das eröffne Chancen für Angestellte und Arbeitgeber. CIOs müssen nach seiner Einschätzung "über den reinen Wettbewerb um Gehälter und Titel hinausgehen und sich ernsthaft darum bemühen, eine Kultur der Inklusion und der Work-Life-Integration aufzubauen".

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation cio.com

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