Digitaler Alltag

Was Esten alles online erledigen können

01.10.2017
In Europa gilt Estland als einer der Vorreiter der digitalen Verwaltung. Das kleine Land im Baltikum setzt Maßstäbe beim E-Government und hat bereits viele Bürgerdienste und öffentliche Angebote ins Internet verlagert. Eine Auswahl:
Estland ist Spitzenreiter bei Public-Digitialisierung.
Estland ist Spitzenreiter bei Public-Digitialisierung.
Foto: Dmitry Tkachenko Photo - shutterstock.com

E-Voting - Demokratie per Internet
Seit 2005 können die Esten online wählen. Beim ersten Anlauf wurden nur knapp zwei Prozent der Stimmen über das Internet abgegeben. Bei der jüngsten Parlamentswahl im März 2015 haben mehr als 30 Prozent aller Wähler ihr Kreuz elektronisch gesetzt - ein Rekord.

Online-Klassenbuch und digitales Einmaleins
Schulen in Estland sind mit Computern und Internetzugang ausgestattet. Über eine Online-Plattform organisieren fast alle Lehrer, Schüler und Eltern den Schulalltag. Dort können Lehr- und Stundenpläne, Noten, Hausaufgaben und Fehlzeiten abgerufen werden. Bereits im Kindergarten gibt es Robotik-Projekte, Schüler lernen ab der ersten Klasse programmieren.

Virtuelle Gesundheitsakten und digitale Rezepte
Die Gesundheitsdaten der Bevölkerung sind in einem Patientenportal vereint. Dort werden personenbezogen alle Daten wie etwa Arztbesuche, Röntgenbilder, Diagnosen und verschriebene Medikamente gespeichert - von der Geburt bis zum Tod. Ärzte und Krankenhäuser können mit Erlaubnis des Patienten online auf die Akten zugreifen. Auch können sie digitale Rezepte ausstellen, die Apotheker abrufen können.

Elektronischer Ausweis und digitale Signatur
Nahezu alle Esten besitzen eine computerlesbare ID-Karte, die als Personalausweis dient und im Internet die Feststellung der Identität ermöglicht. Damit können auch digitale Unterschriften geleistet werden, die in Estland rechtlich der normalen Unterschrift gleichgestellt sind. Auch ein kürzlich entdecktes mögliches Sicherheitsrisiko bei der ID-Karte minderte das Vertrauen in der Bevölkerung Umfragen zufolge nicht.

Elektronische Steuererklärung
Für seine Steuererklärung greift kaum ein Este mehr zu Stift und Papierformular - 2016 gaben 96 Prozent diese online ab. Ein Klick öffnet ein Internetportal der Steuerbehörde mit geschütztem Zugang. Die Online-Erklärung dauert nur wenige Minuten.

Regieren per Mausklick
Die estnische Regierung erledigt ihre Amtsgeschäfte komplett papierlos. Anstatt mit Aktenmappen unterm Arm kommen Minister mit Laptops oder Tablets zu den Kabinettssitzungen. Offizielle Dokumente werden in der Regel digital signiert - einen Kugelschreiber benötigen Minister meist nur bei Zeremonien.

Unternehmensgründung im Internet
Jeder Unternehmer kann am eigenen Computer ohne aufwendigen Papierkram eine Firma gründen. Dies dauert durchschnittlich nur noch eine halbe Stunde - die Rekordzeit liegt bei 18 Minuten und drei Sekunden. Auch Jahresberichte, Registerauszüge oder Grundbucheintra?ge lassen sich online erledigen.

Online-Justiz
Prozessbeteiligte können über eine spezielle Datenbank online auf die Gerichtsunterlagen laufender Verfahren zugreifen. Gerichte können Angeklagte und Zeugen auch über soziale Netzwerke vorladen.

E-Polizei
Bei Fahrzeugkontrollen braucht die estnische Polizei nicht mehr nach Führerschein und Fahrzeugpapieren zu fragen. Die Beamten können im Streifenwagen über das Internet auf Vorstrafen, Versicherungen und Informationen zum Fahrzeughalter und Fahrer zugreifen.

Bargeldlos Bezahlen
Auch ihre Bankgescha?fte erledigen die Esten am liebsten online - 98 Prozent aller Transaktionen werden über das Internet getätigt. Parktickets werden u?ber SMS gekauft und Fahrscheine für Bus und Bahn mit dem Mobiltelefon bezahlt.

Virtuelle Bürger
Mit einer "E-Residency" können auch Ausländer die Angebote des digitalen Estlands nutzen. Sie erlaubt Investoren und Unternehmen fast alles über das Internet zu regeln und ortsunabh?ängig zu arbeiten. Prominenteste estnische E-Bürgerin dürfte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sein, die bei ihrem Besuch in der Hauptstadt Tallinn im August 2016 eine ID-Karte erhielt.

Digitale Landwirtschaft
Einige Landwirte bewirtschaften ihre Felder elektronisch. Auf ihren Computern, Smartphones und Tablets sind Programme zur Wetterbeobachtung, Überwachung des Düngemitteleinsatzes oder Analyse von Pflanzenkrankheiten installiert. Auch das Leben vieler estnischer Kühe ist bereits computergesteuert: Ta?glich werden sie mit Hilfe von Robotern individuell gefüttert und gemolken. (dpa/rs)

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