Strategien


Schwerpunkt Mittelstand: ERP bei Spiele Max

Am Rande des Abgrunds

Schlecht geplantes Pilotprojekt

Mitte 2001 warnte der Deutsche Verband der Spielwarenindustrie Angaben von Branchenbrief International, dem Nachrichtendienst für die Spielzeugbranche, zufolge "nach Gerüchten über Liquiditätsprobleme" vor Geschäften mit Spiele Max. Einen offiziellen Grund nennt Wilfried Franz, Spiele-Max-Vorstand für den Einkauf: Zwei der Hausbanken seien in den Strudel der Bankenkrise geraten und hätten unabhängig voneinander ihre Kredite zurückgefordert. Nach Gesprächen mit anderen BankenBanken habe das Liquiditätsloch gestopft werden können. Top-Firmen der Branche Banken

In der Gerüchteküche brodelte es dennoch weiter. Hinrichs gibt zu: "Die Einführung von Retail Backoffice hat zu Schwierigkeiten geführt." Das System musste kräftig nachjustiert werden, sodass die Anpassungskosten auf 50 Prozent der Gesamtkosten anwuchsen. "Die günstigen Konditionen, die wir aufgrund des gemeinsamen Piloten bekommen hatten, haben sich so wieder relativiert", so Hinrichs. Inzwischen sind die Anpassungen vollzogen, doch die Probleme mit dem ERP-Projekt haben sich so stark eingeprägt, dass neue Vorhaben von den Mitarbeitern äußerst skeptisch betrachtet werden.

"Die Dimension des Projekts wurde maßlos unterschätzt", sagt Hinrichs, der bei IBMIBM in New York, als selbstständiger Berater und als Geschäftsführer desLederwarengroßhändlers und Fachhandelsdienstleisters Assima Erfahrungen mit IT und Warenwirtschaft gemacht hat. "Wichtige Prozesse im Vorfeld wurden nicht geklärt. Es gab kein Organisationshandbuch, geschweige denn Prozessbeschreibungen - nur rudimentäre Vorgaben." Alles zu IBM auf CIO.de

CGEY-Berater Krahmer erkennt auch darin typisches Mittelstandsdenken: "Es gibt gar nicht das Budget und die Kapazitäten, um genügend Personal aus der IT oder den Fachabteilungen für IT-Projekte abzustellen." Sein Appell an die Geschäftsführer: Sie müssen die Strukturen dafür schaffen, dass die Firmen-IT in der Projektphase und danach in der Lage ist, das neue System eigenständig zu betreiben - oder den Betrieb lieber outsourcen.

Projektfinale ohne Berater

Der Schachzug von Vorstand Hinrichs: Er holte einen erfahrenen Chef für die IT. Wirtschaftsingenieur Marko Sobe, der zuvor bei Möbel Walter in Billigheim-Ingenheim das Warenwirtschaftssystem für 4000 User eingeführt hatte, sollte mit seinem Eintritt Mitte 2002 den Spiele-Max-Mitarbeitern die Angst vor neuen Projekten nehmen: In einem CRM-Projekt führte Sobe eine Kundenkarte ein, ein elektronisches Mailing- und Couponing-System - mit einem Budgetrahmen in fünfstelliger Höhe ein relativ kleines Projekt. "Doch es gab wenig Begeisterung; der Frust war noch groß", stellt Hinrichs fest.

Aber man hatte aus der Vergangenheit gelernt: "Wir entwickelten Ablaufpläne, erarbeiteten eine Prozessbeschreibung und definierten Ziele", sagt Sobe, der dabei auf die Erfahrungen von Kollege Fischer aufbauen konnte. Eine Konsequenz: Berater blieben außen vor. Lediglich Cabus als Dienstleister schickte zur Umsetzung bei Bedarf Programmierer. Fünf Monate investierte Spiele Max in die Vorbereitung, ehe Sobe die Implementierung des CRM-Moduls von August bis Ende November 2002 begleitete. "Schon 15 bis 20 Prozent unserer Kunden nutzen das neue Angebot", so Sobe. Die Kundenkarte, die Vielkäufern zehn Prozent Nachlass verspricht, ersetzt die alte Rabattkarte, die abgestempelt sein musste, ehe der Kunde sie einlösen konnte. Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz von Spiele Max auf 75 Millionen Euro (von zuvor 69 Millionen Euro). Die schlimmsten Turbulenzen sind damit überstanden.

Fischers Frau, die ihrem Mann den Weg vom Busfahrer zum ITler gebahnt hatte, arbeitet inzwischen selbst in einem Beratungshaus - bei KPMG: "Nein, nein - nicht als IT-Beraterin", versichert Pragmatiker Fischer.

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