Retail IT


Zentrale versus Länder

Dickköpfigkeit verhindert Standardisierung

13.12.2010
Von Joachim Brands

Der Business Case wurde schließlich adaptiert und sogar um wichtige Länderfunktionen erweitert, die sich erst bei den Gesprächen vor Ort herauskristallisiert hatten. Letztlich spart nun der Konzern seit der Einführung der internationalen Filialwarenwirtschaft 30 Prozent seiner Kosten ein – auch zum Nutzen der Länder.

Sich auf Prozesse einigen

Konsolidierungen führen im Normalfall auch zu personellen Veränderungen; so wird das Change Management dafür sorgen, dass sich zum Beispiel die Landes-IT- oder Logistikleiter auf ihre künftigen Rollen konzentrieren und in den Landesgesellschaften eventuell Mitarbeiter-Ressourcen gebündelt oder ausgelagert werden. Die Klärung der neuen Verantwortungen und Rollen sollte dabei so früh wie möglich angestoßen werden – andernfalls entsteht aus der Unsicherheit der Betroffenen eine Bremsermentalität gegen die an sich nutzbringenden Veränderungen.

Eine klarere Aufteilung von Rollen und Verantwortlichkeiten wird sich auch in den Prozessen widerspiegeln. So werden sich etwa Abläufe der Länder im Multichannel-Retailing in Zukunft weitgehend gleichen: Der Kunde wird im Internet den Warenbestand der Filiale einsehen und Produkte vorbestellen können – und dies unabhängig davon, ob er in Deutschland konsumiert oder in China. Das Ziel ist dabei immer das gleiche: Erfolgreiche Geschäftsmodelle, angereichert durch lokale Besonderheiten, schneller als der Wettbewerb multiplizieren.

Prozessvarianten ergeben sich zum Beispiel durch rechtliche Bestimmungen wie Fiskalisierung oder landestypische Bezahlverfahren, aber auch durch Kundengewohnheiten. Wichtig ist hier, nicht die Unterschiede im Kleinen zu diskutieren, sondern den Prozessablauf als Ganzes fachbereichsübergreifend abzustimmen. Dort wo es übergreifende Best-Practices gibt, sollte man sich von alten (Länder-)Traditionen verabschieden – es sei denn, der wirtschaftliche Nutzen kann explizit durch den Fachbereich nachgewiesen werden.

Gerade für neue Regionen und Märkte des Konzerns ist es von Vorteil, wenn sie auf erprobte Filialstandards mit komplett transparenten Kosten zurückgreifen können. Zudem sparen sie bei der Implementierung Zeit, denn ein standardisierter Roll-Out ist innerhalb weniger Monate abgeschlossen. Indem die Holding föderierte Entscheidungsstrukturen unterstützt, stellt sie sicher, dass alle Länder die neuen Standards mittragen können. Dabei sollte die Stimme eines neuen Landes mit noch wenigen Filialen ebenso gehört und wertgeschätzt werden wie die Umsatzstärksten. Schon morgen könnten – vielleicht in China oder Russland – aus sechs Stores sechshundert oder sechstausend geworden sein.

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