Ein Tag ohne Internet

Einsam ohne Social Media und E-Mail

29.11.2018
Wie ein Leben mit abgehackter Hand. So lautet die drastischste Beschreibung, die ein britischer Test für einen Tag ohne Internet und Smartphone zu Tage förderte.
IT-Technologie macht abhängig. Briten jedenfalls sind bereits zu regelrechten Internet-Junkies mutiert.
IT-Technologie macht abhängig. Briten jedenfalls sind bereits zu regelrechten Internet-Junkies mutiert.
Foto: Lukas Gojda - shutterstock.com

Rauchen abgewöhnt? Alkoholkonsum im Griff? Süßigkeiten nur hin und wieder? Dann sollten die schlimmsten Suchtgefahren gebannt sein, möchte man meinen. Aber das ist ein schwerer Irrtum, wie eine Umfrage der Verbraucherforscher von Intersperience in Großbritannien zeigt: Im digitalen Zeitalter machen Technologien – insbesondere die IT-basierten – genauso abhängig wie Zigaretten und alkoholische Getränke.

Demnach fühlen sich 53 Prozent der Briten niedergeschlagen, wenn sie nicht ins Internet können. Insgesamt 40 Prozent kommen sich sofort einsam vor, wenn sie einen Tag lang nicht ihre Kontakte via E-Mail oder Social MediaSocial Media pflegen können. Wie beschreibt man 24 Stunden ohne digitale Verbindung am treffendsten? Als "Albtraum"! Alles zu Social Media auf CIO.de

Der britische Marktforscher Intersperience fand das anhand einer für die britische Bevölkerung repräsentativen Testgruppe von 1.000 Menschen zwischen 18 und 65 Jahren heraus. Die Teilnehmer wurden nicht nur nach ihren Gewohnheiten befragt. Sogar bezeichnender erscheinen die Befunde anhand eines Versuches, einen Tag lang ohne Technologie auszukommen.

Selbst als Test ist das mittlerweile fast undurchführbar, wie Intersperience feststellte. So schlimm wie Nikotin- oder Alkoholentzug lauteten Beschreibungen der Teilnehmer. Einer hatte das Gefühl, seine Hand sei abgehackt worden. Dabei übte sich ein signifikanter Teil überhaupt nicht im Totalverzicht. Fernseher und Radios liefen bei vielen trotzdem, denn diese vordigitalen Technologien konnten nach Ansicht dieser Gruppe nicht auch noch verboten sein.

Auch das Abschalten des Handys war für viele schlicht ein No-Go. Die Mobiltelefone wurden zwar auf lautlos gestellt. Aber ein völliges Kappen der Verbindung stellt für die meisten mittlerweile ein Ding der Unmöglichkeit dar.

Jeder Vierte wie "befreit"

Der Online-Versuchung zu widerstehen, erwies sich in jedem Fall für die Mehrheit der Teilnehmer als schwere Herausforderung – umso mehr, je jünger das Alter. Immerhin reagierte aber auch ein knappes Viertel positiv auf den Versuch. Diese Minderheit fühlte sich ohne Internet und Mobiltelefon wie "befreit".

"Wir haben klare Belege dafür gesammelt, dass das Vereinigte Königreich vollkommen im digitalen Zeitalter angekommen ist", interpretiert Intersperience-Chef Paul Hudson. Schneller als von den meisten bemerkt, habe die digitale Technologie eine beherrschende Rolle im Leben der Mehrheit übernommen, beeinflusse und verändere soziale Beziehungen, Freundschaften, das Familien- und Arbeitsleben. "Das beinhaltet vielfache Implikationen für die Gesellschaft – sowohl auf persönlicher als auch auf wirtschaftlicher Ebene", so Hudson. Sein Institut will den Dimensionen des Wandels in weiteren Studien nachspüren.

Das Suchtpotenzial digitaler Technologien ist indes schon von anderer Seite aufgezeigt worden – gerade auch in Großbritannien. Der Elektronikanbieter Retrevo fand in einer Online-Umfrage heraus, dass 48 Prozent der Befragten ihre Facebook- und Twitter-Accounts nachts oder direkt nach dem Aufwachen kontrollieren. Die Marktforscher der Oxygen Media Insights Group stellten fest, dass sich mehr als die Hälfte der weiblichen Social Media-Nutzerinnen selbst als abhängig vom digitalen Netzwerken beschreiben. 40 Prozent bezeichnen sich unumwunden als "Facebook-süchtig".

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