Public IT


IT-Konsolidierung Bund

Keine 1.300 Serverräume mehr

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Die Konsolidierung von IT-Netzen, Rechenzentren und IT-Beschaffung ist Aufgabe des IT-Dienstleisters des Bundes ITZ. Das mutmaßlich europaweit größte Konsolidierungsprojekt mit mehreren hunderttausend Arbeitsplätzen zeigt, dass die technologischen und organisatorischen Schnittstellen zwischen den Arbeitspaketen – eines davon der Aufbau einer Bundes-Cloud – unterschätzt wurden.
  • Das Vorhaben umfasst insgesamt sechs Teilprojekte und wird sich über zehn Jahre bis 2025 erstrecken.
  • Ein Ziel der IT-Konsolidierung besteht darin, einen schlagkräftigen und handlungsfähigen IT-Dienstleister zu etablieren

Unter den wachsamen Augen des Bundesadlers beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages im Sommer 2015, die IT der BundesverwaltungBundesverwaltung strategisch zu konsolidieren. IT-Netze, Rechenzentren, Dienste, IT-Beschaffung und vieles mehr sind organisatorisch und technisch zu bündeln. Statt beispielsweise 1.300 Serverräumen verbleiben wenige, zentralisierte Rechenzentren. Auf Anwendungsebene sollen ressortübergreifend nutzbare Lösungen entstehen. Die Steuerung übernimmt der IT-Rat des Bundes, der auf politisch strategischer Ebene das zentrale Gremium zur Steuerung der Bundes-IT darstellt. Alles zu Public IT auf CIO.de

"Aufgrund der Komplexität und Größe handelt es sich beim Gesamtprojekt IT-Konsolidierung Bund um das vielleicht europaweit größte Konsolidierungsprojekt überhaupt", sagt Gerald HöhneGerald Höhne vom öffentlichen Beratungsunternehmen PD, das im Auftrag vom BMF dieses Projekt begleitet hat. Wie jedes Großprojekt baut auch dieses auf einer umfangreichen Planung in Form eines Programms auf. Das Vorhaben umfasst insgesamt sechs Teilprojekte und wird sich über zehn Jahre von 2015 bis 2025 erstrecken. Dazu gehören im Einzelnen: Profil von Gerald Höhne im CIO-Netzwerk

  • Teilprojekt 1: das Zentrum für Informationsverarbeitung und Informationstechnik (ZIVIT), die Bundesstelle für Informationstechnik (BIT) und das IT-Dienstleistungszentren (DLZ-IT) zum Bundesrechenzentrum (BRZ) zusammenzuführen,

  • Teilprojekt 2: die Überführung des IT-Betriebs ins BRZ konzeptionell vorzubereiten,

  • Teilprojekt 3: ein Konzept für die Ausgründung des BRZ zu erstellen,

  • Teilprojekt 4: das IT-Controlling zu konzeptionieren,

  • Teilprojekt 5: die IT-Beschaffung zu bündeln und

  • Teilprojekt 6: eine gemeinsame IT des Bundes zu schaffen (die bündelbaren IT-Bedarfe der Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung zu identifizieren).

Ein Ziel der IT-Konsolidierung ist das Etablieren schlagkräftiger und handlungsfähiger IT-Dienstleister. Das ITZBund wurde im Teilprojekt 1 der IT-K Bund durch eine Fusion des Zentrums für Informationsverarbeitung und Informationstechnik (ZIVIT), die Bundesstelle für Informationstechnik (BIT) und das IT-Dienstleistungszentren (DLZ-IT) zum 01.01.2016 mit dem Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) geschaffen. Um diesen IT-Dienstleister gut aufzustellen, wurde innerhalb des ITZBund ein Großprojekt mit drei Teilprojekten und 35 "Arbeitspaketen" geschaffen.

In Sachen Cloud muss der Bund besonders stark auf Sicherheit achten.
In Sachen Cloud muss der Bund besonders stark auf Sicherheit achten.
Foto: phloxii - shutterstock.com

Bundescloud schon verfügbar

Welche Größenordnung hinter diesem Begriff steckt, zeigt sich etwa daran, dass der Aufbau einer Bundescloud als eines dieser Pakete gilt. Sie ist technologisch bereits verfügbar und stellt zum Beispiel eine Software-Entwicklungsplattform bereit. Derzeit erweitert das Team sie sukzessiv um verschiedene Dienste. Darüber hinaus waren Arbeitspakete aus den Bereichen Organisation, Steuerung und Fertigungsoptimierung zu managen. Das "Ertüchtigungsprojekt" des ITZBund verfolgte zwei große Ziele:

  • Beim Zusammenwachsen der drei Ursprungsorganisationen zu einem IT-Dienstleister war neben einer moderierten Fusion zum Beispiel auch die KonsolidierungKonsolidierung von Regelungen aus den Ursprungsorganisationen gefragt. So musste etwa eine neue Geschäftsordnung oder eine Dienstvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit für die mittlerweile 2.800 Beschäftigten erarbeitet werden. Alles zu Konsolidierung auf CIO.de

  • Das zweite Ziel ist die Schaffung der technischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der IT-Konsolidierung Bund. Hier sollten zum Beipiel Rechenzentrumskapazitäten geschaffen werden und technische Plattformen als Zielbetriebsmodelle für die Konsolidierung entwickelt werden.

Vom Erfolg des Projektes hängt letztlich auch der Fortschritt der IT-Konsolidierung Bund abhängt, das war allen Beteiligten klar. Projektleiter war der stellvertretende Direktor des ITZBund, Wolfgang Cremer. Auftraggeber war der ehemalige Direktor Hans-Georg Göhring des ITZBund.

"Wir haben es geschafft, drei Kulturen unter einen Hut zu kriegen"

Heute, nach rund dreieinhalb Jahren, zieht Cremer ein positives Fazit. "Wir haben es geschafft, drei Kulturen unter einen Hut zu kriegen", sagt er im Gespräch mit unserem Magazin. "Darüber hinaus wurden die Steuerungs-, Betriebs- und Serviceprozesse vereinheitlicht, der organisatorische und personelle Rahmen angepasst, Standorte und Flächen so konsolidiert, dass sie erweiterbar sind - Stichwort Skalierbarkeit - , ein Produkt- und Servicekatalog für ressortübergreifende Angebote etabliert sowie eine Zusammenarbeit mit anderen IT-Dienstleistern der Bundesverwaltung im Leistungsverbund etabliert."

Entsprechend optimistisch ist Cremer für die kommenden Jahre. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche IT-Konsolidierung in der Bundesverwaltung beim ITZBund sind geschaffen, sagt er. Eines zeichnet sich aber bereits ab: Er habe den Aufwand mit all den Schnittstellen zwischen den Arbeitspaketen unterschätzt, so Cremer. "Das betrifft Technologisches wie unterschiedliche Service Desks und Architekturen ebenso wie Organisationsfragen, etwa verschiedene Steuerungs- und Controlling-Prozesse."

In Anbetracht der Komplexität und den vorhandenen Erfahrungen aus der Wirtschaft hat sich Cremer externe Unterstützung geholt. Gerald Höhne, Direktor im öffentlichen Beratungsunternehmen PD, dem Inhouse-Berater der öffentlichen Hand, übernahm diese Aufgabe. "Für den technischen Teil des Projektes macht es keinen Unterschied, ob ein solches Projekt durch ein freies Wirtschaftsunternehmen oder die öffentliche Hand durchgeführt wird", sagt Höhne. Doch die Rahmenbedingungen können aus Cremers Sicht durch einen Inhouse-Berater mit Kenntnis der öffentlichen Verwaltung besser ausgestaltet werden, auch, wenn der Abstimmungsaufwand groß ist. So müssen die Projektleiter zahlreiche Stakeholder (Ministerien, Kundenbehörden, Personalräte, Gleichstellungsbeauftrage etc.) einbinden.

Fünf Lessons Learned

Aus dem bisherigen Projektverlauf leiten Cremer und Höhne fünf Lessons Learned ab:

  • Von Anfang an Transparenz herstellen: "Ich bin in unterschiedlichsten Veranstaltungen mehrfach mit teils rund 800 Leuten aufgetreten", berichtet Cremer. "Dort habe ich erklärt, was wir in dem Projekt erreichen wollen und wo wir stehen. Dies ist klassisches Stakeholdermanagement und war dringend notwendig, um die Motivation der Beschäftigten für die Aufgaben hoch zu halten."

  • Das Projekt hoch aufhängen: Dass er als stellvertretender Direktor im ITZBund die Verantwortung für das Projekt übernimmt, bewährt sich, sagt Cremer.

  • Ausreichend kommunizieren: Um sicherzustellen, dass die Beschäftigten informiert sind, und um sie zu überzeugen, hat Cremer die Kommunikation mit den unterschiedlichen Stakeholdern institutionalisiert. Hierzu zählten zahlreiche Jour-fixe mit Arbeitspaketleitern, dem Auftraggeber, der Fachaufsicht und insbesondere auch mit den Interessensvertretungen.

  • Ein gründliches Controlling umsetzen: "Jedes Endprodukt wird stufig überprüft", betont Höhne. Das heißt in Zahlen: weit über 2.000 Punkte müssen controlled werden.

  • Risiken managen: Das Risikomanagement wurde ebenfalls mit externem Know-how aufgebaut und über die gesamte Projektlaufzeit verfeinert. "Das Risikomanagement hat uns oft schon frühzeitig auf Probleme hingewiesen, die so in den meisten Fällen bereits proaktiv gemanagt werden konnten."

Wegen der Komplexität der Aufgabe mussten die Projektleiter einige Termine strecken, sagt Höhne offen. Die Vorgehensweisen in der öffentlichen Verwaltung - mit vielen rechtlichen Rahmenparametern wie etwa aus dem Vergabe- und Haushaltsrecht - sind nur bedingt mit einem Industrieansatz vergleichbar. Fragen von Organisationsentwicklung und Veränderungs-Management müsse man bei diesem Projekt stark positionieren. Denn "immer wieder fragt der Kunde, was auf ihn zukommt", erläutert Cremer.

Der ITZBund-Vizedirektor weiß um die Geduld, die er allen Beteiligten abverlangt. Cremer konnte während der Projektlaufzeit personell aufstocken, und zwar nicht nur mit Informatikern, sondern auch mit Steuerungspersonal für die Projektarbeit. Nach nunmehr rund dreieinhalb Jahren zeigen sich die ersten angepeilten Synergien, so seine Einschätzung. Zwischen den Zeilen äußert er Verständnis für die gelegentliche Sehnsucht nach dem "Hey Joe-Prinzip". Doch bei der IT des Bundes ist ein Höchstmaß an Governance und ComplianceCompliance unabdingbar, weiß der Jurist. Da kann der Bundesadler kein Auge zudrücken. Alles zu Compliance auf CIO.de

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