Gesundheitskarte ist kein Allheilmittel

Kliniken und IT-Anbieter müssen bei Krankheitsdaten selbst Initiative ergreifen

16.07.2007
Von Nina Gut

Das Mega-Projekt Elektronische Gesundheitskarte (eGK) soll auf der Infrastrukturseite langfristig für mehr Effizienz sorgen. Mitte 2007 ist jedoch noch immer kein verlässlicher Einführungstermin absehbar. Diese Verschiebungen beziehungsweise die Verwässerung der Zeitpläne führten zu einer fehlerhaften Allokation von Ressourcen bei den Einrichtungen im Gesundheitswesen, beklagt die Experton Group. Aus diesem Grund nähmen nun führende Kliniken das Heft selbst in die Hand. Sie starteten immer öfter lokale oder regionale Projekte, um elektronische Patientenakten oder regionale Versorgungsnetzwerke einzuführen. Damit würden sie einer späteren freiwilligen Ausbaustufe der Gesundheitskarte vorgreifen.

Kritiker des Vorhabens eGK bemängeln, dass der Fokus des Mega-Projektes auf der falschen Stelle liege. Die Patientenakte biete mehr kurzfristigen Nutzen. Die aktuellen Entwicklungen zeigten einerseits den akuten Bedarf an derartigen Lösungen. "Gleichzeitig ist aber nicht auszuschließen, dass die Entwicklung zu einem Wildwuchs führt, der später - im Zuge der StandardisierungStandardisierung durch die eGK - bereinigt werden muss", sagt Wolfram Funk, Senior Advisor bei der Experton Group. "Deshalb sollten die Kliniken und IT-Anbieter bereits heute auf offene Architekturen wie etwa SOA (Service-Orientierte Architekturen) setzen". Alles zu Standardisierung auf CIO.de

Gewinner und/oder Verlierer?

Während die Kliniken dem Thema e-Health eher aufgeschlossen gegenüberstünden, seien die niedergelassenen Ärzte oftmals skeptisch, analysieren die Berater. Organisationen wie die Freie Ärzteschaft (FÄ) seien der Meinung, dass speziell die elektronische Gesundheitskarte nur den Profitinteressen der IT-Industrie diene.

"Solche Aussagen sind eher Vorwand als Einwand. Bedingt wird diese Haltung unter anderem durch die sich reduzierenden beziehungsweise verändernden Gesamtbudgets der niedergelassenen Ärzte", kommentiert Axel Oppermann. Die jeweiligen Interessensgruppen und Organisationen versuchten, ihre Position zu manifestieren. Nicht selten gehe es mehr um monetäre als um ideelle und moralische Gründe. An dieser Stelle sei neben der Kompromissbereitschaft der einzelnen Parteien insbesondere die IT-Branche gefordert. Die Entwicklung und Bereitstellung von nutzungsabhängigen Bezahl- und Abrechnungsmodellen werde der Schlüssel für eine beschleunigte Umsetzung der Großprojekte sein.

Die IT-Branche erhofft sich von der Einführung der Gesundheitskarte zusätzliche Umsätze. "Trotz aller Kritik von Lobbygruppen darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass gerade die IT-Branche Innovationen im Gesundheitswesen maßgeblich vorantreibt", mahnt Wolfram Funk. "Sie öffnet damit potenziell die Tür für eine neue Dimension von Qualität und Effizienz in einer Branche, die lange Jahre sehr veränderungsresistent gewesen ist."

Zur Startseite