Karriere, Jobwechsel, Familie

Manager wollen nicht mehr pendeln

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Für einen neuen Job wollen immer weniger Führungskräfte umziehen. Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Karriere sehen sie zwiespältig, wie das "Manager-Barometer" von Personalberater Odgers Berndtson zeigt.
  • Gut jeder Zweite sagt, dass die Digitalisierung den klassischen Weg durch Firmenhierarchien überflüssig macht
  • Führungskräfte arbeiten im Schnitt 53,5 Wochenstunden, sie würden das gern auf 45 Stunden senken
  • Rund jeder Achte "sehr zufriedene" Manager ist bereit, zu wechseln

Manager im deutschsprachigen Raum sehen die DigitalisierungDigitalisierung zwiespältig. Das zeigt das "Manager-Barometer 2016/2017" der Personalberatung Odgers Berndtson. Die Consultants haben ihre Umfrage bereits zum sechsten Mal durchgeführt. Mehr als 2100 Führungskräfte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich beteiligt. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

Immer weniger Führungskräfte sind zum berufsbedingten Wohnortwechsel bereit.
Immer weniger Führungskräfte sind zum berufsbedingten Wohnortwechsel bereit.
Foto: Maridav - shutterstock.com

Der typische Manager ist demnach 48 Jahre alt, seine Kollegin 46. Gut sieben von zehn befragten Männern (72 Prozent) arbeiten auf der obersten Leitungsebene oder auf Bereichsleiterebene. Anders die Frauen: 20 Prozent haben die oberste Leitungsebene erreicht, weitere 57 Prozent sind Bereichs- oder Abteilungsleiterinnen.

Die eine Hälfte der deutschen Manager glaubt, dass die Digitalisierung Hierarchien abflacht - die andere Hälfte nicht.
Die eine Hälfte der deutschen Manager glaubt, dass die Digitalisierung Hierarchien abflacht - die andere Hälfte nicht.
Foto: Odgers Berndtson

Obwohl sich drei Viertel aller Befragten als "zufrieden" bis "sehr zufrieden" bezeichnen, sind viele grundsätzlich zum Jobwechsel bereit. Nur knapp jeder Dritte (31 Prozent) schließt einen Wechsel aus.

Auch unter den zufriedenen Managern gibt es Bereitschaft zum Job-Wechsel.
Auch unter den zufriedenen Managern gibt es Bereitschaft zum Job-Wechsel.
Foto: Odgers/Berndtson

Im Einzelnen heißt das: Selbst zwölf Prozent der "sehr Zufriedenen" gibt an, ein Wechsel innerhalb der nächsten Monate sei "wahrscheinlich". Unter den "Zufriedenen" sind es 32 Prozent und unter den "weniger Zufriedenen" 74 Prozent.

Zu viel Arbeit

Deutschsprachige Manager haben das Gefühl, zu viel zu arbeiten. Die Männer geben ihre aktuelle Wochenarbeitszeigt mit knapp 54 Stunden an. Sie würden gern auf 46 Stunden reduzieren. Die Frauen arbeiten 52 Stunden, ein Pensum von 43 Stunden wäre ihnen lieber.

Mobilität nimmt deutlich ab

Als "dramatisch" bezeichnet Odgers Berndtson, dass immer weniger Führungskräfte zum berufsbedingten Wohnortwechsel bereit sind. In der Umfrage ging es um einen Umzug innerhalb des Landes. Die Berater vergleichen das mit der Studie von 2014. Waren damals noch 62 Prozent der Manager mobil, sind es jetzt nur noch 49 Prozent. Aktuell würden 37 Prozent eine räumliche Trennung vom privaten Partner oder der Partnerin "über einen längeren Zeitraum in Kauf nehmen". 2014 waren es noch 44 Prozent.

Die Studienteilnehmer sehen viele Vorteile der Digitalisierung.
Die Studienteilnehmer sehen viele Vorteile der Digitalisierung.
Foto: Odgers/Berndtson

Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeit

Ein ganzes Kapitel der Studie widmet sich der Digitalisierung. Achtzig Prozent aller Teilnehmer sieht die digitalisierungsbedingten Veränderungen "spannend und positiv". Zwei demografische Gruppen fallen auf: 26 Prozent der Frauen und 24 Prozent der jungen Teilnehmer (Generation YGeneration Y) sprechen von "gemischten Gefühlen". Alles zu Generation Y auf CIO.de

Als größte Vorteile gelten schnellere beziehungsweise vereinfachte Prozesse (53 Prozent der Nennungen) sowie die leichtere Zusammenarbeit mit internationalen Standorten (48 Prozent). 47 Prozent erklären außerdem, Privates und Berufliches nun besser vereinbaren zu können.

Bedeutungsverlust persönlicher Kommunikation

Odgers Berndtson hat die Skeptiker nach den Gründen für ihre "gemischten Gefühle" befragt. Diese liegen im Bedeutungsverlust persönlicher Kommunikation (67 Prozent) und in der ständigen Erreichbarkeit (59 Prozent). Gut jeder Zweite (51 Prozent) erklärt außerdem, dass das Führen durch den Rückgang persönlicher Kontakte schwieriger wird. Weitere Nachteile: mehr Druck durch schnellere und transparente Prozesse (35 Prozent), mehr Kontrolle (31 Prozent) und weniger Eigenständigkeit (16 Prozent). Fast jeder dieser Aspekte wird in der aktuellen Umfrage stärker wahrgenommen als vorher.

Gut jeder Fünfte sieht die Digitalisierung skeptisch - aus unterschiedlichen Gründen.
Gut jeder Fünfte sieht die Digitalisierung skeptisch - aus unterschiedlichen Gründen.
Foto: Odgers/Berndtson

Insgesamt haben die deutschsprachigen Führungskräfte keinen einheitlichen Blick auf die Digitalisierung entwickelt. Die Frage, ob die Digitalisierung Hierarchien abbaut, bejahen 53 Prozent. 47 Prozent verneinen. Dieselbe Spaltung zeigt sich bei der Frage, ob Digitalisierung - durch das Arbeiten in zeitlich befristeten Spezialisten-Teams - den klassischen Aufstieg durch die Unternehmenshierarchien überflüssig macht.

An der Bedeutung digitaler Transformation an sich scheint es wenig Zweifel zu geben: 70 Prozent der Befragten wollen bei ihrem nächsten beruflichen Wechsel darauf achten, ob das Unternehmen eine Digitalisierungsstrategie aufweist.

Jeder Fünfte hat einen regelwidrigen Auftrag erhalten

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Knapp jeder fünfte Teilnehmer (19 Prozent) hat von seinem Vorgesetzten schon mindestens einmal einen Auftrag bekommen, der nicht "mit den Gesetzen oder den Compliance-Regeln" des Unternehmens konform geht. 38 Prozent erklären, den Chef auf die Regelwidrigkeit hingewiesen, den Auftrag aber auf seine Verantwortung hin dennoch ausgeführt zu haben. Die verbleibenden 62 Prozent geben an, sie hätten den strittigen Auftrag abgelehnt.

Peter Herrendorf, Partner bei Odgers Berndtson, kommentiert: "Als Hauptgrund für ein Fehlverhalten von Managern wird ein hoher Erfolgsdruck als Teil der Unternehmenskultur genannt, gefolgt von menschlicher Gier und einem generellen Werteverfall. Auch wird von den Managern gerügt, dass die Sanktionen für Korruption zu gering sind, um kriminelle Energie zu verhindern."

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