Partnerschaft beendet

Softbank und Aldi Süd trennen sich von Wirecard

05.07.2020
Die Partnerschaft mit dem Technologie-Investor Softbank war eine der großen Zukunftshoffnungen von Wirecard. Nach dem Bilanzskandal ziehen die Japaner die Reißleine
Die SoftBank wendet sich von Wirecard ab.
Die SoftBank wendet sich von Wirecard ab.
Foto: Michael Vi - shutterstock.com

Der unter Manipulationsverdacht stehende Dax-Konzern WirecardWirecard verliert wegen seines Bilanzskandals den wichtigsten Partner für große Zukunftsprojekte. Der japanische Softbank-Konzern beendet die Kooperation mit dem am Abgrund stehenden Bezahldienstleister aus dem Münchner Vorort Aschheim, wie es in informierten Kreisen hieß. Die im April 2019 verkündete Partnerschaft hatte zwei wesentliche Bestandteile: Ein dreistellige Millioneninvestition der Japaner und die Vermittlung neuer Geschäftsmöglichkeiten, -partner sowie Kunden an Wirecard. Eine offizielle Stellungnahme von Softbank gab es nicht. Top-500-Firmenprofil für Wirecard

Und in Deutschland fährt Aldi SüdAldi Süd seine Geschäftsbeziehungen zu Wirecard zurück: Kreditkartenzahlungen an den Kassen der Supermarktkette wickelt nun der Konkurrent Payone ab, wie das Unternehmen in Mülheim an der Ruhr bestätigte. Darüber berichtete zuerst das Portal "Finanzszene". Nur noch die Aldi Geschenkkarten laufen demnach weiter über die Wirecard Bank. Top-500-Firmenprofil für Aldi Süd

Hilfsbereit zeigt sich die Deutsche BankDeutsche Bank, die der zu Wirecard gehörenden Bank möglicherweise finanziell unter die Arme greifen will. "Wir können uns grundsätzlich vorstellen, im Rahmen der Fortführung der Geschäftsaktivitäten diese Unterstützung zu gewähren, sofern es erforderlich werden sollte", sagte ein Deutsche-Bank-Sprecher am Donnerstag. Der Konzern sei dazu in Abstimmung mit der Finanzaufsicht Bafin, dem vorläufigen Insolvenzverwalter von Wirecard und der Wirecard Bank selbst. Die Einzelheiten sind unklar. Top-500-Firmenprofil für Deutsche Bank

Softbank wollte Wirecard in Japan und Südkorea helfen

Der nicht mehr kooperationswillige japanische Softbank-Konzern dagegen ist keine Bank, sondern eine Holding, die sich unter Regie ihres Chefs Matayoshi Son rund um den Globus an Start-ups und Zukunftstechnologien beteiligt. Softbank wollte Wirecard unter anderem beim Markteinstieg in Japan und Südkorea behilflich sein.

Darüber hinaus waren Geschäftspartnerschaften von Wirecard mit mindestens sechs Unternehmen angedacht, in die Softbank investiert hat: der südostasiatische Fahrdienst Grab, der US-Mobilfunkanbieter Sprint, der ebenfalls in den USA ansässige Mobilfunkdienstleister Brightstar, die Autohandelsplattform Auto1 und die Tourismusplattform GetYourGuide, beide in Deutschland ansässig, sowie die indische Hotelkette Oyo. Grab, Auto1 und GetYourGuide bestätigen auf Anfrage, dass keine Zusammenarbeit mit Wirecard mehr geplant ist, die drei anderen Unternehmen ließen Anfragen unbeantwortet.

Softbank wollte bei Wirecard groß einsteigen

Softbank wollte außerdem 900 Millionen Euro in Wirecard investieren, mit der Option, in fünf Jahren wichtiger Aktionär zu werden. In dem japanischen Unternehmen kamen jedoch kurze Zeit später Bedenken auf, nachdem die britische "Financial Times" mehrfach über Bilanzfälschungsverdacht bei Wirecard berichtet hatte. Softbank hatte die angekündigten 900 Millionen Investition in Wirecard daher nicht mehr mit Geld des hauseigenen Vision Fund finanziert, sondern mit Hilfe externer Geldgeber. Von daher drohen Softbank nach den Angaben auch keine finanziellen Verluste.

Neben der Muttergesellschaft Wirecard AGWirecard AG mit ihren 250 Mitarbeitern haben am Heimatstandort Aschheim mittlerweile auch sechs Tochterfirmen mit 1.270 Beschäftigten Insolvenz angemeldet, darunter die Vertriebs- und Marketinggesellschaft Wirecard Global Sales. Top-500-Firmenprofil für Wirecard AG

Wirecard-Mitarbeiter können Insolvenzgeld beantragen

Der vorläufige Insolvenzverwalter Michael Jaffé hat nun die Vorfinanzierung des Insolvenzgelds für diese Mitarbeiter vorbereitet, wie der Anwalt mitteilte. Insolvenzgeld können Mitarbeiter bei der Bundesagentur beantragen, wenn der Arbeitgeber die Gehälter nicht mehr zahlt. Doch da vom Insolvenzantrag über die Einsetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters bis zum Beginn des regulären Insolvenzverfahrens Monate vergehen können, ist oft eine Vorfinanzierung notwendig, damit die Arbeitnehmer nicht völlig ohne Einkommen dastehen. Jaffé schloss weitere Insolvenzanträge nicht aus.

Wirecard hatte Anfang vergangener Woche mutmaßliche Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt, wenige Tage später folgte der Insolvenzantrag. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den zunächst zurückgetretenen und später vom Aufsichtsrat nachträglich fristlos gefeuerten Vorstandschef Markus BraunMarkus Braun und andere Manager. Im Bundestag forderten alle Fraktionen eine Reform der Finanzaufsicht. (dpa/rs) Profil von Markus Braun im CIO-Netzwerk

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