Software Escrow

Software Escrow Management Services

30.01.2003

Abstract

Die aktuellen Konsolidierungstendenzen und zahlreichen Insolvenzen innerhalb der Softwarebranche, als Folge des Hypes der 90er Jahre, geben den Themen Investitionssicherheit und Verlässlichkeit neues Gewicht. Daher wird im Folgenden das Konzept der Hinterlegung von Software-Quellcode in seinem betriebswirtschaftlichen, technologischen und rechtlichen Rahmen geschildert. Es wird ferner dargestellt, welchen Status Software Escrow derzeit in Deutschland einnimmt und welche Einflussfaktoren die weitere Entwicklung des Marktes für professionelle Software Escrow Services bestimmen werden.

Einführung

Im deutschen Sprachraum ist die Terminologie "Software Escrow" noch weit weniger geläufig, als dies in den angelsächsischen Ländern der Fall ist, obwohl der Begriff eine rechtliche Konstruktion beschreibt , die innerhalb der Softwarebranche schon länger existiert: - die Sicherheitshinterlegung von Software-Quellcode. Die aktuelle Situation, in der sich die IT-Branche derzeit befindet sowie Änderungen oder auch Mängel der gesetzlichen Grundlagen, haben auch in Deutschland ein erhebliches Marktpotenzial für professionelles Software Escrow Management geschaffen. Folgende drei Gründe sind hierfür maßgeblich verantwortlich:

Standardsoftware erreicht hohe Marktdurchdringung

Die Entwicklung und Professionalisierung innerhalb der Softwarebranche hat zu einem Siegeszug von Standardsoftware geführt, die nicht nur für unterschiedliche Unternehmensprozesse und Funktionen, sondern auch für nahezu alle Branchen verfügbar ist. Anwenderunternehmen haben innerhalb der letzten 5 Jahre verstärkt ihre meist proprietären Individuallösungen durch Standardlösungen ersetzt. Zentrale Gründe für diesen Strategiewechsel im IT-Management sind geringere Anschaffungs- und Wartungskosten sowie die verbesserte Administrationsmöglichkeiten. Der Zwang heterogene IT-Anwendungslandschaften zu konsolidieren und externen Support in Anspruch nehmen zu können, hat diese Entwicklung weiter forciert. Aussagekräftiges Beispiel ist hier der Bankensektor, der seine sicherheitskritischen Individualanwendungen derzeit auf Standardsoftware migriert. Diese Entwicklung schafft vermehrt Lizenzgeber-/nehmer-Beziehungen in denen die Kompetenz hinsichtlich Services und Weiterentwicklung weitgehend beim Lizenzgeber liegt, da nur er über den Quellcode, die notwendigen Entwicklungsumgebungen sowie über das Know-How verfügt. Somit befindet sich der Lizenznehmer meist in einer erhöhten Abhängigkeit. Gerade beim Betrieb unternehmenskritischer Anwendungen unter Standardanwendungen kann das mit einem Ausfall verbundene Risiko beträchtlich sein.

Rechtliche Grundlagen und Mängel

Ein weiterer Faktor für die Entstehung eines Marktes für professionelle Software Escrow-Management Services in Deutschland kann die derzeitige Gesetzeslage sein. Diese erweist sich hinsichtlich der Behandlung von Software als geistigem Eigentum immer noch als rückständig und schwerfällig. Problematischer noch als der Schutz des Eigentums auf Lizenzgeberseite (Softwareanbieter), der sich gegen Lizenzverletzungen rechtlich zur Wehr setzen kann, ist die Lage des Lizenznehmers. So kann dieser im Falle der Insolvenz seines Softwareanbieters nicht auf die Weiterführung des Softwarepflegevertrages oder die Herausgabe des Software-Quellcodes hoffen, auch wenn dieser für die Wartung und Weiterentwicklung der jeweiligen Anwendung elementar ist. Auch die Nicht- oder Schlechterfüllung eines Softwarepflegevertrages kann den Anwender in eine unternehmenskritische Situation bringen, wenn man bedenkt, dass infolge mangelhafter Wartung ERP- oder Supply-Chain Management-Programme ihren Dienst versagen und zu eklatanten Produktionsausfällen führen können. In den primär informationsverarbeitenden Branchen wie Assekuranz und Banking ist der Zwang zur strategischen Vorsorge besonders evident.

Auch die Novellierung der Konkursordnung zur Insolvenzordnung hat die Situation für die Anwender im Fall einer Insolvenz des Softwareanbieters nicht verbessert, sondern eher verschlechtert, da der bis dato bestehende "Bestandsschutz" nur noch auf Mietverträge über unbewegliche Sachen erstreckt (§108I InsO). So ist der Insolvenzverwalter primär dem Gläubigerschutz verpflichtet, so dass eine Herausgabe des Software-Quellcodes nicht vorgesehen wird, sondern dieser der Konkursmasse zufällt.

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