Krisenknigge

Wenn der Staatsanwalt dreimal klingelt

26.11.2007
Von Matthias Kaufmann
Wenn der Staatsanwalt gegen sie ermittelt, kämpfen Manager allein auf weiter Flur: um ihr Recht, ihren Ruf, ihre Bezüge. Arbeitsrechtsexperte Stefan Kursawe verrät, welche Unterstützung Führungskräfte vom eigenen Unternehmen erwarten können und wie sie diese Krise überstehen.

Herr Kursawe, spielen wir den Albtraum eines fiktiven Vorstands durch; wir nennen ihn der Einfachheit halber Hans Schleenbusch. Eines Tages klingelt der Staatsanwalt, bringt einen Haftbefehl und einen Durchsuchungsbeschluss mit. Während die Ermittlungsbeamten kistenweise Leitz-Ordner verladen, wird Schleenbusch vor den Augen aller Kollegen abgeführt. Worauf sollte er nun achten, um nicht alles noch schlimmer zu machen?

In dieser Situation hat er keine Möglichkeiten, den Ablauf zu stoppen, schließlich wurde die Aktion zuvor von einem Untersuchungsrichter abgesegnet. Ihm bleibt nur, so weit wie möglich mitzuwirken, sodass die Situation nicht eskaliert. Wenn er sich wehrt, riskiert er nicht nur zusätzliche Verdächtigungen, sondern auch weiteres Aufsehen bei den Kollegen.

Was bedeutet hier Mitwirkung?

Schleenbusch sollte sich kooperativ zeigen, zum Beispiel alle Türen öffnen, die gewünschten Gegenstände und Unterlagen zur Einsicht vorlegen und deren Mitnahme anbieten. Es wird nur noch unangenehmer, wenn sich die Polizei selbst Zutritt verschafft und die Beweismittel zusammensucht. Er sollte darauf achten, dass ein Sicherstellungsverzeichnis erstellt wird. Darin werden alle sichergestellten Gegenstände, insbesondere Akten, genau erfasst, sodass sie sich später leichter wiederfinden lassen. Die Akten werden in den Asservatenkammern der Strafverfolgungsbehörden aufbewahrt. Dort kann man sich dann, solange der Untersuchungszweck nicht gefährdet wird, mit behördlicher Zustimmung Kopien ziehen. Das ist von immenser Bedeutung, damit das Unternehmen seine Geschäfte fortführen kann.

Wo Sie von Mitwirkung sprechen - gilt denn noch der Klassiker: "Ich sage nichts ohne meinen Anwalt?"

Dieses Interview erscheint mit freundlicher Genehmigung von manager-magazin.de.
Dieses Interview erscheint mit freundlicher Genehmigung von manager-magazin.de.
Foto: manager-magazin.de

Kursawe: Unbedingt! Ich empfehle jedem Mandanten: Machen Sie vor Ort zunächst keine Angaben zur Sache. Schleenbusch sollte, bis sein Anwalt erscheint, eine dritte Person hinzuziehen, mit der er bei jedem Schritt Rücksprache halten kann. So verhindert er, dass er überreagiert oder sich zu unüberlegten Zugeständnissen oder Erklärungen hinreißen lässt. Das empfiehlt sich selbst dann, wenn Schleenbusch über eigenes juristisches Fachwissen verfügt. Denn die Erfahrung zeigt: Man ist ein schlechter Anwalt in eigener Sache.

Aber wirkt das nicht unsicher?

Kursawe: Im Gegenteil, dafür hat doch jeder Richter und Staatsanwalt Verständnis. Die Gefahr ist groß, dass sich Schleenbusch um Kopf und Kragen redet. Das ist unabhängig von seiner tatsächlichen Schuld, schließlich sind zahlreiche unternehmerische Risiken schwer einschätzbar und werden im Rückblick deutlich strenger bewertet - denken Sie nur an die Subprime-Kredite. Aus meiner Berufspraxis kenne ich es nur zu gut, dass Ermittlungsbeamte Beschuldigte zur Seite nehmen mit Sätzen wie "Jetzt geben Sie doch schon zu ... machen Sie es sich selbst nicht schwer ... Ihre Kollegen haben schon alles gestanden und Sie ebenfalls belastet ..." Das sind alte Tricks, mit denen die Ermittlungsbehörden versuchen, bestehende Erkenntnislücken zu überbrücken.

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