Langstrumpf-Syndrom

Wie sich IT-Leiter in die eigene Tasche lügen

Moritz Iversen ist freier Journalist in München.
Bob Lewis ist Management- und IT-Berater bei einem großen globalen IT-Dienstleistungsunternehmen. Die in dieser Kolumne geäußerten Ideen und Meinungen sind ausschließlich seine eigenen.

Allerdings gibt es bei all dem auch einen Vorteil: Wenigstens muss niemand mehr versuchen, den einen trockenen Whiteboard-Marker zu finden, der noch etwas Leben in sich hat. Und noch etwas: Vermutlich sollte jeder überall darauf achten, effektive Meetings abzuhalten, Punkt. Technologie kann schlechte Meeting-Gewohnheiten nicht beseitigen. Aber das Thema haben Sie ja schon adressiert, oder?

COVID ist Geschichte

Diese Selbsttäuschung fällt eindeutig in die Kategorie Wunschdenken. Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei, und dies wird auch nicht die letzte Pandemie sein. Die Viren werden weiterhin von einer Wirtsart auf eine andere übergehen, und durch den weltweiten Reiseverkehr wird es nicht einfacher, sie einzudämmen. Wenn wir in den vergangenen Jahren etwas gelernt haben, dann dass die Pandemie-Prävention und -abschwächung ein wichtiger Bestandteil jedes Business-Continuity-Plans sein sollte.

Wir betrachten das Unternehmen als Kunden der IT

Hand aufs Herz: Wenn Ihre IT-Abteilung ein Restaurant betreiben würde und ein Kunde käme herein, um das 16-Unzen schwere Porterhouse Steak (medium rare) zu bestellen, würde ein IT-Kellner womöglich sagen: "Das glaube ich nicht. Sie sehen ein bisschen pummelig aus. Ich bringe Ihnen einen Haussalat. Hört sich fettarmes Ranch-Dressing gut an?"

Und ein Kunde in Ihrem IT-Baumarkt würde vermutlich hören: "Einen Deckenventilator zu installieren, ist gefährlich. Ich denke, dieser Bodenventilator ist genau die richtige Lösung für Sie. Brauchen Sie eine Anleitung, wie man ihn an die Steckdose anschließt?" In Unternehmen, die mit echten Kunden zu tun haben, ist "Nein, das können Sie nicht" keine Standardantwort.

Wir erfüllen unsere geschäftlichen SLAs

Vielleicht tun Sie das, vielleicht auch nicht, aber die Erfüllung einer Service-Level-Vereinbarung ist noch lange kein Erfolg für die Kundenbindung. Ein SLA ist ein Vertrag zwischen der IT-Abteilung, die als Anbieter auftritt, und einem Teil des Unternehmens, der als Abnehmer fungiert. Jeder, der schon einmal als Anbieter tätig war, weiß, dass Kunden nur dann auf den Vertrag pochen, wenn es ein Problem mit der Beziehung gibt. Wären Sie ein echter Anbieter, würden Sie mit dem Hinweis auf das SLA und dem Argument "Siehst du, du musst zufrieden sein" nichts erreichen. Es würde Sie sogar noch weiter weg vom Ziel bringen.

Eine Service-Level weist oft eine zweiteilige Metrik auf. Sie definiert die Mindestschwelle der akzeptablen Leistung und den Prozentsatz der Zeit, in der die IT diese Mindestschwelle einhält. SLAs sind eine reine Verteidigungsstrategie der IT. Die meisten Business-Manager handeln sie nur aus, weil die IT ihnen sagt, dass sie keine andere Wahl haben. Denn wenn die IT-Abteilung ihre SLAs nicht einhält, was soll der Business-Manager dann tun: sie verklagen?

Business-Manager, unabhängig von ihrer Rolle, gehen nach Hause und kaufen privat bei Amazon ein. Die sind nie down und selten langsam. Einige sind Gamer, deren Spieleplattformen selten, wenn überhaupt, ausfallen oder ein Wartungsfenster haben. Manager aus Fachbereichen steuern auch ihre Thermostate und Türschlösser, sehen, wer an der Tür klingelt, und behalten im Auge, wie viel weniger Sport sie treiben, als sie sich in ihrem Neujahrsvorsatz vorgenommen haben - alles mit Hilfe von Smartphone-Apps. Die Erwartungen der Stakeholder an die IT werden also zu Hause festgelegt und von dort ins Büro mitgenommen. Sie werden nicht durch offizielle SLAs definiert.

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