Führen im Team

Der CIO als Antiheld

Kurt Buchinger bricht in seinem neuen Buch „Das Odysseusprinzip“ eine Lanze für teamorientierte Führerschaft. Dafür seien Manager gefragt, die weniger auf Hierarchie denn auf „Antiheldentum“ setzen, so der Professor an der Uni Kassel. Buchinger über Antihelden und gerade deshalb starke Führungspersönlichkeiten.

CIO: Herr Buchinger, warum sollte sich ein Manager Odysseus zum Vorbild nehmen?

Buchinger: Odysseus war viel weniger ein Kämpfer als ein – wie man heute vielleicht sagen würde – systemisch denkender Problemlöser. Er beherrschte, wie es mein Kollege Oswald Neuberger von der Universität Augsburg formulierte, das Handwerk der Mikropolitik. Er war aber, wenn es die Situation erforderte, auch imstande, sich Gegnern zu stellen und mit aller Konsequenz zu kämpfen. Solche Führungspersönlichkeiten sind heute gefragt.

CIO: Also nicht mehr der starke, hierarchisch orientierte einsame Entscheider?

Buchinger: Schon vor etlichen Jahren war Teamarbeit gefragt. Dann waren eine Zeit lang die starken Helden an der Macht. Sie sind es zum Teil noch heute. Denken Sie an CEOs, die Unternehmen sanieren sollen und sie damit oft in den Ruin führen. Damit greift man auf alte, nicht mehr brauchbare Vorstellungen zurück – auf Rezepte von gestern.

CIO: Was ist mit dem Teamplayer?

Buchinger: Man weiß seit langem, dass eigentlich Teamarbeit angesagt ist. Jeder spricht davon, aber eigentlich ist es immer noch ein Lippenbekenntnis. Wenige haben gelernt, ein Team wirklich zu führen und es als Steuerungsinstrument zu sehen. Wenn jemand in einer Hierarchie eines Unternehmens an die Spitze kommt, dann schafft er das, weil er die hierarchischen Mechanismen gut beherrscht. Und wenn er oben ist, kann er nicht mehr anders. Das gilt für die Firmenspitze ebenso wie für die Abteilungsleiter.

CIO: Wie würde es Odysseus machen?

Buchinger: Er hat schon den Zwiespalt erkannt, in dem Manager heute mehr denn je stecken. Nirgendwo kann einer alleine alles verantworten, weder im Vorstand einer Firma noch in einer Abteilung. Aber ein Team ist ein heikles und störanfälliges Instrument. Odysseus wusste das, als er mit seiner Mannschaft vom Trojanischen Krieg heimsegelte und ihn widrige Umstände zu Umwegen zwangen. Dennoch hat er sein Ziel, die Rükkkehr nach Ithaka, nie aus den Augen verloren. Er hat erkannt: Ich bin Teil einer Situation. Das erfordert Demut und Zupacken zugleich.

CIO: Ist der Manager von heute also ein demütiger Mensch?

Buchinger: Leider nein. Er muss ein Held sein, auch dort, wo Helden nicht mehr funktional sind. Dabei sollte er wie Odysseus sein: geleitet von einer starken Vision, steuert er konsequent sein Ziel an. Davon lässt er sich auch durch erzwungene Umwege nicht abbringen. Er nutzt immer die Gunst der Stunde. Er weiß, dass er es alleine nicht schaffen kann.

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