Karriere im Management

Die Karrierekiller für Frauen

Sabine Thiemann ist Principal bei der Executive-Search-Boutique i-potentials und verantwortet im Schwerpunkt Suchmandate für CxO-Positionen. Sie ist Leadership-Expertin mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Besetzung von Top-Führungspositionen. Im Laufe ihrer Karriere hat Sabine Thiemann vorwiegend mit Großunternehmen und internationalen Konzernen zusammengearbeitet. Bei i-potentials berät sie auch Organisationen aus dem transformierenden Mittelstand und Scale-Ups jeweils mit PE-Beteiligung.
Es liegt nicht nur an den Unternehmen, wenn Frauen nicht ins Top-Management aufsteigen. Frauen möchten oft nicht den letzten Schritt auf der Karriereleiter machen. Die Gründe sind vielfältig.
  • Karriere ist selbst bei sehr talentierten weiblichen IT-Führungskräften nicht der ultimative Antrieb.
  • Frauen fehlt oft die Mobilität und Risikobereitschaft, um das Unternehmen zu wechseln und einen Karriereschritt zu machen.
  • Unternehmen sollten talentierte Frauen fördern, fordern und sie zu mehr Risikobereitschaft ermutigen.
  • Frauen sollten offen ihren Willen zeigen, in eine höhere Position aufsteigen zu wollen.
Der Aufstieg für Frauen ist noch immer alles andere als leicht.
Der Aufstieg für Frauen ist noch immer alles andere als leicht.
Foto: Tim Stirling - shutterstock.com

Schon im Juni 2015 hatte ich mich mit den Aufstiegschancen von Frauen zum CIO in deutschen Unternehmen befasst. Die damalige Erkenntnis ("Mehr Selbstbewusstsein, meine Damen!"), Frauen seien in der IT-Branche auf dem Vormarsch, aber viel zu langsam, hat sich im Wesentlichen als richtig erwiesen.

Wir sehen zunehmend mehr weibliche CIOs, wenngleich ihre absolute Zahl immer noch dem Stand in anderen Bereichen hinterherhinkt. Gerade der Bankensektor hat mit weiblichen CIOs in jüngster Zeit enorm aufgerüstet. Auch in Pharma- und Lifescience-Unternehmen werden Frauen im IT-Bereich gut gefördert. Automotive und andere Industrien bleiben hingegen eher ihren tradierten Karrieremustern treu.

Unternehmen suche zunehmend weibliche CIOs, aber ...

Nun ist diese Erkenntnis nicht neu. Allerdings hat sich mein Fokus auf die Erklärung dieser nur schleppenden Entwicklung in den vergangenen Jahren verschoben. Dass es weibliche IT-Führungskräfte oft nicht bis an die Spitze schaffen, liegt nicht nur an den Unternehmen und einer männerzentrierten Management-Kultur. Ich habe inzwischen Klienten, die mich dringend auffordern, für IT-Funktionen auf C-Level eine Frau zu finden. Weibliche Talente gäbe es ausreichend.

Warum aber ist es dennoch so schwierig, die Positionen wie gewünscht mit Frauen zu besetzen? Mein Eindruck ist inzwischen, dass Frauen oft gar nicht den letzten Schritt auf der Karriereleiter machen möchten. KarriereKarriere ist selbst bei sehr talentierten weiblichen IT-Führungskräften nicht der ultimative Antrieb. Aber solange Frauen gar nicht über den entsprechenden Willen verfügen, in den Hierarchien ganz nach oben zu kommen, wird es schwierig, das gewünschte Ziel der gesamten Gender-Debatte zu erreichen: die Parität in der Führung von Unternehmen. Alles zu Karriere auf CIO.de

Das Gehalt ist nun einmal ein Messwert für erbrachte Leistungen

Es fängt beim Verhandeln über die Vergütung an. Frauen verhandeln einfach schlechter und verdienen deshalb auch weniger als ihre männlichen Kollegen auf der gleichen Ebene. Wenn man im Executive Search aber Kandidatinnen vorschlägt, deren Gehalt weit hinter ihren Möglichkeiten und der persönlichen Leistung liegt, entsteht beim suchenden Unternehmen leicht der Eindruck, "die kann so gut nicht sein". Einkommen ist nun einmal ein guter und objektiver Messwert für erbrachte Leistungen. Frauen mögen aber das "Feilschen" in Gehaltsverhandlungen häufig nicht.

Neben der Tatsache, dass Frauen die finanzielle Seite oft nicht ausreizen, fällt mir die hohe Loyalität zum Arbeitgeber auf. Karriere auf höchstes CIO-Level kann man aber manchmal nur machen, wenn man auch wechselbereit ist, beispielsweise wenn im eigenen Unternehmen die Position des CIO auf Jahre gut besetzt ist. Dann auch in Erwägung zu ziehen, den Karriereschritt gegebenenfalls bei einem anderen Unternehmen zu machen, wird in letzter Konsequenz nicht verfolgt. Es fehlt die nötige Mobilität und Risikobereitschaft.

"Ich schaffe das"-Einstellung offen zeigen

Die Einstellungen "ich fühle mich auch in der zweiten Reihe wohl", "ich bin mit meinem jetzigen Status zufrieden", "ich muss nicht unbedingt mehr Geld verdienen", "ich halte zu meinem Arbeitgeber" - so ehrenhaft das natürlich ist - sind Karrierekiller. Wenn Frauen dann doch in die CIO-Position aufrücken, erfolgt dies meist in Form von Schornsteinkarrieren, bei denen man sich den Aufstieg "ersessen" hat.

Von Frauen, die ich für eine CIO-Position anspreche, höre ich auch den Satz "das habe ich aber noch nicht gemacht" oder "ich bin nicht sicher, ob ich der Aufgabe gewachsen bin". Es fehlt das Selbstbewusstsein zu sagen, "das bekomme ich schon hin". Diese Ausstrahlung will natürlich auch jedes Unternehmen sehen, das seine CIO-Position neu und extern besetzt.

Auch im internationalen Vergleich schlecht

Eine völlig andere Einstellung erlebe ich hingegen, wenn ich Kandidatinnen mit einem nicht deutschen Hintergrund kennenlerne, etwa aus Osteuropa oder Skandinavien. Frauen, die in diesen Ländern aufgewachsen sind, senden andere Signale. Sie wissen früh, dass sie eine außergewöhnliche Karriere anstreben. Ehrgeiz offen zur Schau stellen, gehört zum Aufstiegsszenario.

Zahlen von Heidrick & Struggles, die über die Besetzung im IT-Sektor hinausgehen, belegen im Übrigen meine These: So wurden von allen unseren Placements in Deutschland 2017 lediglich 10,4 Prozent mit Frauen besetzt. Diese Quote ist in ganz Europa die schlechteste. Selbst in Polen haben meine Kollegen mehr Positionen mit weiblichen Führungskräften besetzt. Spitzenreiter ist die Schweiz. Dort erfolgten fast die Hälfte aller Placements von Heidrick & Struggles mit Frauen. In Frankreich waren es immerhin noch 30,5 Prozent.

Zu mehr Risikobereitschaft ermutigen

Was ist zu tun, um den Anteil weiblicher CIOs zu erhöhen? Ich denke, das kann nur gelingen, wenn die Unternehmen weiter ihre talentierten Frauen fördern und fordern. Diese Förderung muss über die fachliche Qualifikation hinausgehen und das Ziel haben, die Frauen zu mehr Risikobereitschaft zu ermutigen. Denn erfolgreiche, steile Karrieren sind zumeist riskanter als lediglich den Status quo zu verwalten.

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