Strategien


Nordzucker und KWS Saat

Die Real-Time-Rübe

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.

"Real Time Enterprises stellen für uns eine besondere Herausforderung dar, weil die Real-Time-Anbindung mehrerer Partner die genaue Abstimmung der Dateninhalte erfordert und Beratern dabei eine wichtige Rolle zukommt", sagt Bosch. Projektleiter Thomas Joachim kann das bestätigen: Ende vergangenen Jahres hat er vier Monate mit der Anpassung der SAP-Business-Connectoren bei Nordzucker und KWS sowie mit der Anbindung an das Logistikunternehmen verbracht. Alle Beteiligten sind mit dieser Projektlaufzeit zufrieden.

Direkte Kundenanbindung

Hübner von KWS schätzt die sekundengenaue Datenübertragung, auch wenn es ihm nicht so sehr darauf ankommt, ob Bestellungen den Saatguthersteller ein paar Stunden früher oder später erreichen. Viel wichtiger ist ihm, dass er eine direkte Anbindung zu seinen Kunden hat. Bislang hat KWS die Samen in Lkw-Ladungen zu den Nordzucker-Fabriken gekarrt. Auf welchen Äckern die Rüben besonders gut gediehen oder wo sie mehr Grün als Frucht entwickelten, konnte bei KWS niemand sagen. Heute weiß Berater Hübner wenigstens, auf welchem Hof das akribisch polierte (in runde Formen gebrachte) und pillierte (mit Insektiziden umhüllte) Saatgut zum Einsatz kommt. Sollten in Zukunft Schädlinge oder Krankheiten eine Rübensorte befallen, so könnte Hübner den betroffenen Bauern gezielt sagen, wie das Übel zu bekämpfen ist.

Gehen die Landwirte solchen Empfehlungen nach, müssen sie seit diesem Jahr alle ihre pflanzenbaulichen Maßnahmen in der "Acker-Schlagkartei" protokollieren. Für jedes Feld halten sie in dieser Kartei fest, welche Rübensorte sie gepflanzt, womit sie wann gedüngt und wodurch sie die Pflanzen geschützt haben. Diese Karteikarten führen die Bauern entweder auf Papier oder in einem von etwa vier bis fünf etablierten Softwareprogrammen zur Ackerverwaltung.

Geplant ist von Nordzucker-Seite, den Landwirten in der nächsten Saison mit einem Portal bei der Pflege ihrer Acker-Schlagkartei zu helfen. Bis diese Lösung zum Einsatz kommt, muss sie sich jedoch noch in einem Pilotprojekt mit rund 60 Landwirten bewähren. Ab Juni sollen diese Passwörter bekommen, mit denen sie bald auch ihr Saatgut über das Portal bestellen können. Bei der Bestellung wird dann zudem die Anerkennungsnummer der Landwirtschaftskammer übermittelt, sodass der Landwirt die verbürgte Qualität seines Saatguts nicht händisch in die Acker-Schlagkartei übertragen muss.

Papierloses Rübenmanagement

Jung von Nordzucker träumt davon, das gesamte Rübenmanagement eines Tages papierlos zu gestalten, auch wenn er niemanden dazu zwingen will, auf Papier zu verzichten. Was wie eine angestaubte Vision aus den Anfängen der EDV klingt, könnte tatsächlich Realität werden. Da Bauern nicht als Freunde von Bürokratie gelten, käme ihnen eine Onlinelösung recht, die neue gesetzliche Anforderungen für den Zuckeranbau gleich mit erschlägt. Landwirte, KWS und Nordzucker ziehen bei den Auflagen der Verbraucherschutzministerin an einem Strang. "Gentechnisch veränderte Rüben wollen wir nicht", sagt Jung, der in diesem Punkt auf Regierungslinie liegt.

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