Strategien


Application Maintenance Services

Die Software-Sitter

Johannes Klostermeier ist freier Journalist aus Berlin. Zu seinen Spezialgebieten zählen unter anderem die Bereiche Public IT, Telekommunikation und Social Media.
IT-Dienstleister betreuen in der Regel nur ungern individuell entwickelte Anwendungen. Der Grund: Gerade alte Software ist oft unzureichend dokumentiert und strukturiert. Anbieter von Application Maintenance Services (AMS) wollen genau in diese Lücke stoßen.

Die Servicetechniker bei Otis, dem weltgrößten Unternehmen für Aufzüge, Fahrtreppen und Fahrsteige, müssen ihre Ersatzteile schnell und zuverlässig erhalten. Zuständig für die Lieferungen sind die Mitarbeiter des European Part Center (EPC) bei Paris. Wenn die Angestellten im EPC einen Verbesserungsvorschlag für die auf der Entwicklungsumgebung Adabas/Natural basierende Lager- und Verwaltungs-Software haben, meldet sich der IT-Verantwortliche bei Mak Data System in Kiel; denn dort arbeitet das zehnköpfige "Service Desk" für Otis. Besonderheit: Mak Data hat die Betreuung der individuell für Otis geschriebenen Programme erst 1997 übernommen. "Wir wollten unsere Ressourcen vor allem für die Organisationsberatung und Einführung neuer Systeme einsetzen. Daher haben wir die Wartung ausgelagert", sagt Klemens Hauk, Leiter der Anwendungsentwicklung.

Seit einem Jahr vermarktet das 200-Mann-Systemhaus seine Dienstleistung aktiv als Marke: Application Maintenance Services heißt der Bereich, der in Zukunft stark wachsen soll. Die Mitarbeiter am Otis-Service-Desk erledigen die Komplettbetreuung aller auf Unix-Systemen laufenden Anwendungen, sie wirken unterstützend bei Adabas/Natural-Projekten und helfen im Visual-Basic-Umfeld - alles remote aus Kiel. "Wir warten und verbessern zwölf Systeme in Belgien, Frankreich, Großbritannien, den USA und Deutschland und können Otis jederzeit über den Stand der Arbeiten informieren", so Systemmanagerin Ines von Jagemann.

Die Wünsche der Otis-Mitarbeiter bekommt das Team an der Förde per E-Mail. "An unserem Service Desk erfolgen die Annahme, Priorisierung, Zuordnung und das Monitoring der auftauchenden Probleme", sagt von Jagemann. Sind die Anfragen seitens der Niederlassung genehmigt, legen die Programmierer los. "Durch die Kunden-Lieferanten-Beziehung erzeugen wir Kostentransparenz, denn inhouse bauen viele Mitarbeiter aus Kollegialität einfach neue Features ein. Bei uns muss der Kunde vorab alles genehmigen", sagt Geschäftsführer Martin Lochte-Holtgreven. Der Effekt: "Otis spart Kosten von bis zu 30 Prozent im Vergleich zu eigener Wartung."

Know-how sinnvoll einsetzen

Hinter Mak Data steht seit 1995 das US-Software-Haus Consist International. Entstanden ist das Unternehmen 1982, als der Krupp-Maschinen und Anlagenbauer (MAK) seine IT-Abteilung outsourcte. Später dann verkaufte der Krupp-Konzern seine Kieler Unternehmung - genau wie alle anderen Bereiche - Stück für Stück. Heute schreibt das Unternehmen schwarze Zahlen. Im Geschäftsjahr 2001 wuchs der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 17 Prozent auf 21,1 Millionen Euro.

"Wir wollen AMS von einem Geschäftsanteil mit rund 20 auf 55 Prozent ausbauen", sagt Lochte-Holtgreven. AMS-Kunden sind inzwischen auch die Kieler Provinzial Versicherung und der Kosmetikkonzern Yves Rocher. Die Dienstleistung sei ideal für alle, die ihre Entwickler wegen ihres Know-hows in anderen Projekten brauchen, sowie bei besonderen Belastungen wie Standortwechsel, Fusion oder Umstrukturierungen, so der Geschäftsführer. "Wer soll die individuelle Software weiterentwickeln, wenn der Entwickler keine Lust mehr hat und kündigt?", fragt er. Die Kieler möchten künftig auch Firmen bedienen, die ihre selbst gebauten Lösungen mittelfristig durch Standard-Software ablösen wollen.

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