Evonik-CIO Bettina Uhlich

Die Wette auf eine agile Zukunft

04.04.2022
Von Bettina Uhlich
Bettina Uhlich wettet im CIO-Jahrbuch 2022, dass in fünf Jahren keiner mehr über agiles Arbeiten spricht, weil es so selbstverständlich geworden ist und einfach "passiert".
"Wir haben schnell verstanden, dass ein Scrum Master noch nicht agil macht", schreibt Evonik-CIO Bettina Uhlich im CIO-Jahrbuch 2022.
"Wir haben schnell verstanden, dass ein Scrum Master noch nicht agil macht", schreibt Evonik-CIO Bettina Uhlich im CIO-Jahrbuch 2022.
Foto: Evonik

Warum gehe ich das Risiko dieser Wette ein, auch wenn es nicht um einen hohen materiellen Einsatz geht? Kann in fünf Jahren jemand, der zufällig diese Wette zu lesen bekommt, an meinem geistigen Zustand beim Formulieren dieser Zeilen zweifeln? Dieses Risiko gehe ich gerne ein, weil es sehr gering ist. Denn ich bin davon überzeugt, dass ich gewinnen werde.

Warum? Weil ich mit meinem Management-Team seit ungefähr zwei Jahren agil arbeite, und wir tun es immer noch. Ich habe mich an meine Rolle, Product Owner der agilen Transforma­tionagilen Transforma­tion zu sein, prima gewöhnt. Mein Management-Team hat an der Rolle des Scrum-Teams Gefallen gefunden, und unsere agilen Coaches haben Spaß daran, uns mit großer Ernsthaftigkeit und Hartnäckigkeit an ein überaus diszipliniertes und ergebnisorientiertes Arbeiten zu führen. Aber das war nicht immer so. Alles zu Agile auf CIO.de

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Jetzt komme ich zu meiner eigentlichen Geschichte, an deren Ende vermutlich jedem klar wird, warum ich meine Wette gewinnen werde. Wir haben uns also vor zwei Jahren überlegt, dass wir irgendwie agiler werden müssten. Schließlich hat jeder davon geredet und viele haben prophezeit, dass, wer nicht agiler wird, die Zukunft nicht erreichen kann. Also wollten wir mitreden können und nicht zu den Verlierern der Zukunft gehören. Da wir wenig wussten, haben wir wissende Berater gefragt. Das war ein guter Anfang. Wir haben schnell verstanden, dass ein Scrum Master noch nicht agil macht. Uns hat der Gedanke, mit einer agilen Ausrichtung unserer Organisation einen idealen Rahmen für unser großes Change-Vorhaben - die Einführung der Produktorientierung in der IT - setzen zu können, sehr gefallen.

Produktorientierte IT

Worum geht es bei der Produktorientierung in der IT? Klar, es geht um End-to-End-Verantwortung für IT-Produkte über die Wertschöpfungskette der IT hinweg. Was ist ein (IT-)Produkt? Klar, Ergebnis einer Arbeit, an dem viele Fachexperten aus verschiedenen Fachabteilungen mitarbeiten müssen. Wozu produziert man ein Produkt? Klar, um ein Kundenbedürfnis oder eine konkrete Anforderung passgenau zu erfüllen. Das ist in der IT genauso wie zum Beispiel bei unseren operativen Chemiebereichen. Wer verantwortet ein Produkt? Klar, ein Product Owner oder Produkt Manager.

Was ist also das Ziel der Produktorientierung in der IT? Klar, eine schnelle und flexible Erarbeitung von funktionsfähigen IT-Lösungen, mit der unsere Partner in den vielen Bereichen unseres Unternehmens das erreichen können, wovon wir alle leben. Mit wettbewerbsfähigen Chemieprodukten, die zunehmend digital produziert oder über neue digitale Geschäftsmodelle bis hin zu Eco-Plattformen verkauft werden, nachhaltig Profit zu generieren. Ganz klar, IT wird dabei zum Teil dieser zunehmend digitalen Wertschöpfungskette und muss sich darauf mit klarem Fokus einstellen. Kurzum, kundenorientiert und damit "Outcome-orientiert" arbeiten.

Und da ist sie, die Herausforderung der agilen Transformation. Oder besser gesagt, des großen Changes, hin zum agilen Arbeiten und agilen Denken, was nichts weniger ist als ein Kulturwandel. Agilität bedeutet, wenn man dem "agilen Manifest" folgt, kurz zusammengefasst: ein fachlich geeignetes Team (Srum Team) arbeitet in "Loops", also iterativ daran, den Auftrag zur Produktentwicklung eines Produkt Managers (Product Owners) möglichst fokussiert und schnell unter professioneller Anleitung eines Projektmanagers (Srum Masters) zu erfüllen.

Damit passen Produktorientierung und Agilität also ganz gut zusammen. Dies erkennend, hat sich das IT-Management an die Spitze der agilen Transformation gesetzt und schnell mit Sprints, Stories und Reviews der Sprintziele und einer Priorisierung von Backlogs begonnen. Alle Rollen waren schnell besetzt, und das Ziel war klar: unsere Mitarbeiter auf die agile Reise mitzunehmen und von den Vorteilen zu überzeugen. Dafür braucht es eine Vision, Ziele, Ressourcen, Zeit und klare Entscheidungen mit breiter Kommunikation. Das wollten wir "from the Top" vorleben und in Gang setzen.

Was schnell passiert ist: Wir haben Trainingsangebote für freiwillige "agile Multiplikatoren" aufgesetzt. Wir starteten in der IT mit zirka 100 Multiplikatoren und sind jetzt bei einem aktiven Netzwerk im Unternehmen von mehr als 500. Schnell ging auch das Verabschieden unserer Vision, um das Warum der agilen Transforma­tion zu erklären, das Ableiten von konkreten Zielen und agilen Leadership Principles, das Setzen von Entscheidungsrahmen für den Einsatz von Ressourcen für agile Initiativen und Projekte sowie der Start mit den ersten Leuchttürmen in der IT. Wir haben mit zwei begonnen und sind jetzt bei mehr als 50. Zwischenzeitlich haben wir ganze Teams auf agiles operatives Arbeiten umgestellt. Als Transformation-Team haben wir uns selbst mit agilen Methoden und Tools beschäftigt.

Was haben wir gelernt?

Wir sind schwungvoll gestartet. Nach zirka sechs Monaten mit wöchentlich dreistündigen Sprints hat sich eine Phase der Ernüchterung eingestellt. So einfach ist das gar nicht mit dem agilen Arbeiten. Über sehr gute und in der Praxis wirksame Sprintergebnisse und unsere enthusiastischen Leuchtturm-Teams haben wir verstanden, was agiles Arbeiten auch im Management bedeutet: Offenheit, Durchlässigkeit über Fachbereiche hinweg, klarer Fokus auf Ergebnisse, Vernetzung und Integration mit unseren Partnern, klare Verantwortungen über Rollen und nicht (nur) über Hierarchien. Nicht alle Aufgaben und Projekte können sinnvoll agil bearbeitet werden, es kommt auf den richtigen themenbezogenen Mix an.

Und was war die wichtigste Erkenntnis? Arbeiten in agilen Teams macht einfach mehr Spaß!! Und genau deshalb werde ich meine Wette gewinnen, wetten! Noch eine wichtige Erkenntnis: es war gut, dass die IT mit der agilen Transformation gestartet ist und so einen Impuls für andere im Unternehmen gegeben hat. Der Change ist nicht mehr aufzuhalten!

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