Strategien


Paper-to-ERP bei Dunlop

Faxe direkt ins SAP fahren

Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.
Trotz zunehmend digitalisierter Lieferketten spielt das gute alte Fax bei B2B-Bestellungen nach wie vor eine herausragende Rolle. Mit einem vollautomatisierten Order-Entry-System verabschiedete sich der Reifenhersteller Dunlop im August 2003 von der fehlerträchtigen manuellen Erfassung. Das Call-Center spart 70 Prozent Zeit bei der Erfassung, die Kosten halbierten sich.

Zwar heisst die Lösung Paper-to-ERP, aber Papier kommt bei den automatisierten Bestellungen im Hanauer Call-Center überhaupt nicht mehr vor. "Die meisten unserer Kunden benutzen zum Erzeugen der Bestellfaxe ein Warenwirtschaftssystem. Die Bestellungen laufen bei uns in einen Fax-Server; wir drucken sie nicht aus, sondern das System verarbeitet die eingehenden Fax-Dateien direkt", sagt Jürgen Sievers, Projektleiter und Koordinator Kommunikationstechnologien beim Reifenhersteller Dunlop. "Es sind vor allem Werkstätten und kleinere Reifenhändler, die bei uns per Fax bestellen", sagt Sievers. "Mit den großen Autoherstellern sind wir dagegen in digitalen Supply-Chains verknüpft."

Im Mittelpunkt der Lösung steht der "Business Integration Server" (BIS) des Brettener Anbieters Seeburger AG, der dem ERP-System von SAPSAP vorgeschaltet ist. Während Telefonbestellungen nach wie vor direkt im SAP-System erfasst werden, laufen Faxe in den BIS. Das Modul "Paper-to-ERP erkennt die für die Bestellaufnahme wichtigen Felder wie Kunden- und Bestellnummer, Strichcode, Artikelnummer und Menge automatisch. Auf einem geteilten Bildschirm werden dem Call-Center-Agent gleichzeitig das Originalfax und die Eingabemaske mit den erkannten Daten angezeigt. Erst nach manueller Bestätigung des Mitarbeiters fließt die Bestellung in das SAP-System. Alles zu SAP auf CIO.de

Die hohe Trefferquote von gut 80 Prozent erreicht das System mit einer datenbankgestützten Erkennung. "Die Software gleicht alle erkannten Felder eines eingehenden Faxes mit einer Datenbank ab. Diese Datenbank speist sich aus unseren SAP-Systemen und enthält zum Beispiel Strichcode-Nummern, Kunden- und Artikelstammdaten", erklärt Sievers. Wenn die erkannten Daten mit den Einträgen der Datenbank korrespondieren, kann von einer erfolgreichen Erkennung ausgegangen werden. Deshalb seien wesentlich bessere Erkennungsraten möglich als bei der reinen Schrifterkennung (OCR - Optical Character Recognition) ohne Vergleichsdaten. Auf die manuelle Überprüfung will der Projektleiter aber auf gar keinen Fall verzichten. Besonders bei der Erkennung der Mengenangaben würden gelegentlich Ziffern - wie etwa eins und sieben - verwechselt. Auch ließe sich nur durch Augenschein sicherstellen, dass etwa zusätzliche Anmerkungen in den Faxen nicht verloren gehen.

Obwohl sich die Call-Center-Mitarbeiter letztlich noch jedes Bestellfax anschauen, steht für den Projektleiter außer Frage, dass sich die Lösung rechnet: "Bei der Bestellverarbeitung erreichen wir eine durchschnittliche Zeitersparnis von etwa 70 Prozent". Schon in der Planungsphase spielte der RoI eine entscheidende Rolle. Ausgehend von der Frage "Was kostet uns die Verarbeitung einer eingehenden Faxbestellung?" hat Sievers die Kosten-Nutzen-Relation ermittelt. Eine veranschlagte Einsparung von rund 50 Prozent der Bearbeitungskosten hat er erreicht, die Investition soll sich schon nach einem Jahr amortisieren. "Wir haben aber deshalb keine Leute entlassen, sondern mit den frei gewordenen Kapazitäten die Service-Levels verbessert", sagt Sievers. Konkrete Zahlen möchte er für das System aber nicht nennen.

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