Leistungssport als Managerschule

"Irgendwer ist immer besser als Du"

15.03.2010
Von Eva Buchhorn

Sportdress statt Nadelstreifen

Mit handballertypischem Selbstvertrauen gingen Ex-Nationalspieler Jörg Löhr und Handball-Bundestrainer Heiner Brand ihren Ratgeber "Projekt Gold" an: Im Spitzensport lasse sich erfahren, "zu sein, wer wir sind und zu werden, wozu wir fähig sind." Das klingt vielversprechend, ist aber ungefähr so konkret wie die Weisheiten auf den Pappröllchen chinesischer Glückskekse. Immerhin: Ein bisschen Sport treiben sie fast alle, die Herren Vorstandsvorsitzenden. Jürgen Großmann (RWE) segelt, Jürgen Hambrecht (BASF) joggt, Wolfgang Reitzle (Linde) golft mit Spitzenhandicap 8. Michael Diekmann (Allianz) kann Karate, übrigens genauso wie Escada-Chef Bruno Sälzer.

Josef Ackermann (Deutsche Bank), der heute eher auf seine Liebe zu klassischem Gesang und Opern angesprochen werden will, soll in jungen Jahren ein guter Speerwerfer gewesen sein. Als große Ausnahme muss Frank Appel von der Deutschen Post gelten, von ihm sind keinerlei sportliche Aktivitäten überliefert. Auch der ehemailge SAP-Chef Léo Apotheker beschränkt sich dem Vernehmen nach aufs Lesen und die Pflege seines Weinkellers, aber der Mann ist ja auch Wahl-Franzose.

Die Sehnsucht nach ein bisschen mehr Lebensqualität, der Wunsch nach kleinen Fluchten aus stickigen Konferenzräumen und engern Firmenfliegern mag die meisten Manager dazu treiben, den Nadelstreif regelmäßig gegen den Sportdress zu tauschen. Ein gewisses Qantum körperlicher Fitness ist heute ohnehin Voraussetzung für den Knochenjob des Wirtschaftsführers. Bei einigen Firmenlenkern jedoch versteckt sich tatsächlich eine veritable Leistungssport-Vergangenheit in der Vita.

Feste druff ist guts für Image

Peter Löscher etwa, heute Siemens-Chef, war im Studium Kapitän der österreichischen Volleyball-Nationalmannschaft. Jürgen Wirths, Finanzinvestor und derzeit Vorstandschef der Fensterfirma Weru, stand in den 90er Jahren zweimal als Deutscher Meister im Dressurreiten auf dem Treppchen. Harald Pinger, Vorstand beim Gabelstapler-Hersteller Kion, spielte Hockey auf Bundesliganiveau.

Schrieb da der Zufall die Biographie, weil in der Adoleszenz des Mannes Sport eben dazu gehört? Oder wirken höhere Gesetze, steckt im späteren Manager schon als Kind ein Erfolgshungriger, der auf der Tartanbahn seinen Kampfeswillen und die Lust am Siegen erprobt? Will sich das erwachende Alphatier schon im Schwimmstadion von der Masse absetzen? Die reine Freude am Wettkampf ist Hans Joachim Körber (63) heute noch anzumerken. Der langjährige Metro-Chef, ein drahtiger 1,94-Meter-Mann, der immer noch täglich Sport treibt (drei mal wöchentlich Laufen mit dem Personal Trainer, die übrigen Tage Pilates), lehnt sich lässig in seinen schwarzledernen Stuhl der Kategorie Designklassiker zurück und lässt längst vergangene Triumphe wiederauferstehen.

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