Wie Chefs ihre Situation einschätzen

Keine Zeit zum Führen

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Zu wenig Zeit für Führungsaufgaben - das beklagen fast acht von zehn Chefs. Dabei stehen sie vor der Aufgabe, umfassende Veränderungen stemmen zu müssen. Das geht aus dem aktuellen HR-Report des Personaldienstleisters Hays hervor.

Es gibt "eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit" - so umreißen Jutta Rump und Klaus Breitschopf die Ergebnisse ihres HR Report 2014/2015. Rump ist Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE), Breitschopf Vorstandschef der Hays AG. Ihr gemeinsamer Report basiert auf Angaben von 665 Entscheidern in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz).

Konkret: Führungskräfte wollen die Mitarbeiter und ihre Kompetenzen in den Mittelpunkt rücken. Noch aber "erweisen sich unsere alten Formen als zäh und langlebig", wie Rump und Breitschopf sagen. Die Einführung neuer Arbeitsformen, mehr Förderung von Frauen - da "liegt noch einiges im Argen".

Ihre Hauptaufgabe sehen die Befragten zunächst einmal im Etablieren einer Feedback-Kultur (71 Prozent der Nennungen). Außerdem nennen sie die Motivation der Mitarbeiter (69 Prozent) und das Aufzeigen von deren Entwicklungsmöglichkeiten (66 Prozent) als wichtige Aufgaben.

Wichtigstes HR-Thema ist in den Augen der Befragten derzeit, FührungFührung zu priorisieren und Mitarbeiter zu binden. Arbeitsstrukturen zu flexibilisieren steht mit 27 Prozent der Stimmen auf Platz sieben, neue Vergütungsmodelle einzuführen mit zehn Prozent auf Rang zehn. Alles zu Führung auf CIO.de

Die Befragten üben sich durchaus in Selbstkritik. Das zeigt ein Soll-Ist-Vergleich der wichtigsten Herausforderungen. 72 Prozent sehen hier das Managen von Veränderungen an erster Stelle. Aber nur deutlich weniger - 53 Prozent nämlich - bescheinigen sich, dies auch umzusetzen.

Zweitgrößte Herausforderung ist für 52 Prozent der Befragten der Umgang mit der steigenden Komplexität im Führungsbereich (Umsetzung: 24 Prozent). Es folgen das Wahrnehmen einer Vorbildfunktion (Soll: 44 Prozent, Ist: 23 Prozent) und die Wahrung der Glaubwürdigkeit (Soll: 39 Prozent, Ist: 16 Prozent).

Kontrolle abzugeben ist schwer

Wo liegen die Stolpersteine? Fast acht von zehn Studienteilnehmern (79 Prozent) erklären, sie hätten zu wenig Zeit für Führungsaufgaben. Mehr als jedem Zweiten (55 Prozent) fällt es außerdem schwer, die Mitarbeiter "loszulassen", neutraler formuliert: die eigene Kontrollfunktion zu reduzieren und mehr Eigenverantwortung zu gewähren. Fast jeder Zweite (48 Prozent) findet es schwierig, von Anwesenheitsorientierung auf Ergebnisorientierung zu wechseln.

Immerhin 33 Prozent klagen über zu wenig Unterstützung durch die Firmenleitung. Und weitere 15 Prozent über fehlende Akzeptanz auf Seiten der Mitarbeiter.

Darüber hinaus wollten Hays und das IBE wissen, wie sich die wirtschaftliche Entwicklung in den Unternehmen auswirkt. 78 Prozent berichten von steigender Komplexität bei der Arbeit, 77 Prozent außerdem von immer schnelleren Abläufen. 76 Prozent beobachten steigende Ansprüche bei den Kunden.

Ein weiterer Aspekt der Studie bezieht sich auf die Mitarbeiterbindung. Auch hier demonstrieren die Befragten Selbstkritik. Fast jeder spricht sich für eine wertschätzende Unternehmenskultur und ein gutes Betriebsklima aus. Dass das bei ihnen umgesetzt sei, erklären aber nur 53 Prozent. Zusätzlich betonen 67 Prozent, wie wichtig Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Lebenssituation sind. Der selbst attestierte Umsetzungsgrad erreicht jedoch nur 46 Prozent.

Stichwort Vereinbarkeit von Beruf und Lebenssituation: Hays und das IBE raten, "endlich" Frauenförderung anzugehen. Unternehmen sollten auf zwei Ebenen agieren: Zum einen müssen sie "ihre kulturellen und mentalen Blockaden auflösen". Zum anderen "bedarf es konzertierter Aktionen mit privaten und öffentlichen Partnern vor Ort, um ein umfassendes und qualitativ hochwertiges Angebot für die Kinderbetreuung zu etablieren".

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