Transitland Österreich

Maut aus der Mikrowelle

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.

Angesichts dieser Zahlen überrascht es, dass Geschäftsführer Pruschak für den laufenden Betrieb des Maut-Systems gerade einmal zehn Leute braucht. Auch während des Projekts waren von der Raiffeisen Informatik gerade einmal 70 Fulltime Equivalents mit dem Aufbau des Systems beschäftigt. Sie haben nach eigenen Angaben das größte CRM-Modul von SAPSAP in Europa installiert, dabei ein Call-Center implementiert und eine eigene Billing-Software auf Basis von SAP entwickelt, die mit vier Kreditkarten- und elf Tankkartenfirmen korrespondiert. Innerhalb von 18 Monaten haben die Projektmitarbeiter ihr Pflichtenheft abgearbeitet, wobei Pruschak einschränkt, dass die Architektur schon vorher gestanden habe - "aber sicher nicht mehr als vier Monate vorher". Alles zu SAP auf CIO.de

Die Technik stammt aus Deutschland

Dass in Österreich nach insgesamt 22 Monaten Bauzeit ein System in Betrieb ist, das in Deutschland seit neun Monaten nicht läuft, darüber ärgert sich unter anderen Herbert Lindenborn vom Fachbereich Elektrotechnik und Informatik an der Universität Kassel. Vor zehn Jahren konstruierten dort die Wissenschaftler des Fachgebietes Hochfrequenztechnik in Zusammenarbeit mit der Robert Bosch GmbHRobert Bosch GmbH und ANT Telefunken einen Vorläufer der österreichischen Go-Box. Angeregt durch die Maut-Pläne des damaligen Verkehrsminister Günter Krause bauten die Forscher auf dem Flughafen Kassel-Calden ein Testfeld mit Antennenbrücken, die alle Mikrowellen-Signale auch von schnell fahrenden Fahrzeugen zuverlässig empfingen. Top-500-Firmenprofil für Robert Bosch GmbH

Mitte der neunziger Jahre legte die Kohl-Regierung ihre Maut-Pläne jedoch auf Eis. Bosch verkaufte als alleiniger Inhaber des Patents, das Mikrowellen-Mautsystem nach Singapur, wo es die Europäer nun wiederentdecken. Dass die Lösung am Hightech-Standort Deutschland nicht funkt, hält Wilfried Pruschak von der Raiffeisen Informatik denn auch für kein technisches Problem, sondern vielmehr für ein organisatorisches. Er sieht die Ursache in der Zusammenarbeit des Maut-Konsortiums, das in Österreich sehr viel partnerschaftlicher zusammen gearbeitet habe, als es offensichtlich in Deutschland der Fall ist. "Ich glaub', das ist a bisserl a Kulturproblem", sagt der Wiener.

Zur Startseite