CIO Auf- und Aussteiger


Frank Annuscheit, CIO Commerzbank

Netzwerker im Bankenviertel

Ein Beispiel für die Auflockerung im Banksektor: Die Postbank will den Transaktionsverkehr der Deutschen und Dresdner Bank abwickeln – ein Szenario, das vor wenigen Jahren undenkbar gewesen war. Zwar hat Annuscheit vergleichbare Geschäfte noch nicht abgeschlossen, doch begrüßt er sie, sofern sie aus Business- Sicht Sinn machen. So steht er stellvertretend für einen neuen Typ CIO, den die Wirtschaftskrise geschaffen hat – den des Netzwerkers, der zusammen mit Wettbewerbern neue gangbare Wege der Zusammenarbeit sucht und über Managergenerationen hochgezogene Mauern nach und nach niederreißt. Sachte greift Annuscheit in bestehende IT-Strukturen ein. Der CIO möchte nicht von einer neuen Bescheidenheit der IT-Top-Manager sprechen. Doch gibt es bei ihm keine ProjekteProjekte ohne Business Case. Kein Budget, ohne dass das Projekt das Architektur-Board und den IT-Ausschuss passiert und ab einer besonderen Größenordnung das Okay aus dem Vorstand bekommen hat – gesicherte Projekte mit Rückendeckung also. Alles zu Projekte auf CIO.de

Bislang hat Annuscheit im 500-Millionen-Euro-ITEtat wenig Spielraum für Investitionen. Bisher fallen 450 Millionen Euro für die Wartung und für regulatorische Anforderungen an (etwa die Vorgaben für die Kreditvergabe-Richtlinien Basel II und die Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft von Kreditinstituten, MAK). Zudem nehmen die Aufwendungen für Sicherheitsvorkehrungen ständig zu, auch wenn uns das nicht gefällt, so Annuscheit. 2004 werden etwa zwei Prozent des Budgets davon verschlungen. Für 2005 erwartet der CIO einen Anteil von bis zu fünf Prozent. Nur zehn Prozent des IT-Etats sind frei verfügbar für neue Projekte – ein Anteil, der dem CIO zu klein ist.

Nearshore: Rufe aus Osteuropa

Aktuell stehen etwa Nearshore-Projekte in Osteuropa auf der Agenda. In einer Zwei-Standort-Strategie will die Commerzbank in Prag und in Warschau Business Process Outsourcing betreiben. Für die Bearbeitung der Überweisungsbelege im Transaktions-Banking setzt Annuscheit derzeit 30 Mitarbeiter ein, schon bald sollen es 60 bis 70 sein. Zudem sollen in Prag Funktionen für die nichtdeutschen europäischen Rechenzentren zentralisiert werden. Annuscheit ist sich über die Vorteile von Nearshore im Klaren, steigt dennoch gewohnt sachte in ein unbekanntes Gebiet ein. Es gibt in Tschechien ein gutes Ausbildungsniveau, die Löhne sind nur halb so hoch wie in Deutschland, und es gibt keine Zeitzonenproblematik, so Annuscheit.

Annuscheit will seinen Mitarbeitern viel Freiheiten einräumen und Verantwortung übertragen. Zwischendurch müssen Sie natürlich mal eine Tiefenbohrung machen, sagt der gelernte BWL-ler mit dem besonderen Schwerpunkt Informatik. Da kommt es dem Manager nun zugute, dass er sein Studium mit IT-Basisarbeit finanziert hat – Bänder einlegen, Software schreiben, das ganze Programm. Zwar hat der Manager mit dem Tüfteln an Programmcodes heute nichts mehr zu tun, doch hilft es ihm, mit den Anwendungsentwicklern über neue Lösungen zu diskutieren: Nur so entstehe der nötige Respekt, so Annuscheit.

An den kontinuierlichen Treffen mit anderen Bänkern geht für den gelben CIO kein Weg vorbei – etwa mit Ex-Kollegen der Deutschen Bank 24 zu Mittag im Restaurant Oscar's. Direkt gegenüber dem Commerzbank- Tower – im Erdgeschoss.

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