Tesla Inside

Tesla verdient nur an Emissionsrechten und Bitcoin-Handel

21.06.2021
Tesla fährt zwar mittlerweile vergleichsweise beständig Gewinne ein - doch wie nachhaltig das Geschäftsmodell der Kalifornier ist, bleibt weiter fraglich.
Die Konkurrenten von Tesla blasen immer lauter zur Jagd. Tesla will im Gegenzug die eigene Produktion deutlich ausweiten. Was bei der Firma von Tech-Guru Elon Musk los ist, was Analysten sagen und wie die Aktie zuletzt lief.
Die Konkurrenten von Tesla blasen immer lauter zur Jagd. Tesla will im Gegenzug die eigene Produktion deutlich ausweiten. Was bei der Firma von Tech-Guru Elon Musk los ist, was Analysten sagen und wie die Aktie zuletzt lief.
Foto: Nadezda Murmakova - shutterstock.com

Mitten in der Corona-Pandemie hat Tesla 2020 den ersten Jahresgewinn erreicht. Auch im ersten Vierteljahr dieses Jahres gab es weiter schwarze Zahlen - und damit das siebte Quartal in Folge. Es ist aber nicht nur der Verkauf von Autos, der Geld einbringt - bei genauerem Hinsehen ist das Kerngeschäft sogar kaum profitabel. Viel Geschäft kam nämlich aus dem Handel mit Abgaszertifikaten, die andere Autobauer benötigen, um ihre Emissionsbilanz aufzubessern und so gesetzliche Vorgaben etwa in Kalifornien, Europa oder China zu erfüllen.

Im ersten Quartal setzte Tesla mit den Abgasrechten 518 Millionen Dollar um. Da dafür kaum operative Kosten anfallen, dürfte sogar das Gros des Quartalsgewinns von 438 Millionen Dollar aus dem Zertifikatehandel kommen. Außerdem profitierte die Bilanz von einer milliardenschweren Investition in die Kryptowährung Bitcoin, mit der das Unternehmen im Februar Schlagzeilen gemacht hatte.

Absatz zieht an

Der Umsatz zog um nahezu drei Viertel auf 10,4 Milliarden Dollar an - schließlich lieferte Tesla mit 184.877 Autos im ersten Quartal mehr als doppelt so viele Wagen aus wie ein Jahr zuvor. Mit dem Massenmarktmodell Model 3 sieht sich Musk sogar an der Weltspitze vor verkaufsstarken Verbrennern wie dem BMW 3er oder der Mercedes E-Klasse von Daimler.

Im wichtigsten Auslandsmarkt China hatte Tesla zuletzt Probleme, die Verkaufszahlen brachen teils deutlich ein. Im April stand die Shanghaier Fabrik des E-Pioniers vorübergehend still - zwar wegen branchenüblicher Wartungsarbeiten. Bei Anlegern war aber dennoch Sorge aufgekommen, ob Tesla in der Volksrepublik seine Stellung angesichts zunehmender Konkurrenz bei Elektrofahrzeugen halten kann.

Die Amerikaner waren in China nämlich nach einem Kundenprotest in die Kritik geraten und mussten sich für eine verspätet in Angriff genommene Beschwerde rund um das Bremssystem eines Teslas öffentlich entschuldigen. Kundenproteste und offizielle Entschuldigungen von Unternehmen in China gibt es immer wieder mal - sie gelten als Anzeichen dafür, dass das Verhältnis zwischen Unternehmen und den lokalen Behörden besser sein könnte. Im Mai verkaufte Tesla wieder spürbar mehr Autos als im April. Ob die Kritik im Land aber nicht doch die Verkäufe belastet, wird sich wegen der Vorlaufzeit der bei Tesla üblichen Online-Bestellungen wohl erst nach und nach zeigen.

Die Probleme in Brandenburg

Nicht ganz so schnell wie erhofft geht es auch mit dem Aufbau der Fabrik in Grünheide bei Berlin. Ursprünglich sollte die Produktion im Juli starten, nun ist die Rede von einem Zeitpunkt im "späten 2021". Derweil erhöht der Konzern weiter die Importe nach Europa, auch aus China.

Wenn Grünheide aber erstmal läuft, will Musk hier das Crossover-SUV Model Y bauen lassen, mit dem er noch ambitioniertere Ziele hat als mit dem Model 3: Tesla glaube, dass das Model Y das bestverkaufte Automodell weltweit über alle Klassen hinweg werden könnte, hieß es im jüngsten Quartalsbericht.

In Kalifornien und Shanghai läuft das Modell bereits vom Band, neben Berlin soll es auch in der neuen Fabrik in Texas gebaut werden. Zudem kommt eine neue Version des teureren Luxusautos Model S auf den Markt. Insgesamt peilt Musk dieses Jahr ein Auslieferungsplus wie im mittelfristig angestrebten Bereich von 50 Prozent auf dann rund 750.000 Autos an.

Weltgrößte Batteriefabrik entsteht in Grünheide

Musk will auf dem Gelände nahe Berlin auch die weltgrößte Batteriefabrik errichten, bisher produziert Tesla seine Batterien im US-Bundesstaat Nevada. Mit der Ankündigung hat das Unternehmen offenbar schlafende Hunde geweckt, denn im März preschte auch der europäische Platzhirsch Volkswagen mit dem Vorhaben vor, europaweit bis 2030 sechs Batteriezellwerke mit Partnern hochziehen zu wollen.

Und überhaupt rüsten die Riesen der alten Autowelt sich derzeit mit Milliardensummen für den Wettbewerb mit E-Autos und Software, auf dem Tesla als führend gilt. Volkswagen hat für den Zeitraum 2021 bis 2025 rund 73 Milliarden Euro für die neuen Technologien verplant, nahezu die Hälfte der Gesamtinvestitionen. US-Riese General Motors erhöhte jüngst sein Budget für Elektroantriebe und autonomes Fahren bis 2025 um rund ein Drittel auf 35 Milliarden US-Dollar (29,3 Mrd Euro).

Das sagen Analysten zu Tesla

Trotz der luftigen Höhen, die der Aktienkurs erreicht hat, ist immer noch ein großer Teil der Analysten optimistisch für die weiteren Chancen des Papiers. 19 der 44 von Bloomberg erfassten Experten empfehlen den Kauf der Aktie, 13 das Halten und 12 das Verkaufen. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 618 Dollar und damit in etwa auf dem aktuellen Kursniveau.

"Man kann fast den Eindruck bekommen, dass Tesla zwei Standbeine hat: Den Emissionsrechte-Verkauf und den Bitcoin-Handel", resümierte NordLB-Analyst Frank Schwope nach den Quartalszahlen. "Der eigentlich zentrale Pfeiler, der Verkauf von Autos, trägt hingegen immer noch nicht großartig zu den Gewinnen bei." Weil die Konkurrenz bei Elektromodellen aufhole, dürften die Einnahmen aus den Zertifikaten nach und nach zurückgehen.

Zwar kommen auch die Analysten der DZ Bank wie Schwope von der NordLB zu dem Schluss, dass Tesla derzeit mit Autos selbst nur wenig Gewinn einfährt. Fertigungstiefe und Position bei wichtigen Zukunftsthemen wie der Batterietechnologie seien aber beeindruckend, urteilten die Experten. Sie gehören aber dennoch wie Schwope zu denen, die die Bewertung der Aktie für zu hoch halten und daher zum Verkaufen raten.

Chris McNally von der Investmentbank Evercore sieht 2021 dominiert im Zeichen von der Vorbereitung auf die Produktionsausweitung im kommenden Jahr und hat derzeit ein neutrales Votum zur Aktie.

JPMorgan -Analyst Ryan Brinkman gehört zu den Skeptikern: Die hohe Bewertung von Tesla dürfte mit neuen Elektromodellen der Rivalen auf den Prüfstand kommen, weil diese nicht nur um Verkäufe und Marktanteile konkurrierten, sondern auch den Bedarf an Abgaszertifikaten bei der Konkurrenz senkten. Und die hätten schließlich im ersten Quartal erst für einen Gewinn gesorgt. Mit einem Kursziel von 155 Dollar ist Brinkman einer der pessimistischsten Experten.

Mark Delaney von Goldman Sachs wiederum sieht die Dinge weitaus zuversichtlicher. Die Aussagen zum Model Y bedeuteten, dass Tesla dem Auto einen Jahresabsatz von rund einer Million Fahrzeuge im Jahr 2022 zutraue. Er empfiehlt Anlegern den Kauf der Aktie mit einem Kursziel von 860 Dollar.

Das macht die Aktie

Bis Ende Januar war die Tesla-Aktie von einem Hoch zum anderen geeilt. Am 25. Januar kostete sie zeitweise sogar etwas mehr als 900 US-Dollar. Weiter bergauf ging es dann aber nicht mehr, denn seit Februar schlug der Kurs vor allem den Weg nach unten ein. Dabei verlor die Aktie bis Anfang März gut 40 Prozent, ehe es dann wieder langsam etwas bergauf ging. Zuletzt kostete die Aktie 623 Dollar und damit gut 30 Prozent weniger als Ende Januar.

Trotz der jüngsten Einbußen verliefen die vergangenen Monate und Jahre für Tesla-Investoren sehr erfolgreich. So stieg der Kurs seit dem Tief Mitte März 2020 fast auf das Neunfache - und auf die vergangenen fünf Jahre gesehen ist es sogar das 16-fache. Damit hängte der US-Autobauer die deutsche Konkurrenz am Kapitalmarkt deutlich ab, auch wenn diese zuletzt wieder etwas verlorenen Boden gutmachen konnte.

Tesla ist derzeit an der Börse rund 600 Milliarden Dollar oder umgerechnet etwas mehr als 500 Milliarden Euro wert und ist damit an der Börse weltweit der wertvollste Autohersteller. Zum Vergleich: Die drei deutschen Hersteller Volkswagen (129 Mrd Euro), Daimler (82 Mrd Euro) und BMW (59 Mrd Euro) kommen zusammen auf etwas mehr als die Hälfte. Und auch die Konkurrenz im eigenen Land lässt der US-Elektroautobauer hinter sich: General Motors (GM) bringt es auf 85 Milliarden Dollar, Ford auf 58 Milliarden Dollar.

Unterdessen bewegt Firmenchef Musk mit seinen Äußerungen auch andere Kurse: Mit der Entscheidung Teslas, Bitcoins im Wert von 1,5 Milliarden Dollar zu erwerben und diese auch als Zahlungsmittel zu akzeptieren, katapultierte sich die Kryptowährung im Februar und März zunächst nach oben, um im April ein Rekordhoch bei fast 65.000 Dollar zu erreichen. Als Musk dann die Problematik der schlechten Energie- und Klimabilanz des rechenintensiven Bitcoin-Netzwerks für sich entdeckte, stürzte nicht nur die bekannteste Kryptowährung im Mai deutlich ab - auch weil China die digitalen Coins deutlich stärker an die Zügel nehmen will. Aktuell rangiert der Bitcoin bei rund 34 000 Dollar. (dpa/rs)

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