In Energie baden?

Wenn das Saunieren zur Gewissensfrage wird

25.10.2022
Es ist eigentlich ein harmloser Spaß: der Saunabesuch. Doch in Zeiten der Energiekrise wird er zum Politikum. Zumindest der Branchenverband hat eine klare Antwort.

Deutschland ist Sauna-Land, die Zahlen sprechen für sich. Rund 30 Millionen Menschen in der Bundesrepublik greifen regelmäßig zum Handtuch und lassen sich in den Holzkabinen durchweichen. Rund 1600 Studien belegen, dass das Schwitzen die Abwehrkräfte stärkt. Mit dem Deutschen Sauna-Bund sitzt auch der größte Verband der Branche in der Bundesrepublik. Er ist von diesem Dienstag an Gastgeber des Internationalen Sauna-Kongresses in Stuttgart. Bei dem weltgrößten Branchentreffen steht ein Thema ganz weit oben: die Energie.

Gesund, aber assozial?
Gesund, aber assozial?
Foto: Mr. Tempter - shutterstock.com

Von einer Verteuerung teilweise bis zum Zehnfachen bei den Energiepreisen, berichten Saunabetreiber dem Verbandschef Martin Niederstein. Er spricht von schwierigen Zeiten für seine Branche. Die Schließungen durch die Corona-Pandemie würden noch vielen in den Knochen stecken. Jede Menge Personal sei in den vergangenen beiden Jahren verloren gegangen. Und nun die Energiekrise.

Preiserhöhungen und weniger Besucher

"Durchschnittlich mussten die Preise in diesem Jahr um 13 Prozent erhöht werden", berichtet Niederstein. Deshalb würden viele Betreiber auch mit weniger Besuchern rechnen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte gefordert, die Saunas im Winter komplett kalt zu lassen, um Strom zu sparen. "Ich finde schon, dass bestimmte Wellness-Angebote in diesem Jahr zu jener Art von Luxus gehören, auf die man lieber freiwillig verzichten sollte", hatte Günther der "Welt am Sonntag" gesagt.

Dem hielt Niederstein entgegen: Das Saunabaden sei eine unheimlich günstige Art der persönlichen Gesundheitsvorsorge. "Jeder Euro, der hier investiert ist, wird nachher das öffentliche Gesundheitssystem um ein Mehrfaches entlasten." Deshalb sei es aus seiner Sicht moralisch auch komplett vertretbar, in die Sauna zu gehen.

Christine Pesch betreibt mit ihrem Ehemann die Schwabenquellen in Stuttgart. Im Herbst und Winter hat ihr großer Spa- und Wasserbadkomplex Hochsaison. Die Stammgäste seien dankbar, dass es die Schwabenquellen noch gebe, sagt Pesch mit Blick auf die Corona-Pandemie. Die Mehrkosten durch die Energiepreise mussten die Betreiber schon im Sommer auf die Eintrittspreise umlegen. Um energieeffizienter zu sein, werde nun etwa anders gelüftet.

Suche nach günstiger Energie

Die Branche sucht aber auch verstärkt nach Alternativen zu Gas oder konventionellem Strom. Ein ökologischer Betrieb sei das Ziel, sagt Verbandschef Niederstein. Wie es gehen könnte, macht die Universität Stuttgart mit der Entwicklung einer sogenannten Null-Energie-Sauna vor. Seit 2016 arbeiten Wissenschaftler an einer energieautarken Familiensauna, die durch Integration von innovativer Wärmespeichertechnik und Solarstrom einen CO2-neutralen Betrieb ermöglicht. Die Wissenschaftler wollen auf dem Sauna-Kongress von ihren Fortschritten berichten.

Bei einem mehrstündigen Saunagang liegt der Stromverbrauch im Schnitt bei 6 bis 8 kWh. Zum Vergleich: Das entspricht einem Energieanbieter zufolge 300 bis 400 Stunden Arbeit am Laptop. "Wer sich für gute und hochwertige Dämmung sowie Lüftung entscheidet, kann im privaten Bereich Strom sparen", sagt Markus Gäbele. Er ist der Leiter für Entwicklung und Konstruktion bei der Firma Klafs, dem Weltmarktführer beim Bau von Saunaanlagen.

Die Auftragsbücher seien auch in Zeiten der Energiekrise noch gut gefüllt. Die Leute würden sich aber noch stärker informieren. Auf dem Internationalen Sauna-Kongress will Gäbele über Energieeffizienz auch in öffentlichen Saunabädern berichten - etwa durch regelmäßige Wartung. Der Kongress findet zusammen mit der internationalen Fachmesse für Schwimmbad, Sauna und Spa, der Interbad, statt.

Das Wasser für den Eröffnungsaufguss, um den sich Finnlands Botschafterin Anne Sipiläinen kümmert, wurde den Veranstaltern zufolge extra aus dem finnischen Tampere in die Schwabenmetropole gebracht. Die finnische Saunakultur hat es 2020 in die Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes geschafft hat.

Doch wie haben es die Finnen mit der Sauna in Zeiten der Energiekrise? Die Regierung in Helsinki hat bereits dazu geraten, besonders in den kalten Wintermonaten lieber zweimal zu überlegen, ob und wie oft die elektrische Sauna angeschmissen wird.

Die Mehrheit der Menschen im nördlichsten Land der Europäischen Union sauniert normalerweise mindestens einmal pro Woche. Angesichts der stark gestiegenen Energiepreise sind auch sie sehr beunruhigt - nicht zuletzt um den Betrieb ihrer geschätzten Schwitzstuben zu Hause. (dpa/ad)

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