Werbekampagne

WhatsApp verspricht mehr Privatsphäre-Funktionen

14.06.2021
Nach dem Streit über die neuen Nutzungsregeln geht WhatsApp in die Offensive. Der Chatdienst legt eine Werbekampagne auf, die seine Verschlüsselung in den Vordergrund stellt
WhatsApp betont die Verschlüsselung der Kommunikation. Aber reicht das, um Vertrauen zurückzugewinnen?
WhatsApp betont die Verschlüsselung der Kommunikation. Aber reicht das, um Vertrauen zurückzugewinnen?
Foto: Antonio Salaverry - shutterstock.com

WhatsApp bekräftigt nach der Kontroverse um seine neuen Nutzungsregeln das Festhalten an Komplett-Verschlüsselung - und stellt neue Funktionen zum Schutz der Privatsphäre in Aussicht. Dazu gehört die Möglichkeit, Nachrichten zu verschicken, die vom Empfänger nur einmal angesehen werden können. Das könne zum Beispiel nützlich sein, wenn man Familienmitgliedern ein Passwort schicken muss, sagte WhatsApp-Chef Will Cathcart.

Auch wird man voreinstellen können, dass neue Chats nach einer bestimmten Zeit von alleine verschwinden. Er gehe davon aus, dass dieser Modus bei vielen Leuten populär sein werde, sagte Cathcart. "Die Menschen wollen insgesamt nicht, dass ihre Nachrichten für immer erhalten bleiben", betonte er. "Wenn wir uns unterhalten, haben wir kein Aufnahmegerät dabei. Insofern ist es seltsam, dass digitale Chat-Plattformen die für immer speichern." Die Möglichkeit, Chats nach einer Woche verschwinden zu lassen, stellte WhatsApp bereits im vergangenen Jahr vor.

Das zu Facebook gehörende Unternehmen startet am Montag eine Anzeigenkampagne zum DatenschutzDatenschutz in Deutschland und Großbritannien, die zu ihren wichtigsten Märkten gehören. Die kurzen Werbevideos heben hervor, dass bei WhatsApp verschickte Inhalte dank der sogenannten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung grundsätzlich nur für die beteiligten Nutzer im Klartext sichtbar sind. Alles zu Datenschutz auf CIO.de

Ende-zu-Ende-Verschlüsselung soll bleiben

WhatsApp hat mehr als zwei Milliarden Nutzer. Der Dienst hatte in den vergangenen Monaten nach der Ankündigung neuer Nutzungsregeln aber mit Kritik und einer Abwanderung von Nutzern zu kämpfen. Auslöser war die Einschätzung, dass mit dem Mitte Mai in Kraft getretenen Update mehr Daten mit der Konzernmutter Facebook geteilt werden sollen. WhatsApp wies dies als Missverständnis zurück und betonte wiederholt, dass die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, mit der auch der Dienst selbst keinen Zugang zu Inhalten habe, nicht aufgeweicht werde.

Der WhatsApp-Chef räumte Fehler bei der Ankündigung der neuen Regeln ein. "Wir müssen klar kommunizieren, was wir machen und warum." Dies habe WhatsApp verpasst. "Wir wurden erst klarer, als wir die Verwirrung sahen. Das geht auf unsere Kappe", sagte Cathcart. Eine Werbekampagne für Ende-zu-Ende-Verschlüsselung habe WhatsApp zwar schon vorher geplant. Aber nach der Kontroverse der vergangenen Monate habe man noch mehr Gründe, darüber zu sprechen.

Inzwischen habe ein überwiegender Großteil der Nutzer, die bereits nach ihrer Zustimmung zu den neuen Regeln gefragt wurden, sie akzeptiert, sagte Cathcart. Genaue Zahlen nannte er nicht. Einige hätten die Anfrage nach Zustimmung noch nicht erhalten.

WhatsApp-Nutzer müssen keine Konsequenzen mehr fürchten

Ursprünglich sollten Nutzer, die den neuen Regeln nicht zustimmen, mit der Zeit den Zugriff auf Grundfunktionen verlieren. Inzwischen drohen ihnen keine Konsequenzen mehr. Nur die neuen Funktionen zur Kommunikation mit Unternehmen wird man lediglich nach Zustimmung zum Update nutzen können. WhatsApp zufolge waren sie der zentrale Grund für die Änderung der Nutzungsbedingungen.

Der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar schritt dennoch ein und erließ Mitte Mai vorsorglich eine Anordnung, mit der Facebook die Verarbeitung von WhatsApp-Daten deutscher Nutzer untersagt wurde. Sie gilt für drei Monate, weil in Europa für Facebook eigentlich die irische Datenschutz-Behörde zuständig ist. Caspar warnt unter anderem, dass mit den neuen Nutzungsbedingungen ein Einsatz von Daten zur Verbindung mit Produkten von Facebook-Unternehmen möglich gemacht werde.

Die Kommunikation zwischen Unternehmen und ihren Kunden ist der aktuelle Plan, wie Facebook schließlich Geld mit WhatsApp verdienen will. Das weltgrößte Online-Netzwerk übernahm WhatsApp 2014 für am Ende rund 22 Milliarden Dollar. Mit dem Kauf nahm Facebook zwar einen potenziellen Rivalen vom Markt, der Dienst trug bisher aber kaum zum Konzerngewinn bei.

Cathcart kritisierte, dass einige Regierungen versuchten, die Verschlüsselung in Chat-Diensten aufzuweichen. "Ich hoffe, dass Regierungen mit der Zeit einsehen, dass die wichtigste Rolle, die sie spielen können, ist, für mehr Sicherheit zu sorgen" - zum Beispiel, indem sie Standards für Unternehmen vorgeben. WhatsApp argumentiere bei Regierungen, dass Ende-zu-Ende-Verschlüsselung die Sicherheit der Bürger schützen helfe. Facebook halte weiterhin an dem Plan fest, die Komplett-Verschlüsselung auch in seinen zweiten Chatdienst Messenger zu bringen, sagte Cathcart.

In mehreren Ländern laufen Versuche von Regierungen und Behörden, die Komplett-Verschlüsselung in Chatdiensten wie WhatsApp auszuhebeln. Auch in Deutschland gibt es einen Gesetzentwurf, mit dem dem Verfassungsschutz die Quellen-Telekommunikationsüberwachung auch in verschlüsselten Chatdiensten ermöglicht werden soll.

Bei klassischen SMS-Nachrichten ist es schon lange so, dass Telekommunikationsanbieter Behörden die Überwachung ermöglichen müssen. Für verschlüsselte Chatdienste gilt das bisher nicht. Sicherheitsbehörden kritisieren, dass sie dadurch nicht an die Kommunikation von Kriminellen oder Extremisten herankämen. Jüngst gelang internationalen Polizeibehörden aber ein großer Schlag gegen das organisierte Verbrechen - ausgerechnet mit Hilfe einer Chat-App. Die Ermittler hatten es geschafft, ihre angeblich abgesicherte App als Kommunikationsweg in kriminellen Kreisen zu etablieren. (dpa/rs)

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