Gartner Magic Quadrant

Ära der MDM-Spezialisten ist noch nicht vorbei

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Citrix ist der Aufsteiger des Jahres in Gartners Anbieterliste für Mobile Device Management. Ansonsten stehen die gleichen Spezialisten ganz oben wie im Vorjahr. SAP hat sich in die beste Kategorie emporgeschwungen. Die Bemühungen von Security-Spezialisten kranken noch an ihrer Endpoint-Lastigkeit.
MDM-Lösungen helfen, den mobilen Flohzirkus in Unternehmen zu hüten.
MDM-Lösungen helfen, den mobilen Flohzirkus in Unternehmen zu hüten.
Foto: Kurhan, Fotolia.com

Ein buntes Sammelsurium fügt Gartners „Magic Quadrant" für Mobile Device Management (MDM) zusammen. Breit aufgestellte Software-Riesen wie SAP und IBM tummeln sich neben klarer konturierten Software-Anbietern wie Citrix, Mobility-Urgesteinen wie BlackBerry und Security-Größen wie Symantec, McAfee und Kaspersky Lab. Hinzu kommen die reinen MDM-Spezialisten wie MobileIron oder Airwatch. Sie werden von den Markforschern aktuell an die Spitze der Rangliste gesetzt, gemeinsam mit Citrix.

Microsoft nicht dabei

SAP steht nicht ganz vorne, wird mittlerweile aber immerhin unter die sechs „Marktführer" eingestuft. Damit positioniert Gartner die Walldorfer klar vor dem „Visionär" IBM, bei dem es in den Augen der Analysten Phillip Redman, John Girard, Terrence Cosgrove und Monica Bassonoch noch mit Umsetzung und konzeptueller Vielfalt hapert. Am Ende des Tableaus ordnet Gartner selbst unter den „Nischenspielern" McAfee, Kaspersky Lab und BlackBerry weit hinten ein. Zur Ehrenrettung dieser Anbieter sei gesagt, dass es aus dem breit gefächerten Markt nur 18 Anbieter in den Quadrant geschafft haben und prominente Namen wie Microsoft oder Dell Kace (noch) fehlen. Zum Teil liegen die Schwächen auch klar auf der Hand. BlackBerry etwa ist recht frisch auf dem Markt, und das mit einer wenig überraschend weitgehend auf die eigenen Geräte beschränkten Lösung.

Phillip Redman, Mitautor der Studie: "Gartners Position ist, dass alle Firmendaten geschützt und gemanagt werden sollten."
Phillip Redman, Mitautor der Studie: "Gartners Position ist, dass alle Firmendaten geschützt und gemanagt werden sollten."
Foto: Gartner

Genau das widerspricht aber fundamental einem von vier Punkten, die Gartner als entscheidende Entscheidungskriterien bei der MDM-Wahl ausmacht: „Cross-Platform Needs". „Mehr denn je beginnen Firmen damit, verschiedene Betriebssysteme zu unterstützen", heißt es in der Studie. Obwohl Apple momentan die Smartphone-Landschaft in den Unternehmen beherrsche, sorgten die Mitarbeiter für eine wachsende Vielfalt an mobilen Endgeräten. Je bunter die mobile Landschaft, umso notwendiger wird laut Gartner MDM.

BlackBerry: Durchwachsene Zeugnis

Weil die MDM-Provider aber just mit der Integrationsleistung ihrer Lösungen punkten, fällt das Gartner-Urteil über BlackBerrys im Januar auf den Markt gebrachtes Produkt BlackBerry Enterprise Service 10 (BES 10) zwiespältig aus. Der Provider habe „einen einzigartigen und sicheren Weg" geschaffen, MDM-Traffic durch seine Infrastruktur zu schleusen – und zwar ohne Einsatz eines separaten Virtual Private Network (VPN). Dennoch komme die Lösung nur in Frage, wenn ein reines BlackBerry-Umfeld gemanagt werden soll oder iOS-Geräte in ein solches integriert werden sollen.

Neben der Fähigkeit, Betriebssystem-Grenzen zu überwinden, benennen die Studienautoren drei weitere Entscheidungskriterien aus Anwendersicht: interne Management-Ressourcen, Datenkomplexität und Delivery. Die meisten MDM-Käufe seien auf höchstens 500 Endgeräte ausgerichtet, und zwar unabhängig von der Unternehmensgröße. Der limitierende Faktor seien hier die begrenzten Management-Ressourcen in den IT-Abteilungen. Überdies seien kleine und mittelständische Anwender für rund die Hälfte des weltweiten Umsatzes verantwortlich.

„Gartners Position ist, dass alle Firmendaten geschützt und gemanagt werden sollten", führen die Analysten zur Datenkomplexität an. MDM sei dafür ein Anfang, indem die Anwender zur Entwicklung einer Verschlüsselungs- und Authentifizierungs-Strategie animiert werden. Darüber hinaus halte man Container für das Management von E-Mails und anderen mobilen Inhalten für sinnvoll. Beispiele seien File Sharing, Enterprise Apps und Sales Force Automation (SFA). Derlei wird inzwischen von MDM-Providern angeboten. Nach Gartners Einschätzung sollten die Anwender darauf besonders achten.

Cloud oder On-Premise?

Im Bereich „Delivery" müssen sich die Unternehmen laut Gartner entscheiden, ob es On-Premise-MDM oder lieber das Modell Cloud Computing respektive Software-as-a-Service (SaaS) sein soll. Lösungen aus der Wolke seien für kleinere Firmen vor allem aus Kostengründen attraktiv. Das sei für größere Unternehmen auch der Fall, wenn sie in einem nicht-regulierten Umfeld tätig seien. Für international agierende Konzerne könne die Aussicht auf geringeren Aufwand beim Hardware- und Server Management den Ausschlag für die Cloud geben. MDM Managed Services seien mittlerweile ebenfalls im Markt vertreten, aber das noch mit begrenzten Einsatzmöglichkeiten.

Diesen Anforderungskatalog erfüllen wie im Vorjahr die Spezialisten am bestem. AirWatch lobt Gartner für die Breite und Reife der Funktionen, die Mobile Security für Fortgeschrittene, Application Security & Management, Mobile Content Management (durch Secure Content Locker) und Mobile Email Management enthalte. Hinzu komme Enterprise Back-End Infrastructure Integration. Zu 70 Prozent greifen die Kunden auf Cloud-Angebote zurück, aber Gartner lobt ebenfalls das umfassende On-Premise-Angebot. AirWatch sei für Unternehmen jeder Größe zu empfehlen – vor allem dann, wenn die MDM-Anforderungen breit gefächert sind.

Ähnlich umfassend ist die Gartner-Empfehlung für MobileIron. Im Speziellen geht sie an Anwender, die ein Appliance-Modell favorisieren. Der kalifornische Anbieter ist zum dritten Mal in Folge im Spitzenfeld des Quadrants zu finden. Gartner führt den Erfolg insbesondere auf die Zusammenarbeit mit vielen Vertriebspartnern und den weltweiten Verkauf von MDM als Apps zurück. Gelobt werden Support und Kundendienst.

Citrix ist Aufsteiger des Jahres

Aufsteiger des Jahres ist aber eindeutig Citrix, das erst durch die Übernahme von Zenprise mit dem Produkt XenMobile MDM überhaupt erst das MDM-Spielfeld betrat und sich auf Anhieb unter den Top Three positioniert. Qualitativ war Zenprise nach Gartner-Einschätzung schon seit längerem stark, allerdings litt der Anbieter unter einem Mangel an Marktpräsenz und Bekanntheit. Dieses Problem ist durch die Übernahme durch Citrix nun behoben. Gartner geht davon aus, dass weitere Investitionen und Integrationsarbeiten die Lösung auch künftig nach vorne bringen.

Der MDM-Markt ist alles in allem immer noch vergleichsweise jung und äußerst dynamisch. Die Analysten von IDC prognostizierten vor einigen Monaten eine globale Marktentwicklung von einer knappen halben Milliarde US-Dollar Umsatz auf knapp 2 Milliarden Dollar bis 2016. Viele Einsteiger müssen auf dem ständig umgepflügten Gelände erst Schritt fassen. Gartners Magic Quadrant macht exemplarisch am Beispiel McAfee deutlich, welche Schwierigkeiten die etablierten Security-Anbieter dabei noch haben. McAfee platziere seine MDM-Lösung gestützt auf seine gute Security-Reputation als Zusatzleistung für bestehende Verträge. Man sei aufgrund seiner Herkunft stark auf Malware-Schutz, Data Loss Prevention, Zugangskontrollen und ähnliche klassische Security-Instrumente ausgerichtet.

Das Dilemma der Gartner-Analyse wird umso klarer, wenn man sich vor Augen führt, dass die Analysten-Kollegen von IDC von einer zunehmenden Verschmelzung von MDM mit Mobile Application Management (MAM) ausgehen. Für McAfee konstatiert nun Gartner: Wer MAM- und Container-Lösungen auf dem neuesten Stand sucht, wird McAfees Enterprise Mobility Management (EMM) mit anderen Produkten kombinieren müssen. Deshalb ist der Abstand zu den genannten Marktführern im Magic Quadrant noch groß. Gleichwohl hat es auch seinen Grund, dass McAfee es überhaupt in die enge Auswahl geschafft hat. Das vorhandene Angebot ist laut Gartner derzeit insbesondere für bestehende Kunde interessant, die eine Integration von MDM mit Lösungen für Enterprise Endpoint Protection (EPP) suchen.

Derartige Synergien sind es, die anderswo etablierte Anbieter den MDM-Spezialisten mit ihren ausgereiften Angeboten entgegenzusetzen haben. SAP hat es auf diesem Weg nun sogar in die Spitzengruppe geschafft. Als einen zusätzlichen Baustein im Software-Portfolio übernahmen die Walldorfer vor einiger Zeit Mobility-, Security- und Anwendungsentwicklungs-Ressourcen von Sybase und begannen mit der MDM-Entwicklung unter dem Label Afaria. Den eigenen Hauptzielen Skalierbarkeit, Integration, App-Entwicklung und Benutzerfreundlichkeit ist SAP im vergangenen Jahr laut Gartner unter anderem durch einen Ausbau des Zertifikat-Managements näher gekommen. Zudem hat der badische Riese in den vergangenen Monaten die Zusammenarbeit mit CA Technologies bei Afaria begonnen und im Reseller-Bereich durch die Lizenzierung an Ingram Micro als weltgrößtem Technologiehändler seine Position gestärkt.

MDM aus Walldorf ist laut Gartner vor allem für Firmen attraktiv, die ohnehin in SAP-Produkte und –Services investieren. Einen spezifischen Mehrwert stelle die Verzahnung von MDM und Tools für die Anwendungsentwicklung dar. Stark sei außerdem Afarias Container-Architektur und sein Partnerprogramm mit über 100 unabhängigen Software-Anbietern.

IBM braucht noch Reife

IBM benötigt nach dem Einstieg ins MDM-Geschäft durch die Übernahme von BigFix offenbar noch etwas mehr Zeit zur Entwicklung. So sei IBM MDM relativ neu und werde vor allem deshalb vorangetrieben, um die das mobile Angebot für Großkunden auszuweiten, so Gartner. Die Analysten verteilen ein Kompliment für die Integration mit den Entwicklungsplattformen IBM Worklight und – für mobile Endgeräte – IBM Endpoint Manager. Wo McAfee schwächelt, punktet IBM. Die Ausweitung der MAM-Kapazitäten sei geplant, so Gartner. IBM MDM komme momentan vor allem für große Firmen in Frage, die ihren Support über Client- und Device-Grenzen hinweg ausdehnen wollen.

Der „Magic Quadrant for Mobile Device Management Software" ist bei Gartner erhältlich. Im Vergleich zum Vorjahr sind Absolute Software, Kaspersky Lab und BlackBerry neu in der Liste. Herausgeflogen sind Amtel, MYMobileSecurity, OpenPeak, SilverbackMDM und Smith Micro Software. Citrix hat den Platz von Zenprise übernommen. (CIO.de/mb)

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