Digitale Transformation

Der Chief Digital Officer leistet noch Pionierarbeit

Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
CDOs der ersten Generation müssen in ihren Organisationen noch viel Überzeugungsarbeit leisten. Kulturelle Widerstände und starre Strukturen bremsen die digitale Transformation, wie eine internationale Studie zeigt.

Welche Rolle spielt der Chief Digital Officer (CDO) im Unternehmen? Wie groß ist sein Einfluss und welchen Beitrag leistet er auf dem steinigen Weg der digitalen Transformation? Diesen und weiteren Fragen ging die Unternehmensberatung Egon Zehnder auf den Grund. Sie befragte mehr als 100 CDOs großer Unternehmen aus 20 Ländern zu ihren Erwartungen und Erfahrungen, darunter auch deutsche Manager. Die Digitalchefs schätzen demnach ihren Wertbeitrag und den Einfluss auf den Transformationsprozess als hoch ein. Zugleich aber konzedieren sie, Widerstände auf kultureller und organisatorischer Ebene unterschätzt zu haben.

84 Prozent der interviewten Manager sind die ersten, die in ihrem Unternehmen eine CDO-Rolle übernommen haben; zwei Drittel sind höchstens drei Jahre im Amt.
84 Prozent der interviewten Manager sind die ersten, die in ihrem Unternehmen eine CDO-Rolle übernommen haben; zwei Drittel sind höchstens drei Jahre im Amt.
Foto: metamorworks - shutterstock.com

CDOs sind noch Pioniere

In den meisten Fällen handelt es sich bei den CDOs um Pioniere, lautet ein weiteres Ergebnis der Studie. 84 Prozent der Interviewten sind die ersten, die in ihrem Unternehmen eine CDO-Rolle übernommen haben; zwei Drittel sind höchstens drei Jahre im Amt. In ihren Organisationen sind sie durchaus einflussreich: 63 Prozent berichten direkt an den CEO, 55 Prozent tragen eine Profit-and-Loss-Verantwortung (Ergebnisverantwortung) für ihre Einheit. Dass das interne Know-how in Sachen digitale Transformation oft nicht ausreicht, zeigt die Tatsache, dass 64 Prozent der aktiven Digitalchefs nicht aus dem eigenen Unternehmen kommen.

Welche Aufgaben übernimmt der CDO?

Ein relativ klares Bild ergibt sich bei der Frage, wie die CDOs ihre Rolle im Unternehmen verstehen. 56 Prozent sehen ihre wichtigste Aufgabe darin, die wirtschaftliche Position des Unternehmens zu verbessern und neue digitale Einnahmequellen zu erschließen. Knapp einem Fünftel geht es vorrangig darum, die langfristige Produktstrategie sowie Innovationen voranzutreiben. Nur zehn Prozent nennen die kulturelle Weiterentwicklung, drei Prozent das Thema Datenintegration.

Angesichts des Drucks, schnell Ergebnisse zu liefern, denkt die Mehrheit der CDOs eher kurz- bis mittelfristig, kommentieren die Unternehmensberater. Allerdings gebe es auch Digitalmanager, die mit dem Ziel einer längerfristigen Weiterentwicklung des Unternehmens eingestellt wurden. In der Praxis kämpften viele CDOs mit einem Spagat zwischen kurz- und mittelfristigen Zielen, der ohne die Unterstützung weiterer Topmanager kaum zu schaffen sei.

Der CDO ist eher Evangelist als Macher

Wie zerrissen viele Chief Digital Officer in ihrer täglichen Arbeit sind, zeigen die Antworten auf die Frage: "Verbringen Sie mehr Zeit mit Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit oder mit dem Umsetzen strategischer Maßnahmen?" Mehr als die Hälfte der Digitalchefs (54 Prozent) nennt die erste Option. Nur 18 Prozent geben an, mehr oder zumindest genauso viel Zeit auf die Umsetzung zu verwenden. Diese Ergebnisse stehen im Widerspruch zu den oft hochgesteckten Zielen, für die die CDOs eigentlich eingestellt wurden, beobachten die Experten von Egon Zehnder. Sie liefern auch eine mögliche Erklärung: Nur ein Viertel der CDOs berichtet, dass die eigene Organisation zu ihrem Amtsantritt schon bereit für die digitale Transformation gewesen sei.

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