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Hamburg: Verwaltung neu denken

21.08.2019
Von Christian Pfromm

Ansprüchen gerecht werden

Dazu müssen wir nicht an der Speerspitze der technologischen Möglichkeiten stehen und jedem Trend folgen. Wir brauchen zeitgemäße IT und einen gewandelten Blick auf das, was wir jenseits der Technik ändern wollen. Wenn wir unsere Dienste nach der momentanen behördlichen Prozesslogik digital abbilden, werden diese in den meisten Fällen nicht die Ansprüche an nutzerfreundliche Online-Services erfüllen. Damit unsere Angebote den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger entsprechen, müssen wir sie als unsere Kunden in den Mittelpunkt unserer Überlegungen rücken. Und wir müssen unsere internen Prozesse daran anpassen.

Mit diesem Ziel vor Augen können moderne Online-Services gelingen. Und wenn wir dabei gleichzeitig unsere internen Prozesse besser gestalten können, umso besser.

Warum ist das so herausfordernd, obwohl es sich theoretisch so einfach beschreiben lässt? Prozesse, die sich an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger ausrichten, halten sich in der Regel nicht an die jeweiligen Zuständigkeitsbereiche der Organisation. Eltern kennen dieses Phänomen, müssen sie zum Beispiel bei der Geburt eines Kindes verschiedene Stellen von Verwaltung aufsuchen, um die Geburt anzuzeigen und Kindergeld zu beantragen.

Eine wichtige Antwort auf diese Herausforderungen heißt in Hamburg "DigitalFirst". Und man könnte ergänzen: "UserFirst". Mit dem Vorhaben DigitalFirst werden die Hamburger Behörden bei der digitalen Transformation ihrer Verwaltungsdienstleistungen organisatorisch und technisch von zentraler Stelle unterstützt. Ausgehend von vier Leitlinien werden Online-Services mit Hilfe neuer Methoden wie Design ThinkingDesign Thinking prozessual neu gedacht, technisch auf Basis einer modularen Plattformlösung abgebildet und damit ganzheitlich konsequent neu konzipiert und umgesetzt. Alles zu Design Thinking auf CIO.de

Mit Hilfe von vier Leitlinien werden alle bereits bestehenden Online-Services und neue Verwaltungsdienstleistungen überarbeitet beziehungsweise neu konzipiert.

1. Digitale Kommunikation: Wir bieten in Hamburg zukünftig alle Dienstleistungen der Verwaltungen vorrangig digital an. Was online möglich ist, soll auch online zugänglich sein, gleichermaßen für die Bürgerinnen und Bürger wie für Unternehmen. Verwaltungsleistungen werden somit grundsätzlich orts- und zeitunabhängig angeboten, der "Gang zum Amt" ist nicht mehr erforderlich. Für Unternehmen steht künftig ausschließlich der elektronische Weg offen.

2. Vermeidung von Mehrfacheingaben nach dem Once-only-Prinzip: Bereits in der Verwaltung vorhandene Daten müssen nicht erneut in Online-Formulare eingetragen werden, sondern können automatisch ergänzt werden. Dabei haben die Bürgerinnen und Bürger jederzeit die Transparenz über die Verwendung ihrer Daten und können nachvollziehen, ob, wie und in welchen Verfahren die Verwaltung die bei ihr gespeicherten Daten verwendet.

3. Automatisierung: In Anbetracht des zu erwartenden demografischen Wandels muss die Verwaltung danach streben, immer mehr Prozesse zu automatisieren und auch Entscheidungen stärker als heute maschinell ­unterstützt herbeizuführen. Vorgangsbearbeitung, Entscheidungsfindung und -übermittlung sollen in Standardfällen auf Seiten der Verwaltung möglichst automatisiert erfolgen. Um Einzel- und Sonderfälle kümmern sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wir durch die Automatisierung weitgehend entlasten.

4. Proaktives Verwaltungshandeln: Soweit möglich, werden die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger proaktiv und antragslos erledigt, so dass im besten Fall keine gesonderte Antragsstellung für eine Dienstleistung notwendig ist. Zum Beispiel muss erwogen werden, ob im Falle der in Hamburg gesetzlich garantierten Grundbetreuung eines Kindes ab dem ersten Lebensjahr in einer Kindertagesstätte auf einen Antrag von Seiten der Eltern verzichtet werden kann.

Neue Arbeitsmethoden sollen uns ermöglichen, über Jahre oder Jahrzehnte eingeübte Prozesse - von den Bürgerinnen und Bürgern aus - konsequent neu zu denken. Wir nutzen dafür in erster Linie Workshops, die nach der Methode des Design Thinking vorgehen. Dazu arbeiten Projekt- und IT-Spezialisten, Fachleute der Verwaltung und Vertreterinnen und Vertreter der Bedürfnisse von Bürgerinnen und Bürgern zusammen. Gemeinsam wird die zu digitalisierende Dienstleistung "neu gedacht".

Da die bisherigen Prozesse auf organisatorischen und rechtlichen Vorgaben basieren, gilt es zunächst, die damit einhergehenden - oft vermeintlichen - Restriktionen bewusst auszuklammern. Je nachdem, worin diese Restriktionen bestehen, können sie, im Anschluss betrachtet, wichtige Impulse und konkrete Hinweise auf Bedarfe bei der Anpassung der Rechtssetzung geben.

In der Entwicklung wenden wir agileagile Methoden an, die uns helfen, schneller zu werden und Fehlentscheidungen rascher zu erkennen. Ziel sind hier rasche Ergebnisse, die sukzessive ausgebaut werden. Die Zeiten von langwierigen Konzeptphasen und ebenso langatmigen Entwicklungsphasen sind damit auch in der Verwaltung passé. Alles zu Agile auf CIO.de

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