Strategien


VILLEROY & BOCH

IT-Controlling mit Augenmaß

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.

Ohne Projekt-Controlling geht nichts

Bleibt das Projekt-Controlling. „Das ist das Wichtigste. Da werden die Dinge schnell doppelt so teuer“, sagt Meinhard Holle, CIO der Unternehmensgruppe Tengelmann. Best-Practice-Anleitungen zur Software-Entwicklung (CMM von der Carnegie Mellon University inPittsburgh, Bootstrap aus Fremont in Kalifornien, Spice von der ISO) und zur Durchführung von IT-Projekten allgemein (PMBOK vom Project Management Institute in Pennsylvania, APM97 von der britischen Association for Project Management, COBIT vom internationalen Verband der IT-Prüfer ISACA) gibt es zwar reichlich; ihre große Zahl ist allerdings auch symptomatisch für den Bedarf. „Wenn jemand bei einem Projekt 25 bis 50 Prozent über den Kosten liegt, dann wird das häufig noch als Punktlandung verstanden“, lästert Holle.

Bei Tengelmann hat er deswegen eine so genannte Projekt-Assurance nach dem Vorbild von IBMIBM eingeführt. Neben den fünf Controllern in der 300 Mann starken IT des Unternehmens leistet sich der CIO drei Stellen für erfahrene Projekt-Manager. Die Mitarbeiter vom Rang eines Hauptabteilungsleiters sind bei Verhandlungen der Fachabteilungen mit externen Unternehmensberatern zugegen und weisen auf Fallstricke hin. Sie können die Verkaufstricks der Berater leicht aufdecken, da sie sie selbst lange genug angewendet haben.

Villeroy & Boch leistet sich eine solche Projekt-Assurance nicht. Wenn demnächst das Business-Warehouse von SAPSAP im Unternehmensbereich „Bad und Küche“ eingeführt wird, dann schickt Ochs keinen Extrastab an die Einsatzstelle. Er vertraut darauf, dass seine Mitarbeiter die Controlling-Instrumente selbst richtig einsetzen und das Volumen von einer halben bis dreiviertel Million Euro nicht überschreiten. Ochs sieht hier, bei den Projekten, die größten Chancen, die Sparvorgaben von fünf Prozent zu erfüllen. Er wird an fremden Beratern sparen. „Einige ProjekteProjekte müssen nicht zwingend mit externen Leistungen beschleunigt werden“, sagt Ochs; und: „Ein Projekt, das sein Budget überschreitet, ist ein nutzloses Projekt.“

Ochs hat es weitestgehend geschafft, die Informationstechnik für das zentrale Controlling transparent zumachen. Die ehemaligen IT-Leiter aus den vier Unternehmensbereichen und an den 22 Standorten vonVilleroy & Boch haben dabei an Einfluss verloren. Einer habe das Unternehmen im Zorn verlassen, einige seien altersbedingt ausgeschieden. Für viele habe es aber verträgliche Lösungen gegeben, sagt Ochs.

Torten und Balken fürs Management

Es scheint sich bestätigt zu haben, dass einige EDV-Mitarbeiter vom alten Schlag eben kein Controlling mögen. Jochen Michels, Berater und passionierter Sammler von Rechenzentren-Benchmarks, erklärt das so: „Die eine Hälfte hat Angst, und die andere Hälfte ist einfach arbeitsscheu.“ Preisspreizungen von bis zu tausend Prozent für die gleichen Warenkörbe will er in Rechenzentren beobachtet haben.

Beträge von mehr als zehn Millionen Euro auf einer Kostenstelle kennt auch Martin Herrmann, der an der Münchner Controller Akademie Kurse für IT-Leiter anbietet. Dabei verstecke sich hinter den Globalsummen nicht immer der böse Wille, Transparenz zu verhindern; es fehle einfach die Einsicht, dass es nützlich sein kann, die eigene Leistung quantifizierbar zu machen. Man wisse ja, was man leistet. Sollen die anderen doch bitte zur Kenntnis nehmen, dass man sein Bestes gibt.

Die verbliebenen ITler bei Villeroy & Boch haben mittlerweile das Selbstbewusstsein, dass sie sich nicht persönlich in Frage gestellt fühlen, wenn der Chef ihre Leistungen mit Benchmark-Daten von Herstellern wieSAP oder Unternehmensberatern wie Compass vergleicht. Zweimal pro Woche trifft sich Ochs mit dem Leiter des zentralen Controlling. „Insgesamt investiere ich 10 bis 15 Prozent meiner Arbeitszeit für Controlling.“ Drei- bis viermal im Monat marschiert er mit strategischen Fragen direkt zum Finanzvorstand, der dann mit Excel aufgepeppte Daten aus SAP zu sehen bekommt. Aufwendigere Tools nutzen andere CIOs meist auch nicht. Holle von Tengelmann bestätigt: „Es reichen Torten oder Balken. Das Management liebt es, wenn die Informationen stets in derselben Form dargestellt werden.“

Auf dem Flur vor Ochs’ Büro, gegenüber vom Feuerlöscher, hängen auf eine Spanplatte geklebte Kacheln mit Pfauen als Motiv. Das Exponat zeigt, womit das Unternehmen Villeroy & Boch seit 1748 beständig gewachsen ist. „Kacheln“ heißt der Unternehmensbereich, der genau wie „Küche und Bad“ und „Tischkultur“ rund 300 Millionen Euro Umsatz bringt. In den Präsentationsräumen des Hauses sind diese Lifestyle-Produkte schön zu sehen - im Büro des IT-Leiters nicht. Dort regiert der Charme von 1970 - und die Idee des Shareholdervalue aus dem Jahr 1990, als Villeroy & Boch an die Börse ging. Ochs hat damit kein Problem: „Bei uns redet niemand mehr darüber, dass die IT zu teuer sei. Über OutsourcingOutsourcing können wir jetzt sehr abstrakt sprechen.“ Alles zu IBM auf CIO.de Alles zu Outsourcing auf CIO.de Alles zu Projekte auf CIO.de Alles zu SAP auf CIO.de

Zur Startseite