"Harte Einschnitte" geplant

Sewing will Deutsche Bank weiter entrümpeln

23.05.2019
Seit Jahren müht sich die Deutsche Bank um Besserung. Konzernchef Sewing will weiter durchgreifen. Reicht das, um die Aktionäre zu besänftigen?
Deutsche Bank CEO Christian Sewing spart noch mehr.
Deutsche Bank CEO Christian Sewing spart noch mehr.
Foto: Deutsche Bank

Die Deutsche BankDeutsche Bank setzt erneut den Rotstift an. Ein Jahr nach dem ersten Sparprogramm kündigte der seit April 2018 amtierende Konzernchef Christian Sewing weitere Kürzungen an: "Wir sind zu harten Einschnitten bereit." Im Fokus dabei vor allem: das zuletzt verlustreiche Kapitalmarktgeschäft. Top-500-Firmenprofil für Deutsche Bank

"Wir werden die Transformation beschleunigen - indem wir unsere BankBank konsequent auf die profitablen und wachsenden Bereiche ausrichten, die für unsere Kunden besonders relevant sind", betonte Sewing bei der Hauptversammlung des Dax-Konzerns am Donnerstag in Frankfurt. "Wir haben immer noch zu hohe Kosten, die wir nicht direkt einer Leistung für unsere Kunden zuordnen können." Top-Firmen der Branche Banken

Auch der Aufsichtsrat drückt aufs Tempo - erst recht nach der Absage einer Fusion mit der Commerzbank. "Wir müssen noch schneller und radikaler umbauen", forderte Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Sewing sei der richtige Mann für diese Aufgabe.

Alle Ziele für 2018 erreicht

Unter seiner Führung habe der Vorstand 2018 alle Ziele erreicht: die Kosten sanken, die Zahl der Vollzeitstellen schrumpfte um fast 6.000 auf 91.700, der Kapitalpuffer für Krisenzeiten blieb über der Zielmarke von 13 Prozent. Achleitners Bilanz: "Trotz aller Schwierigkeiten: Ich sehe, dass wir auf dem richtigen Weg sind."

Die Kritik ist dennoch groß - auch an dem seit sieben Jahren amtierenden Chefkontrolleur des größten deutschen Geldhauses. Sewing ist bereits der vierte Vorstandschef in der Ära Achleitner, der sich um eine Trendwende müht.

Im vergangenen Jahr gab es immerhin den ersten Jahresgewinn seit 2014. Doch das erste Quartal 2019 zeigte, wie angespannt die Lage nach wie vor ist: Die Deutsche Bank verdiente nur 201 Millionen Euro, während die US-Konkurrenz Milliardengewinne einfuhr. Ausgerechnet am Tag der Hauptversammlung sackte der Kurs der Deutschen-Bank-Aktie auf ein Rekordtief von 6,35 Euro ab.

Problemfall Investmentbanking

Immer mehr zur Bürde entwickelte sich das Investmentbanking, das vor der Finanzkrise mit Milliardengewinnen glänzte - aber auch etliche Prozesse und Strafzahlungen in Milliardenhöhe auslöste. Nach Sewings Vorstellung soll die Investmentbank künftig nur noch solche Geschäfte machen, die mindestens entweder ausreichend profitabel oder als Dienstleistung für andere Geschäftsbereiche wichtig sind. So will die Deutsche Bank zugleich ihr Kapital werthaltiger einsetzen.

Als positive Beispiele nannte der ehemalige Privatkundenchef Sewing die Beratung von Unternehmenskunden, die Ausgabe von Wertpapieren, die Währungsplattform, den Handel mit Unternehmensanleihen sowie die gewerbliche Immobilienfinanzierung in den USA. Bei anderen Bereichen werde das Management "sehr genau analysieren und dabei künftig genauso diszipliniert und kompromisslos sein wie beim Thema Kosten". Auch die Computersysteme der Bank kommen auf den Prüfstand.

Neuer Fokus

"Unsere Deutsche Bank braucht eine klarere Ausrichtung - eine Bank, die voll auf Kundenbedürfnisse ausgerichtet und gleichzeitig weniger schwankungsanfällig ist", sagte Sewing. Im Privat- und Firmenkundengeschäft, wo die Integration der Postbank in vollem Gange ist, sieht der Manager noch viel Potenzial. Allerdings sei die Sparte in puncto Profitabilität "besser unterwegs, als uns viele zugestehen", stellte Sewing fest.

Die Idee, aus Deutscher Bank und Commerzbank eine schlagkräftigere Einheit zu schaffen, hatten beide Institute angesichts der Risiken eines solchen Großprojekts Ende April beerdigt. "Nun, wenn wir nicht durch einen Zusammenschluss wachsen, dann werden wir es organisch tun - national und international", sagte Achleitner.

Vorstand und Aufsichtsrat stehen unter Druck. Im schlimmsten Fall droht bei dem Aktionärstreffen ein Misstrauensvotum der Anteilseigner: Die Aktionäre könnten der Führung der Bank die Entlastung für die Arbeit im Geschäftsjahr 2018 verwehren - dazu rieten einflussreiche Stimmrechtsberater vor der Hauptversammlung. Ein solches Votum hätte zwar keine rechtlichen Konsequenzen, wäre aber eine herbe Klatsche. (dpa/rs)

Zur Startseite