Strategien


DM-Drogeriemärkte

Wenn alle Bescheid wissen

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
Zulieferer und Mitarbeiter aller Filialen können auf das Data Warehouse der DM-Drogeriekette zugreifen. Eine Server-Web-Lösung liefert tagesaktuelle Zahlen.

In Karlsruhe-Waldstadt ist das Thema Business IntelligenceBusiness Intelligence zwischen Friseur- und Blumenladen gelandet. Markus Oberacker, Leiter der DM-Filiale im Waldstädter Einkaufszentrum, greift auf das Data Warehouse der Drogeriekette zurück, um sein Sortiment zu optimieren. Zwar geben die Marketing-Profis in der DM-Zentrale vor, wie die Produkte in den Regalen zu präsentieren sind; die Vorschläge lassen sich jedoch aus Platzmangel nicht überall realisieren. Mitdenker wie Oberacker entscheiden deshalb vor Ort, wo bei der nächsten Promotion-Aktion die Rasiercreme oder das Shampoo stehen soll.

Der Filialleiter klinkt sich dazu über das Intranet in die Karlsruher DM-Zentrale ein. Dort startet er eine Daten-abfrage darüber, wie die Kollegen aus vergleichbaren Filialen gestern das Sonderangebot verkauft haben. Bevor er dieses an exponierter Stelle parkt, überschlägt Oberacker, wie viel Umsatz damit zu machen sei. Dabei vergleicht er seinen 320-Quadratmeter-Laden ungern mit den im Schnitt 450 Quadratmeter großen Filialen, zumal viele davon in Innenstädten liegen. "Wir sind Nahversorger", sagt Oberacker, "da gehen Putzmittel und all das gut, was schwer zu tragen ist."

Früher hat der Filialleiter einmal pro Monat aus der Zentrale Verkaufszahlen auf Papier geschickt bekommen; heute recherchiert er bei dringenden Fragen selbst. Oberacker greift dabei auf die netztaugliche Software von Microstrategy zurück, die ihm eine eingeschränkte Analyse der Daten erlaubt. Wenn in der Waldstädter Filiale die Grußkarten oder Damenstrümpfe liegen bleiben, kann er belegen, dass diese Artikel in allen kleinen Läden wenig Umsatz bringen. "In einem Unternehmen, wo die Entscheidungen von oben nach unten laufen, sind Sie mit einer solchen Lösung wahrscheinlich verkehrt", erklärt Erich Harsch, Mitglied der Geschäftsleitung.

Harsch und Oberacker kennen sich, da der IT-Manager Harsch neben seinem Fachressort auch ein Vertriebsgebiet verantwortet. Jeder seiner Kollegen aus der Führungs-etage betreut rund 80 Filialen; einen klassischen Vertriebsleiter gibt es nicht. Harsch reist selbst durch Franken und Baden, um regelmäßigen Kontakt zu Mitarbeitern wie Oberacker zu pflegen. Dessen Verkaufszahlen kann Harsch natürlich auch analysieren, ohne vor Ort zu sein. Er klappt seinen Laptop auf (in der DM-Zentrale sind mobile Geräte mittlerweile zahlreicher als Desktops), er startet die Abfrage zur Sortimentsübersicht und zieht seine Schlüsse: "Da haben uns letzte Woche in Waldstadt wohl die Mütter im Stich gelassen."

Hinweisen muss er seinen Filialleiter darauf nicht mehr, denn "Power User" Oberacker kennt die Zahlen bereits. Zwei bis drei Stunden pro Woche hält er sich nach eigenen Angaben im DM-System auf. Einen Nachmittag hat er gebraucht, um die Menüführung zu lernen. Dann begann das Stöbern in den Daten, deren Menge inzwischen auf 1,2 Terabyte angeschwollen ist. Alle Abverkäufe der vergangenen 25 Monate kann Oberacker natürlich nicht analysieren. Soll er auch nicht. "Wir wollen ja nicht, dass die Mitarbeiter in den Filialen nur vor dem Monitor sitzen", sagt Harsch. "Die sollen sich um die Kunden kümmern."

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