Potenziale, Ansätze, Erfolgsfaktoren

Wie sich Digitalisierung rechnet

Jan Rodig leitet das Kompetenzfeld Digital Performance & Analytics bei der Unternehmensberatung Struktur Management Partner. Er ist Experte für die Konzeption und Umsetzung von Digitalstrategien, für digitale Geschäftsmodelle und Digitalorganisationen. Herr Rodig ist Co-Autor mehrerer IoT-Fachbücher, Mitglied der BMWi-Initiative Plattform Industrie 4.0 und war bis 2019 CEO eines von ihm mitgegründeten IoT-Softwaredienstleisters.

Digitale Werthebel nutzen

Wenn es um die Umsetzung geht, stehen Unternehmen folgende drei digitale Werthebel zur Verfügung, um mit digitalen Technologien und Ansätzen einen finanziellen Mehrwert zu schaffen:

  • Prozessdigitalisierung: Dies umfasst alle Maßnahmen, die die Abläufe und Prozesse innerhalb eines Unternehmens schneller, kostengünstiger und weniger fehleranfällig machen, indem digitale Technologien wie die Prozessautomatisierung (RPA), Workflow-Tools und künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen. Dieser Werthebel zeichnet sich durch kurze Umsetzungs- und Amortisationszeiten aus und ist verhältnismäßig wenig risikobehaftet. 82 Prozent der Befragten sehen in diesem Bereich großes Potenzial, digitale Wertsteigerung zu erreichen.

  • Digitales Marketing & Sales: Hier geht es um den (effizienten) Verkauf von Produkten und Dienstleistungen über unternehmenseigene digitale Kanäle sowie die von Drittanbietern und umfasst Aspekte wie E-Commerce (z. B. via Webshop oder Online-Marktplätze), Online-Marketing, D2C und digitale Vertriebsunterstützungstools. Mit 77 Prozent liegt dieser Bereich auf Platz 2, was das zugeschriebene Potenzial für die Wertsteigerung angeht.

  • Digitale Services & Geschäftsmodelle: Dieser Aspekt bezieht sich auf die Schaffung neuer Einnahmequellen, entweder durch digitale Zusatzdienste zu bestehenden Produkten (z. B. ein Autohersteller, der digitale Apps für seine Fahrzeuge anbietet), die Umgestaltung bestehender Geschäftsmodelle (z. B. ein Unternehmen, das ein Pay-per-Use-Modell einführt) oder die Einführung völlig neuer digitaler Geschäftsmodelle. Da solche Innovationen oft mit viel Unsicherheit behaftet sind und eine tiefgreifende Transformation des Unternehmens erfordern, sind dabei die Umsetzungs- und Amortisationszeiten typischerweise am längsten. 74 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass hier großes Potenzial für digitale Wertsteigerung liegt.

Was die eigene Expertise in diesen Bereichen betrifft, ergibt die Befragung ein interessantes Ergebnis: Während sich 44 Prozent der befragten Unternehmen im Bereich Digitale Services und Geschäftsmodelle die höchsten Kompetenzen zuschreiben, liegt dieser Wert hinsichtlich der Prozessdigitalisierung bei nur 33 Prozent.

Oder anders ausgedrückt: Je höher das wahrgenommene Potenzial, desto geringer die wahrgenommene eigene Kompetenz.

Gleichzeitig schätzen die Befragten ihre eigenen Fähigkeiten in diesem Bereich systematisch höher ein als die Fähigkeit ihrer Branche, die Chancen der digitalen Wertschöpfung zu nutzen – sie sehen sich also in der Regel besser aufgestellt als ihre Marktbegleiter.

KI: Zukunftsmusik im Bereich digitale Wertsteigerung

Beim Blick auf eines der wichtigsten aktuellen Themen, die Künstliche Intelligenz, beziehungsweise deren Relevanz, sind die Antworten relativ klar: Während nur 26 Prozent der Befragten zustimmen, dass sie KI bereits nutzen, planen 80 Prozent der Befragten, KI in Zukunft verstärkt einzusetzen.

Da sich die Nutzung von KI sich also aktuell noch in engen Grenzen bewegt, sehen die Investoren darin enormes Potenzial für die digitale Wertschöpfung in der Zukunft. In Bezug auf die verschiedenen digitalen Werthebel schreiben die Befragten das größte KI-Potenzial dem Bereich der Prozessdigitalisierung zu. Aber auch digitales Marketing und Vertrieb sowie digitale Dienstleistungen werden als Bereiche gesehen, die vom Einsatz von KI-Technologien profitieren.

Noch viel Verbesserungspotenzial vorhanden

Die Bedeutung digitaler Wertsteigerung wird in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen – dies bestätigt auch eine große Mehrheit (90 Prozent) der Studienteilnehmer. Entscheidend wird nun sein, die entsprechenden Kompetenzen innerhalb der Unternehmen aufzubauen und konsequent am Kulturwandel zu arbeiten.

Doch obwohl die Potenziale erkannt werden, zeigt die Studie auch, dass derzeit nur gut 40 Prozent der Befragten mit der digitalen Wertsteigerung in den Unternehmen zufrieden sind. Positiv formuliert lässt sich festhalten: Es gibt noch signifikante ungenutzte digitale Wertsteigerungspotenziale in den Tausenden von Finanzinvestoren gehaltenen deutschen mittelständischen Unternehmen. (mb)

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