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Riesenprojekt

Daimler wechselt Catia gegen Siemens NX aus

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
Der Daimler-Konzern hat seine CAD-Software ausgetauscht – und einen dreistelligen Millionenbetrag dafür ausgegeben. "Das schafft Respekt bei anderen Dienstleistern", sagt CIO Michael Gorriz.
  • Der Autokonzern hat das CAD-System Catia V5 von Dassault Systèmes gegen "NX" von Siemens ausgetauscht
  • Catia V6 bringt mit Enovia ein eigenes PDM mit sich. Die Stuttgarter wollten aber ihr eigenes PDM weiter nutzen
  • Fast fünf Jahre dauerte die Migration, 6200 Anwender wurden geschult
  • Ein Siemens NX System ersetzt jetzt 15 Catia-Versionen

Fast fünf Jahre lang hat DaimlerDaimler migriert. Im November 2010 hatte der Vorstand das Mammutprojekt "PLM 2015" (Product-Lifecycle-Management) beschlossen. 6200 Anwender haben seitdem umgeschult. Einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag - genauer will es CIO Michael Gorriz nicht sagen - hat Daimler ausgegeben, um das CAD-System "Catia V5" von Dassault Systèmes gegen "NX" von SiemensSiemens aus­zutauschen. War's das wert? Top-500-Firmenprofil für Daimler Top-500-Firmenprofil für Siemens

Daimler wollte eigenes PDM nutzen

Dassault würde natürlich verneinen - allerdings fragt die Softwareanbieter keiner mehr. Dabei hatten sich die Franzosen das so schön ausgedacht: Catia ist eine der beliebtesten CAD-Softwares (Computer Aided Design) weltweit. Was läge da näher, als im nächsten Schritt ein Produktdaten-Management (PDM) anzuhängen, das in der Welt der Ingenieure zunehmend wichtiger wird? "Catia V6" bringt mit "Enovia" ein eigenes PDM mit sich. Fein integriert. Und natürlich nur im Paket erhältlich. Genau das fanden die Stuttgarter aber nicht lustig.

Michael Gorriz, demnächst Ex-CIO von Daimler: "Wenn ich den Weg des geringsten Widerstands gehe, würde ich überhaupt kein größeres Projekt anfassen. Dann hätte ich auch nie Notes Email und Kalender abgelöst", antwortet er auf die Frage, ob es sich aus Karrieresicht lohne, ein solches Projekt anzugehen.
Michael Gorriz, demnächst Ex-CIO von Daimler: "Wenn ich den Weg des geringsten Widerstands gehe, würde ich überhaupt kein größeres Projekt anfassen. Dann hätte ich auch nie Notes Email und Kalender abgelöst", antwortet er auf die Frage, ob es sich aus Karrieresicht lohne, ein solches Projekt anzugehen.
Foto: Daimler

Daimler nutzt lieber das eigene, hoch angepasste System "Smaragd". "Smaragd ist unser zentrales PDM-System, auf das wir nicht verzichten können", sagt Gorriz. Blieben also zwei Lösungswege: Entweder die Paketpreise von Dassault akzeptieren und die Hälfte des Pakets ungenutzt lassen. Oder eine neue Lösung finden, die besser zu Smaragd passt. Daimler wählte den steinigen Weg. "Ich versuche, das so zu formulieren, dass Sie es noch abdrucken können", sagt Gorriz: "Es gab 2010 durchaus zwei Lager."

Jetzt mit Standard-Dateiformat JT

Siemens hatte den Vorteil, dass Daimler seine Produkte in der Produktion schon weitgehend einsetzte, erklärt Gorriz seine Position von 2010. Siemens habe sich außerdem im Projekt sehr partnerschaftlich verhalten. Und Siemens kann mittlerweile noch mit einem weiteren Trumpf aufwarten: Die International Organization for Standardization (ISO) hat 2012 das von Siemens entwickelte Dateiformat JT als internationalen Standard bestätigt.

Mit JT lassen sich 3D-Produktdaten über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg in Echtzeit ansehen und teilen - ohne dass die Datenmengen explodieren. Das Format schafft einen einfachen Austausch zwischen verschiedenen CAD- und PLM-Systemen. Daimler speichert jetzt schon mehr als zehn Millionen JT-Files im PDM-System. "Ein absolut strategischer Standard", sagt Gorriz. Und ein nachträgliches Argument, dass Siemens im Bereich CAD nun wahrlich kein Exot mehr ist.

61 Trainer, 33 Trainingsmodule

Seit 2012 hat Daimler nun unternehmensweit mehr als 6200 Anwender geschult. Vier Trainingsfirmen lehrten mit 61 Trainern 33 Trainingsmodule in Deutsch und Englisch, außerdem gab es Kurse in Japanisch, Portugiesisch, Spanisch und Türkisch. "Fuso war als Erster fertig", sagt Gorriz, also die Lastwagenbauer aus Japan, die Daimler im offiziellen Markenportfolio im mittleren Drittel auflistet. Vorne stehen Mercedes-Benz, Mercedes-AMG und Mercedes-Maybach, hinten die Marken von Daimler Financial ServicesDaimler Financial Services, für die CAD oder PLM ziemlich egal sind. Top-500-Firmenprofil für Daimler Financial Services

In Spitzenzeiten haben mehr als 300 Mitarbeiter in der Research-und-Development-Außenstelle in Bangalore Daten von Catia V5 nach NX umgemodelt. Die "Migration Factory" hat insgesamt mehr als 235.000 CAD-Objekte auf die neue Software umgestellt. Begleitet wurde der Prozess mit dem Tool "Heidelberg Quality Manager" (HQM), um die Qualität der Daten - vor allem der Zulieferer - sicherzustellen.

Seit 2012 hat Daimler mehr als 6200 Anwender geschult. Vier Trainingsfirmen lehrten mit 61 Trainern 33 Trainingsmodule in Deutsch und Englisch, außerdem gab es Kurse in Japanisch, Portugiesisch, Spanisch und Türkisch.
Seit 2012 hat Daimler mehr als 6200 Anwender geschult. Vier Trainingsfirmen lehrten mit 61 Trainern 33 Trainingsmodule in Deutsch und Englisch, außerdem gab es Kurse in Japanisch, Portugiesisch, Spanisch und Türkisch.
Foto: Daimler
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