Strategien


Pro und Kontra IT-Auslagerung: Babcock Borsig, Eon, Hochtief

IT rausgegeben - erleichtert oder ausgehöhlt?

Heinrich Seeger arbeitet als IT-Fachjournalist und Medienberater in Hamburg. Er hat über 30 Jahre IT-journalistische Erfahrung, unter anderem als Gründungs-Chefredakteur des CIO Magazins. Er entwickelt und moderiert neben seiner journalistischen Arbeit Programme für Konferenzen und Kongresse in den Themenbereichen Enterprise IT und Mobile Development, darunter IT-Strategietage, Open Source Meets Business, droidcon und VDZ Tech Summit. Zudem gehört er als beratendes Mitglied dem IT Executive Club an, einer Community von IT-Entscheidern in der Metropolregion Hamburg.
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ACHTZIG BIS NEUNZIG PROZENT der IT-nahen Tätigkeiten, so behauptet Peter Chylla, Geschäftsführungsvorsitzender von Thyssen Krupp Information Services (TKIS), seien zum Auslagern geeignet. Der Outsourcing-Manager sieht besonders bei BankenBanken und VersicherungenVersicherungen Nachholbedarf. Große Sparpotenziale seien nicht ausgeschöpft, weil noch sehr wenig Standard-Software eingesetzt werde. „Das riecht stark nach OutsourcingOutsourcing“, freut sich Chylla.

Gerade deutsche Unternehmen zieren sich jedoch oft noch, dem Werben der Outsourcer nachzugeben, obwohl die sich bei Preisverhandlungen zunehmend nachgiebig zeigen. Anders als in den an vielfältige Services gewöhnten USA misstrauen hierzulande offenbar viele IT-Entscheider weitergehenden Eingriffen in ihre Entscheidungsautonomie. Und meist können die Skeptiker gute Gründe dafür vorbringen, dass sie das Ruder in der Hand behalten wollen.

Lothar Dietrich zählt zu den Vorsichtigen. Schon die Art, wie der CIO des Oberhausener Konzerns Babcock Borsig auftritt, macht deutlich, dass er es hasst, nicht die Kontrolle zu haben - über sich selbst wie über seinen Zuständigkeitsbereich. Dietrich ist seit Anfang letzten Jahres dafür verantwortlich, dass der Energieanlagen- und Schiffbaukonzern mit seinen mehr als 30.000 Mitarbeitern über IT-Operations verfügt, die die seit Mitte der Neunziger laufende Modernisierung der Unternehmensgruppe unterstützen.

Kontrollfreund Dietrich fürchtet nichts mehr als die Aushöhlung des Unternehmens durch die Auslagerung von Kernkompetenzen. Als Outsourcing-Gegner möchte er trotzdem nicht verstanden werden. „Ich fahre da eine ganz klare Strategie: Für reproduzierbare Leistungen gibt es kostengünstige externe Spezialisten, mit denen ich detaillierte Service Level Agreements vereinbare.“ Die Firma Axis ist für den PC-Support zuständig, hinter dem User-Helpdesk sitzt IBMIBM; mit dem Rechenzentrumsbetrieb hat Dietrich IBM und die Firma Info beauftragt; das Corporate Network für die Sprach- und Datenkommunikation zwischen Niederlassungen und Baustellen in aller Welt wird von Debis betrieben; die Web-Anwendungen liegen auf den Servern von T-Systems.

Das ergibt für die Outsourcer ein beträchtliches Auftragsvolumen, räumt Dietrich ein. Er will aber keine Zahlen nennen, verrät nur, dass durch die StandardisierungStandardisierung der Clients die Kosten für den PC-Support halbiert werden sollen. Die Zahl unterschiedlicher Installationen will er in Kooperation mit den Fachbereichen von früher 2000 auf „eine kleinere zweistellige Zahl“ drücken, was einen Standardisierungsgrad von achtzig bis neunzig Prozent ergäbe. Entscheidend ist für ihn jedoch, „dass keine der outgesourcten IT-Funktionen strategisch ist. Was mit den Geschäftsprozessen zu tun hat, bleibt im Haus“, steckt der CIO die Grenze zwischen Out- und Insourcing ab.

PC-Standardisierung spart Support-Kosten

Wichtigstes Insourcing-Projekt ist die seit Anfang 2000 laufende Einführung von SAPSAP R/3. Hier hat Dietrich das Ruder in der Hand. Hewlett-Packard und die Info AG sind als Partner an Bord; achtzig Mitarbeiter aus den Fachbereichen sind außerdem beteiligt. Ziel ist es, einen Teppich von R/3-Standardanwendungen („Templates“, sagt Dietrich) im Konzern auszurollen, der siebzig Prozent des Bedarfs abdeckt. „Die restlichen dreißig Prozent lassen sich nicht standardisieren; da geht es um Dinge wie Einzel- oder Kleinserienfertigung“, sagt Dietrich. „Ende Januar wollen wir im gesamten Bereich Energietechnik R/3 eingeführt haben“, sagt er, „ein Jahr später im Schiffbau.“ Hier, bei der Tochter HDW, läuft im Übrigen gerade ein weiteres Insourcing-Projekt: die Einführung der Konstruktions-Software Catia. Etwas länger dürfte das R/3-Projekt bei den anderen Beteiligungsgesellschaften - vorwiegend aus dem Maschinenbausektor - dauern, weil das Template-Konzept in der heterogenen Landschaft nicht greife, so Dietrich.

Das künftige Schicksal des Konzerns ist eng mit dem R/3-Projekt verbunden. Die IT-Landschaft bei Babcock Borsig war nämlich noch vor zwei Jahren auf dem Stand von vor zehn Jahren. Die Prozesse wurden, wenn überhaupt zentral, mit dem SAP-Oldie R/2 gesteuert. „Die IT war nicht zukunftsfähig“, konstatiert ein Ex-Mitarbeiter. Dietrich räumt das ein; aber es ist für ihn Vergangenheit. „Der Mensch sollte jetzt mal vorbeikommen. In den vergangenen zwei Jahren ist hier extrem viel passiert“, sagt der Projektverantwortliche stolz.

Gisela Wörner, Bereichsleiterin IT-Koordination im Eon-Konzern, hat - wie Dietrich - gern alles im Griff. Gegen Total-Outsourcing argumentiert die für ihren resoluten Pragmatismus bekannte IT-Chefin: „Die Informationstechnik ist so eng mit den Geschäftsprozessen verzahnt, dass beide sich nicht voneinander lösen lassen, ohne das Business zu schädigen.“ Die Planung und der Aufbau ganzer Geschäftsprozesse samt IT, wie sie große Unternehmensberatungen im Outsourcing anbieten, ist ohnehin keine Option für Wörner: „Das macht man vielleicht mal kurzfristig, um die Bilanz zu entlasten. Aber dabei trennt man sich nicht von strategischen Prozessen.“

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