Komplexitätsbeherrscher

IT-Verständnis als Kernelement einer Karriere



Patrick Hedfeld studierte Theoretische Physik und Philosophie an der TU Darmstadt und an der Universidad de Salamanca. Nach seiner Dissertation über Kognitionspositionen bei Hegel ist er Publizist und Freier Dozent an der FOM Hochschule und hält dort Kurse über Wirtschaftsethik und IT-Management. Hauptberuflich arbeitet er als Senior IT Projektleiter bei der Deutschen Leasing AG in Bad Homburg.
Warum ist es wichtig, dass man programmieren kann? Moderne IT bietet vielfältige Möglichkeiten die Komplexität von Problemen beherrschbar zu machen. Und das ist nicht nur für IT-Berufe wichtig.
IT als Komplexitätsbeherrschung
IT als Komplexitätsbeherrschung
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Was ist IT? Einerseits könnte man sagen: Mittel zum Zweck. Dienstleistung, die Lehre der Maschine oder Software für einen Endkunden. Informationstechnologie kann man aber auch als Lehre der Komplexitätsbeherrschung angesehen werden. Doch was bedeutet das?

Informatiker erlernen das Feld der Problemlösung in Form von Algorithmen, sie zerlegen komplexe Gebiete in kleine lösbare Teilbausteine. Neben den Studenten und Lernenden der sogenannten MINT-Fächer (Mathematiker, Ingenieure, Naturwissenschaftler und Techniker) sind Informatiker in einem übergeordneten Maß dazu auserkoren Komplexität zu beherrschen oder beherrschbar zu machen. Die Automatisierung oder die Programmierung wirken dann nur wie Teilaspekte der geleisteten Arbeit im Vorfeld.

Gute IT-Projektleiter haben nicht nur ein tiefes Verständnis von Programmierung sie beherrschen auch die Denkweise. Komplexität im Projekt kann zunächst zerlegt werden: Ein Skript hier, eine Datenstrecke dort, ein neuer Report da. Die einzelnen Teilelemente werden dann an Entwickler übergeben oder bei einer Softwarefirma beauftragt. Die übergeordnete Struktur kommt allerdings vor der geleisteten Programmierarbeit. Ist die Fähigkeit der Programmierung damit nur etwas für Personen, die in der IT arbeiten?

Goethe sagte einst: Alles Gescheite ist schon gedacht worden, man muss nur versuchen, es noch einmal zu denken. Genauso ist es auch bei der IT. Spätestens nach einer sehr langen Abschlussarbeit oder einer Dissertation wird einem klar, dass alles schon da ist. Sämtliche Fragestellungen und Gedanken, die man für sich selbst als neu erlebt, sind in der Regel auch schon erkundet worden. Man ist bei weitem nicht die erste Person, die etwas neu durchdenkt. Ist man sich dieser Tatsache bewusst, dann hat das auch Vorteile. Ein alter Ingenieurwitz lautet: Du willst etwas Neues bauen? Dann nimm doch etwas Altes und bau eine Uhr ein.

IT als Komplexitätsbeherrschung macht genau das für uns. IT? Vielleicht die größte Sammlung gelöster Probleme, die sich die Menschen in den letzten Jahrzehnten überlegt haben. Das eigentliche Problem: Man muss "nur" die richtige Stelle finden. Dort kommt noch etwas zu Tage, was im Verborgenen lag: Implizites Wissen. Es ist vor allem das nicht unmittelbar aufgeschriebene Wissen, welches kostbar für jeden Beruf und damit auch für jedes Unternehmen ist.

Wen kann man fragen? Wer kennt sich gut in diesem Thema aus? Oft ist das Wissen vorhanden, es liegt nur an unterschiedlichen Stellen eines Unternehmens vor. Explizites, beispielsweise aufgeschriebenes Wissen, lässt sich schnell in Wikis oder schriftlichen Lieferobjekten festhalten. Aber implizites Wissen wächst über die Jahre und kann möglicherweise nicht einmal präzise artikuliert werden. Es liegt im Expertenkreis einfach vor, wenn die Kollegen danach gefragt werden.

Ich bin überzeugt davon, dass die Art der IT-Komplexitätsbeherrschung als Problemlösung auch etwas für andere Berufe ist, die nicht unmittelbar zur Software-Entwicklung gehören. Entweder werden diese nach und nach von Programmen erfasst oder man kann sich aus dem großen Fundus der bereits entschlüsselten Probleme bedienen.

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