Alle Macht der Avantgarde

Keine Angst vor Innovationen

31.05.2006
Von Karl Ulrich

So wie sich in der Literatur der Moderne die Funktionsbedingungen des Erzählens verändert haben, so erleben wir heute veränderte Ausdrucksformen in interaktiven Netzwerken. Einige Ansatzpunkte: Blogs, so genannte Tagebücher anonymer Erzähler, kursieren im Internet, interaktive Plattformen mit verteilter Autorenschaft werden zum Beispiel in der wissenschaftlichen Forschung genutzt. Man klickt sich durch Erzählstrukturen in Online-Communities, die hypertextuell, über Links vernetzt sind. Innovative Prozesse finden in virtuellen Denkräumen statt, und sie sind offen, flüchtig, interdisziplinär, multimedial, diskursiv und interaktiv.

Nutzen wir doch avantgardistische Erzählstrategien mit ihren ästhetischen und sonstigen Qualitäten viel stärker im Unternehmen. Müssen Firmen zum Beispiel in schöner Einheitlichkeit ihre Kommunikation überwiegend im analytisch strukturierten Powerpoint-Modus führen?

Fazit

Wer nach den Regeln der Avantgarde gestaltet, muss sich bewusst sein, dass er lediglich Impulse setzen kann, die im besten Fall eine Eigendynamik entfalten. Das verlangt Unternehmern, die bislang glaubten, Projekterfolge durch Planung programmieren zu können, eine gehörige Portion Demut und Geduld ab. Dennoch sollten Unternehmen mehr avantgardistische Innovationsprojekte wagen. Avantgarden im eigenen Unternehmen gedeihen zu lassen, ist noch ein Luxus, vielleicht aber bald eine Bedingung, ohne die Innovation kaum mehr möglich ist.

Und noch etwas wird damit deutlich: Ein Begriff und eine Praxis des Unternehmerischen, die ohne die Ideen und Ideale der Avantgarden auskäme, wird in der aktuellen Unternehmenswirklichkeit immer schwerer vorstellbar.

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