Healthcare IT


CIOs in der KIS-Entscheidung

Nur nicht kollabieren

Zuschlag für 16-Millionen-KIS-Projekt

"Die Einbindung niedergelassener Ärzte, die Verbesserung von Prozessen und Verringerung der Verweildauer gehören zu den wichtigen Anforderungen", erklärt Andreas Gütersloh, Leiter IT des Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.
"Die Einbindung niedergelassener Ärzte, die Verbesserung von Prozessen und Verringerung der Verweildauer gehören zu den wichtigen Anforderungen", erklärt Andreas Gütersloh, Leiter IT des Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.

Damit ist er ein gutes Stück weiter als Gütersloh, der die KIS-Suche noch gut vor Augen hat. Mit den nötigen Spezifikationen im Gepäck reiste Gütersloh 2005 von Uniklinik zu Uniklinik - von Aachen (Produkt Lorenzo von iSoft) nach Erlangen (Soarian von Siemens) und nach Marburg (Orbis von Agfa), ließ sich die Systeme vorführen - und stand damit vor der Frage, eine Entwicklungspartnerschaft nach dem Vorbild der Aachener und Erlangener anzugehen oder auf ein etabliertes Produkt zu setzen. "Wir entschieden uns nach Auswertung der Ausschreibungsergebnisse für das wirtschaftlichste Angebot“, erläutert der IT-Chef der Unikliniken Lübeck und Kiel die Entscheidung für Orbis.

Damit steht nun die Ablösung der bestehenden KIS-Systeme kurz bevor. Lübeck hat medico von Siemens im Einsatz, Kiel sowohl i.s.h. med als auch die Software c.a.r.u.s.. Die wichtigsten Funktionen soll das GWI-Produkt Orbis bald abdecken. 16 Millionen Euro gibt Gütersloh für das neue System aus, wozu auch ein Bildarchiv (PACS) und ein Radiologie-Informations-System (RIS) gehören. Für die nächsten vier bis fünf Jahre hat Gütersloh einen Investitionsbedarf von 45 bis 50 Millionen Euro ermittelt. Bis 2008 will er RIS und PACS an den Start bringen sowie ein einheitliches Abrechnungssystem an beiden Campi. Bis 2010 soll die "voll integrierte“ Lösung dann komplett und für Zukunftsvisionen gerüstet sein. Die Einbindung von niedergelassenen Ärzten, die Verbesserung der Prozesse und Verringerung der Verweildauer in beiden Krankenhäusern sowie die Einbindung von klinischen Behandlungspfaden gehört nach Ansicht von Gütersloh zu den wichtigen Anforderungen, die Orbis abdecken soll.

Anders die Rhön Klinikum AG. Unter der Leitung des IT-Verantwortlichen Kurt Marquardt entschieden sich die Bad Neustädter in einer Entwicklungspartnerschaft für IMedOne von Tieto Enator, der das Produkt zusammen mit der Haus-IT zu Ende entwickelt. Vor fünf Jahren stellten sich KIS-Anbieter auf einer Hausmesse vor. Bei Rhön Klinikum gilt Orbis derzeit als am weitesten entwickelt; damals hatte es jedoch noch keine Schnittstelle zu SAP, woraus die Partnerschaft mit der damaligen ITB entstand. IMedOne ist das strategische Produkt der Rhön-Kliniken, die sich als Ideengeber in die Weiterentwicklung einbringen. Entwicklungspartnerschaften sind für die Auftraggeber in der Regel günstiger, da der Software-Produzent und der Anwender gleichermaßen davon profitieren. Über ein Kompetenz-Center führt die Rhön-IT das System in den Kliniken ein, die neben IMedOne auch Orbis und Medico bestehen lässt. Für einen Konzern, der stetig neue Kliniken akquiriert, stellt sich dann die Frage nach der durchgängigen Verwertung von medizinischen Daten der Patienten. Hier liegt die Hoffnung auf der Rhön-Epa, der hauseigenen Patientenakte, aber auch auf der elektronischen Fallakte, die Fraunhofer derzeit federführend in einem Konsortium unter anderem mit den Rhön-Kliniken entwickelt.

Die Wahl zwischen Pest und Cholera

Den Königsweg zwischen KIS-Standard und Entwicklungspartnerschaft gibt es nach Ansicht von Cornelia Vosseler nicht. "Zwischen Pest und Cholera" würden sich die Klinik-CIOs entscheiden müssen. Der Grund: Basisfunktionen seien in KIS-Systemen in der Regel da. "Trotzdem werden nur 30 Prozent der Funktionalitäten tatsächlich von einem Krankenhaus genutzt." Doch Hersteller müssten ständig dazuentwickeln und sich gesetzgeberischen Novellen anpassen. "CIOs wollen abteilungsübergreifende Terminplanungen und Arztbriefschreibung. Sie wollen Behandlungspfade in den Systemen erfassen und so Liegezeiten reduzieren, Doppeluntersuchungen vermeiden, die durch verschlampte Befunde nötig werden", sagt Vosseler. Doch fügt sie hinzu: "Das können fast alle KIS-Systeme." Nach Ansicht der Medizininformatikerin liegt die Herausforderung ganz woanders: "Es ist weitaus schwerer, die Pflege- und Ärzteschaft für einen übergreifenden KISStandard zu überzeugen, als ihn einzuführen - ohne Mentoren aus der Pflege- und Ärzteschaft lässt sich ein solches Projekt kaum bewältigen." Da mag draußen eine noch so große "KIS-senschlacht" toben, wie die Financial Times Deutschland kürzlich den Markt plastisch umschrieb.

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