Hamburger IT-Strategietage


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Otto-CIO fordert Zukunftsmacher für Deutschland

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Um die Zukunft Deutschlands zu sichern, muss die digitale Transformation mehr Fahrt aufnehmen, sagt Otto-CIO Michael Müller-Wünsch. Doch dafür braucht es mehr digitale Kompetenz.
Otto-CIO Michael Müller-Wünsch sprach auf den Hamburger IT-Strategietagen.
Otto-CIO Michael Müller-Wünsch sprach auf den Hamburger IT-Strategietagen.
Foto: Frank Erpinar

Michael Müller-WünschMichael Müller-Wünsch, Bereichsvorstand Technologie (CIO) bei der Otto GmbH & Co. KGOtto GmbH & Co. KG, macht sich Sorgen. Sorgen um die Zukunftssicherheit unserer Gesellschaft. "Ist Deutschland ein fortschrittlicher Digitalisierungsstandort?", fragt der CIO seine Kolleginnen und Kollegen auf den Hamburger IT-Strategietagen 2023. Nach seiner Einschätzung, sieht es nicht danach aus. Top-500-Firmenprofil für OTTO GmbH & Co. KG Profil von Michael Müller-Wünsch im CIO-Netzwerk

Müller-Wünsch verweist auf Umfragen, wonach fast alle Spitzenkräfte in Deutschland sagen, man hinke hierzulande in Sachen DigitalisierungDigitalisierung deutlich hinterher. Noch bedenklicher ist aus Sicht des IT-Managers, dass 28 Prozent der Befragten nicht mehr daran glauben, diese Defizite noch aufholen zu können. Das will Müller-Wünsch so allerdings nicht stehen lassen und appelliert an sein Publikum: "Man sollte loslaufen, auch wenn man vermeintlich zu spät dran ist." Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

Technologen gestalten den Umbau

Aus Sicht des Otto-Managers gibt es in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen durchaus etliche Hebel, die man für eine zügigere und zielgerichtetere Digitalisierung ansetzen könne. In der Wirtschaft brauche jedes Unternehmen einen Digitalvorstand mit einem eigenen Ressort. "Wer steuert denn die Transformation?", ruft der Manager ins Publikum. "Das seid Ihr!" Technologen gestalteten den Umbau. Doch das spiegele sich in vielen Firmenstrukturen längst nicht wider.

Auch in der digitalen Bildung gelte es, den Technologie-Einsatz neu zu definieren. Bis dato hätten die Bemühungen ein "mangelhaft" verdient. Die vielen Milliarden Euro aus dem Digitalpakt - sofern sie überhaupt abgerufen wurden - hätten nur Stückwerk hervorgebracht. "Es reicht nicht aus, nur Hardware anzuschaffen", kritisiert Müller-Wünsch. Es brauche ein Gesamtkonzept für den Einsatz und Betrieb, einen Plan. Der Manager plädiert für CIOs an Schulen. Gemeinsam müssten User Journeys für die Kinder, Lehrer, Eltern und das gesamte Verwaltungssystem entwickelt werden.

Digitales Desaster bei Behörden und im Gesundheitswesen

In anderen Bereichen gebe es ebenfalls noch viel zu tun, sagt der CIO und nennt die öffentliche Verwaltung und das Gesundheitswesen. Die Ergebnisse des Online-Zugangsgesetzes (OZG) seien ein Desaster. Von 575 geplanten Leistungen habe die öffentliche Hand gerade einmal 114 umgesetzt. Einige davon gibt es obendrein nur in der Gestalt, dass Dokumente als PDF zur Verfügung gestellt würden, die Bürgerinnen und Bürger ausdrucken und per Post an die Behörde schicken müssten. "So traurig", kommentiert Müller-Wünsch.

Michael Müller-Wünsch will das Thema Nachhaltigkeit stärker in den Vordergrund rücken.
Michael Müller-Wünsch will das Thema Nachhaltigkeit stärker in den Vordergrund rücken.
Foto: Frank Erpinar

Auch dem Healthcare-Sektor diagnostiziert der Manager ein digitales Desaster und verweist auf Rohrkrepierer wie das E-Rezept. Dort bestehe dringender Handlungsbedarf, sagt Müller-Wünsch mit Blick auf eine immer älter werdende Gesellschaft.

Superauftrag für digitale Zukunftsmacher

Um den Digitalisierungs- und Transformationszug ins Rollen zu bringen, fordert der Otto-CIO ein neues Denken bei allen Beteiligten und verweist auf die eigene Transformation im Handelskonzern. Ein Erfolgsfaktor sei gewesen, sich von langen Lastenheften zu verabschieden und stattdessen auf Minimum Viable Products (MVPs) zu setzen. Dinge auszuprobieren und einfach mal zu machen, sei der Schlüssel gewesen, der die digitale Transformation vorangebracht habe.

Daneben sei Digitalkompetenz die wichtigste Ressource, so der Manager. Es brauche eigene Kompetenz im Haus, einen Technologievorstand mit Mandat. Auch den Nachwuchs müsse man im Blick behalten. "Wir müssen in die Schulen hineingehen und Quereinstiege möglich machen", fordert er.

Darüber hinaus will Müller-Wünsch das Thema Nachhaltigkeit stärker in den Vordergrund rücken. Er schlägt einen Digitalen Cleaning Day vor. Am 31. März sollten sich alle daran machen, ihre E-Mail-Postfächer und Festplattenlaufwerke auszumisten und aufzuräumen.

All dies seien Aufgaben, bei denen auch die IT-Verantwortlichen in den Unternehmen in der Pflicht stünden, stellt Müller-Wünsch fest. "Hier sitzen Menschen, die über den Tellerrand schauen und den Wandel aktiv treiben", appelliert der CIO an sein Publikum. "Wir sind die Zukunftsmacher. Das ist doch ein Superauftrag."

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