IT-Recht in Corona-Zeiten

Sorgen Sie für einen IT-Vertrag auf Augenhöhe



Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.

Besonders SAP sticht immer wieder mit juristischen Winkelzügen in seinen Verträgen hervor. Was ist der neueste "vertragsrechtliche Clou" seitens SAP?

Ulrich Bäumer: Bei SAP und anderen großen Software-Erstellern ist vor allem deren Marktmacht und das einhergehende Machtgefälle das Problem der Kunden. Dadurch entstehen immer wieder neue Streitfelder - aktuell auf Corona bezogen ist es unter anderem das Thema Kündigung, die vertraglich für die Kunden ausgeschlossen ist. Auch das Thema 'Verkauf von gebrauchten Software-Lizenzen' führt zu Dissonanzen, weil das vertraglich im Endeffekt ebenso für die Kunden ausgeschlossen ist - wobei sich die SAP und die anderen großen Software-Ersteller im Gegenzug aber sehr großzügige Rechte in ihre Standardverträge haben schreiben lassen.

Von Gerechtigkeit und Ausgleich widerstreitender Interessen kann man da nicht sprechen, eher von einem durch Abhängigkeit entstandenem Diktat. Im Prinzip kann der Kunde seine Lizenzrechte nur noch an den Software-Ersteller selbst "verkaufen" - wobei der Software-Ersteller dabei auch noch die Preise festlegt. Auf das Wirtschaftsgut PKWs übertragen wäre das so, als wenn Volkswagen der einzige verbleibende Kfz-Hersteller weltweit wäre und man seinen gebrauchten Golf 8 nur noch wegen der AGB der Volkswagen AG an Volkswagen selber verkaufen dürfte - und zwar zu Konditionen, die Volkswagen bestimmt.

Kaufen Sie dort direkt mehrere neue Kfz's - vielleicht sogar gleich inklusive Upgrade auf Porsche -, bekommen Sie von der Volkswagen AG einen guten Preis für Ihren gebrauchten Golf 8. Kaufen Sie aber kein neues Auto, wird der Preis äußerst gering ausfallen - denn Sie haben ja keine andere Option, Ihr gebrauchtes Fahrzeug im Markt zu verkaufen.

Langfristige Beziehung, nur kurzfristig planbar

Inwiefern sind IT- und Outsourcing-Verträge allgemein in den vergangenen Jahren komplexer geworden? Oder waren sie das schon immer?

Ulrich Bäumer: Man hat das Gefühl, dass das ganze Leben wegen Corona komplexer geworden ist, und damit auch die IT- und Outsourcing-Verträge. Sie waren es aber eigentlich immer schon. Der Spagat, der hier gelingen muss, ist der folgende: In der IT geht es immer um eine langfristige Beziehung, planen lässt sich diese aber leider nie mehr als drei Monate im Voraus.

So muss der IT- und Outsourcing-Vertrag einen klaren Rahmen setzen, der aber durchlässig genug ist, bei Änderungen sofort reagieren zu können. Will dann der Kunde Abhängigkeiten reduzieren und arbeitet deshalb mit mehreren Dienstleistern, muss die Abstimmung der Dienstleister auch noch orchestriert und die Verantwortlichkeiten untereinander austariert werden.

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