Strategien


Deutsche Bank, Commerzbank, Dresdner Bank

Vorsprung für die Banken-IT

Heinrich Seeger arbeitet als IT-Fachjournalist und Medienberater in Hamburg. Er hat über 30 Jahre IT-journalistische Erfahrung, unter anderem als Gründungs-Chefredakteur des CIO Magazins. Er entwickelt und moderiert neben seiner journalistischen Arbeit Programme für Konferenzen und Kongresse in den Themenbereichen Enterprise IT und Mobile Development, darunter IT-Strategietage, Open Source Meets Business, droidcon und VDZ Tech Summit. Zudem gehört er als beratendes Mitglied dem IT Executive Club an, einer Community von IT-Entscheidern in der Metropolregion Hamburg.
Die IT gehört zu den strategischen Hebeln der Banken. Mit bis zu 20 Prozent Anteil an den Ausgaben ist sie allerdings auch ein enormer Kostentreiber. In der Industrie steigt ihr Beitrag zur Wertschöpfung - und zu den Kosten - ebenfalls stetig. Können die Banken hier Vorbild sein?

Das Vermögen der BankenBanken befindet sich nicht mehr in Tresoren, sondern auf ihren Rechnern. Ende Februar waren im Euro-Raum saisonbereinigt nur knapp 4,5 Prozent der Geldmenge M3 (umfasst Bargeld, Sicht-, Termin- und Spareinlagen sowie Pensionsgeschäfte und festverzinsliche Wertpapiere) in Form von Münzen und Banknoten im Umlauf - Tendenz fallend. Der Löwen-anteil der Reichtümer existiert in digitaler Form. Damit hängt es so direkt wie in keiner anderen Branche von der Informationstechnik ab, wie sicher die Werte sind und wie sich der Ertrag entwickelt.

Bei den Finanzinstituten ist deshalb der Anteil der IT-Ausgaben am Geschäftsvolumen im Durchschnitt viel höher als etwa im verarbeitenden oder produzierenden Gewerbe. Aber auch dort wird die IT ein immer wichtigerer Produktionsfaktor. IT-Verantwortliche und Vorstände in anderen Branchen sollten darum genau auf die Banken schauen - und sei es nur, um deren Fehler zu vermeiden.

Die IT als Kernkompetenz und strategisches Werkzeug - im Finanzsektor ist dies keine leere Formel. Das spiegelt sich auch in der Position der IT-Chefs wider, die hier üblicherweise im Vorstand sitzen.

Nicht gesagt ist damit allerdings, dass dieses Werkzeug auch immer mit Kompetenz, Kostenbewusstsein und Erfolg benutzt wird. Im Gegenteil: Der frühere CIO der Dresdner Bank, Gerhard Barth, wurde Ende vergangenen Jahres von Vorstandschef Bernd Fahrholz abgewatscht: Die IT habe "Speck angesetzt"; es bestehe "Handlungsbedarf, um die Kosten in den Griff zu bekommen". Barth musste gehen, Klaus-Michael Geiger kam. Der frühere COO der Dresdner-Bank-Tochter Kleinwort Wasserstein steckt nun mittendrin in den IT-Umbauarbeiten des Mutterkonzerns. Wie die sich bis dato auf der Kostenseite ausgewirkt haben, darüber gibt er jedoch keine Auskunft. Wenig überraschend angesichts der Zielvorgabe: Bis 2003 müssen die Verwaltungskosten, zu denen die IT zählt, um 15 Prozent - mehr als eine Milliarde Euro - runter.

Auf der Kostenbremse steht auch die Commerzbank, die im laufenden Geschäftsjahr 20 Prozent weniger in IT investieren will als 2001. Wie groß deren Anteil an den Verwaltungsausgaben insgesamt ist, darüber schweigt Commerzbank-CIO Michael Paravicini. "Die Abgrenzungen sind bei den Banken sehr unterschiedlich; damit ist eine Vergleichbarkeit nicht gegeben", argumentiert er. "Wir stehen aber nicht allein da mit unseren Einsparungen. Wenn ich mit meinen Kollegen rede, berichten alle dasselbe." Hermann-Josef Lamberti, COO mit IT-Verantwortung im Vorstand der Deutschen Bank, mag da nicht widersprechen. Anders als seine Kollegen nennt er jedoch eine konkrete Zahl: 14 Prozent vom Verwaltungsaufwand entfallen demnach in seinem Haus auf die IT und Operations - im Schnitt der Business-Lines wohlgemerkt. In den IT-intensiven, aber ertragsarmen Bereichen, etwa dem Custody-Geschäft (Verwaltung und Verwahrung von Wertpapieren), nähere sich dieser Wert der 20-Prozent-Marke. Insgesamt hat sich die "Cost-Income-Ratio" der Deutschen Bank deutlich verschlechtert: von 72,1 Prozent im Jahr 2000 auf 80,1 Prozent 2001.

Jedes zweite deutsche Kreditinstitut kämpft mit zu hohen Kosten, jedes vierte mit Ertragseinbrüchen. Nach einer Befragung der Unternehmensberatung Mummert + Partner, des FAZ-Instituts und des Manager Magazins kommen hierzulande auf 100 Euro Ertrag durchschnittlich 70 Euro, bei Großbanken sogar 80 Euro Kosten; der EU-Schnitt liegt bei etwa 60 Euro. Folglich lautete das diesjährige Motto des traditionellen Jahreseröffnungsgesprächs im Atrium der Dresdner Bank in Frankfurt: "Zukunft der Banken - Kostenreduzierung um jeden Preis."

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