Microsoft 365 Copilot

Wie Generative AI die Office-Welt verändert

Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Mit der Ankündigung von „Microsoft 365 Copilot“ bringt Microsoft KI-Funktionen an die Arbeitsplätze. Analysten von Gartner geben eine Einschätzung.
Unscheinbar im Firmenblog angekündigt, hat Microsoft 365 Copilot womöglich das Zeug, die Büroarbeit auf ein neues Produktivitätslevel zu heben.
Unscheinbar im Firmenblog angekündigt, hat Microsoft 365 Copilot womöglich das Zeug, die Büroarbeit auf ein neues Produktivitätslevel zu heben.
Foto: Tada Images- shutterstock.com

Die Auguren von Gartner sind sich sicher: Die Art und Weise, wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zukunft Inhalte kreieren, zusammenfassen, analysieren und finden wird sich grundlegend verändern. Davon seien nicht nur die Cloud-Kunden von MicrosoftMicrosoft betroffen. Die KIKI-Lawine sei insgesamt ins Rollen gekommen - auch in vielen anderen Softwarehäusern. Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de Alles zu Microsoft auf CIO.de

IT-Manager, die den digitalen Arbeitsplatz der Zukunft gestalten wollen, müssen sich laut Gartner sofort gründlich mit Microsoft 365 Copilot beschäftigen. Es sei ihre Aufgabe einzuschätzen, was auf ihr Unternehmen zukomme, welches Potenzial in der Technologie stecke und in welcher Weise gegebenenfalls bestehende Richtlinien und Policies überarbeitet werden müssten. (Siehe auch: Mit Copilot 365 kommt die KI ins Office.)

Erhöht Microsoft 365 Copilot die Arbeitseffektivität?

Die Analysten erwarten, dass Generative AIGenerative AI in den weit verbreiteten Microsoft-Anwendungen zu einem Sprung in Sachen Arbeitseffektivität führen wird. Die KI helfe, sich wiederholende Standardtätigkeiten zu automatisieren und die Zusammenarbeit zu verbessern. Andererseits könne sie aber auch Frust und Unsicherheit schaffen, da Generative AI noch Work in Progress sei. Die Copilot-Funktionen würden sich noch stark verändern, ehe sie wirklich ausgereift seien. Alles zu Generative AI auf CIO.de

Microsoft hat Copilot in seine Applikationswelt auf zwei Arten integriert: Zum einen ist der Dienst eingebettet in die Microsoft-365-Anwendungen Word, Excel, PowerPoint, Outlook, Teams und anderen, um dort die Produktivität zu steigern. Zum anderen gibt es mit dem neuen Business Chat ein Produkt, das nicht nur auf einem Large Language Model (LLM) und den Microsoft-365-Apps, sondern auch direkt auf Nutzerdaten aufsetzt, also auf Inhalten von Kalendern, E-Mails, Chats, Dokumenten und Kontakten. Microsoft gewährt derzeit ausgewählten Kunden Zugriff auf Business Chat in Microsoft Teams.

Das könne zu Problemlösungen führen, die Microsoft anhand eines Beispiels beschreibt. Darin richtet der Anwender die Aufforderung an die KI: "Kannst du bitte unserem Team erklären, wie wir die Produktstrategie überarbeitet haben?" Erzeugt wird dann ein Text, der auf kürzlich abgehaltenen Meetings, E-Mails und Chatverläufen basiert.

Microsoft 365 Copilot ist horizontal einsetzbar

Microsoft 365 Copilot verwendet mehrere LLMs, die unabhängig von den Kundendaten bleiben. Das KI-Tool ist also horizontal einsetzbar und kann theoretisch von allen Mitarbeitenden genutzt werden. Das steht im Gegensatz zu anderen Produkten wie Microsoft Github Copilot, Microsoft Dynamics 365 Copilot oder Copilot in Viva Sales. Dort ist die KI-Unterstützung rollenspezifisch anpassbar.

Laut Gartner sind KI-Lösungen, die Büroanwendungen ergänzen, attraktiv, weil sie Routineaufgaben übernehmen und Reibungsverluste beseitigen, mit denen die meisten Arbeitnehmer heute konfrontiert sind. Deshalb werde sich Microsoft 365 Copilot bis zu einem gewissen Grad auf alle Microsoft-Cloud-Kunden und ihre Mitarbeitenden auswirken. Auf folgende Weise könne Microsofts Copilot positiven Einfluss nehmen:

  • Eindämmen der Informationsflut, indem sich Inhalte wie E-Mails, Chat-Konversationen oder Dokumente zusammenfassen lassen;

  • Schnelles Erfassen der wichtigsten Aspekte und Erkenntnisse aus Besprechungen, indem Live-Transkripte erstellt und automatisch zusammengefasst werden. Daraus können dann automatisiert Vorschläge oder To-Dos für einzelne Teilnehmer bereitgestellt werden;

  • Zeitersparnis beim Verfassen, Bearbeiten und Formatieren von Texten;

  • Schnelleres Finden und Abrufen relevanter Informationen;

  • Hilfe beim Suchen interner Experten;

  • Bereitstellen von Design-Services wie zum Beispiel Bild- und Layout-Vorschlägen für Präsentationen,

  • Schnelle, tiefe und genaue Datenanalyse, ohne die Zeit knapper Experten in Anspruch nehmen zu müssen;

  • Schnelleres Beherrschen von Anwendungen und Geschäftsprozessen.

Viele offene Fragen rund um Microsoft 365 Copilot

Gartner weist daraufhin, dass es in der Anfangsphase von Microsoft 365 Copilot noch folgende Unklarheiten gebe:

  • Die Kunden wissen noch nicht, wann Microsoft 365 Copilot in welchem Umfang produktiv zur Verfügung stehen wird. Es gibt keine klare Roadmap, und so bleibt unklar, wann die derzeit laufenden Tests mit Pilotanwendungen in die Produkt-Pipeline einfließen.

  • Da sich der Copilot in einer privaten Betaphase befindet und nur von wenigen Schlüsselkunden getestet wird, ist wahrscheinlich, dass erste Testergebnisse unter Verschluss bleiben werden. Die Unternehmen können also nicht planen, wann sie mit der Technologie arbeiten können.

  • Über zu erwartende Lizenzen und Preise gibt es noch keine Informationen.

  • Auch die Service Level Agreements (SLAs) sind noch unbekannt: Können die Kunden die Copilot-Funktionen beliebig oft nutzen oder werden sie limitiert bereitgestellt?

Gartner empfiehlt IT-Professionals pragmatisch vorzugehen und ihr Unternehmen in die Lage zu versetzen, sich mit den Chancen und Risiken vertraut zu machen. Dazu müssten sie die Fortschritte rund um die Entwicklungen der privaten Betaanwender, die Ankündigungen in der Softwarebranche, Anbieter und Quellen rund um Microsoft Office im Auge behalten.

"Warten Sie, bis glaubwürdige Fallstudien oder Ihre eigenen Erfahrungen die Effektivität der KI aufzeigen und die Risiken klarer sind", empfehlen die Analysten. IT-Verantwortliche sollten zudem intern deutlich machen, dass Copilot noch in einem experimentellen Stadium ist.

Workplace-Profis können sich vorbereiten

Gleichzeitig sollten sie folgende Vorbereitungen treffen:

  • überlegen, in welchen Szenarien die Technologie eingesetzt werden soll - und in welchen keinesfalls;

  • klären, welche Rollen von der Technologie profitieren werden und wer über den Einsatz entscheidet (Governance). Festlegen von Kriterien, anhand derer beurteilt werden kann, ob Büroanwendungen mit KI-Funktionen gut funktionieren und vertrauenswürdige Ergebnisse liefern;

  • Microsofts Konditionen rund um Online-Services studieren, ebenso die Datenschutz- und Privacy-Bestimmungen, die wohl auch für Microsoft 365 Copilot gelten werden;

  • ein Tiger-Team aufstellen, um herauszufinden, wie weit Generative AI die eigenen Workflows verbessern kann. Mitarbeitende über Vor- und Nachteile generativer KI aufklären;

  • Kostenmodelle für verschiedene Nutzungsstufen entwickeln und Return-on-Invest-Kalkulationen vorbereiten;

  • sich auf eine heterogene KI-Welt vorbereiten, da auch andere Anbieter an Generative AI und dessen Monetarisierung arbeiten. Ein herstellerübergreifendes KI-Portfolio ist für die meisten Unternehmen die wahrscheinlichste Option. (hv)

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