Strategien


Learning Plattformen

Wie wir in Zukunft lebenslang lernen

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

8 Innovationszonen

Diese sieben Kräfte wirken in den kommenden Jahren nach Einschätzung der beiden Institutionen insbesondere in acht sogenannten Innovationszonen:

1. Unbounded Resources: 2010 prognostizierte Bill Gates, dass man in fünf Jahren - also in etwa heute - im Internet die besten Vorlesungen der Welt finden werde. "Das wird besser sein als jede einzelne Universität", prophezeite der Microsoft-Gründer damals. Genauso ist es gekommen. Das Wachstum an Online-Wissen - teil gratis, teils gegen Gebühr - ist enorm und umfasst eine Vielzahl an Formaten. Es gibt Massively Open Online Courses (MOOCs), Live-Streaming über Plattformen wie Periscope und eine Fülle an Video-Anleitungen und Augmented Realities. Ein Angebot, dass sowohl strukturiertes als auch informelles Lernen ermöglicht. Was nach Ansicht der Autoren noch fehlt, sind Roadmaps, die das Lernangebot und die sich dadurch eröffnenden Karriereoptionen miteinander verbinden.

2. Digital-Physical Blends: Die beiden Organisationen bringen es so auf den Punkt: "In einer Welt der eingebetteten Intelligenz, werden wir alle zu Sensoren und zu Sinn-Erzeugern." Mobile Geräte, Sensoren und Geo-Location-Tools definieren neu, wie wir mit Hilfe physischer Räume und Objekte lernen und arbeiten. Ob auf der Baustelle, im Technologie-Shop, im Auto oder im Co-Working Space - überall ist Context Aware Information verfügbar, die in Produktivität, InnovationInnovation oder in Lerneffekte konvertiert werden kann. Das Verschwimmen der Grenzen zwischen digitaler und physischer Welt fräst sich auch ins Freizeitleben. Etwa auf dem Bauernmarkt, wenn man unbekanntes Gemüse mit Hilfe des Smartphones identifiziert und sofort nach passenden Rezepten suchen kann. Alles zu Innovation auf CIO.de

3. Continuous Learning Flows: In der globalen Innovationsökonomie überholt ist die Periodisierung des Lernens, das in Klassenräumen mit Lehrpersonal stattfindet und sich auf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene beschränkt. Gelernt wird lebenslang, ständig und überall.

4. Personalized Experiences: "Jeder lernende Arbeitnehmer hat ein einzigartiges Profil", so die Autoren. "Eine Kombination aus Computer-Analyse und neuen menschlichen Einstellungen hilft uns, Lernen und Arbeiten auf unsere individuellen Bedürfnisse und Umstände zuzuschneiden." Das wird also in etwa so wie mit dem persönlichen Trainer im Fitness-Studio. Nur, dass es Datenanalysten und Mentoren sind, die die eigenen Ziele, Stärken, Schwächen, Lernansätze und zeitlichen Begrenzungen analysieren und daraus personalisierte Lern- und Arbeitspfade ermitteln, die zugleich die Lebenszufriedenheit maximieren sollen. Während die Welt insgesamt immer unvorhersehbarer wird, hilft dieser personalisierte Ansatz bei der ständigen Neuerfindung des eigenen Ichs.

5. Actionable Feedback: Big Data und Advanced Analytics ermöglichen immerzu ein detailliertes persönliches Feedback, auf dem sich sofort aufbauen lässt. Das Vorbild für Performance-Tools des Lernens sind Computerspiele, bei denen man zunächst häufig scheitert, aber stets motiviert bleibt, den nächsten Level zu erreichen. Ganz ähnlich gibt es beim Lernen keine Zensuren, sondern Lernanreize und hochaufgelöste Metriken, die die Komplexität der heutigen Lern- und Arbeitswelt widerspiegeln - wertvolle Instrumente zur Steuerung der eigenen Lerninvestitionen.

6. Algorithmic Matching: Algorithmen verändern das alltägliche Leben - und auch das Lernen und Arbeiten. Laut ACT und IFTF werden sie künftig die ideal passenden Institutionen, Kurse, Tutoren, Praktika und Arbeitgeber für jeden heraussuchen können. Sie können auch anhand früherer Leistungen und Erfolge die passenden Aufgaben für einen finden. "Die vergleichenden Algorithmen und die digitalen Spuren, die sie auswerten, sind die Währungen, die uns über institutionelle Silos hinweg verbinden", kommentieren die Autoren. "Jedenfalls dann, wenn sie gut nutzen."

7. Solutions Networks: Dank Plattformen wie Quora können große Netzwerke über die ganze Welt zusammenarbeiten bei der Lösung von Problemen - seien es komplexe wissenschaftliche Fragen oder solche des täglichen Lebens. Mobile Endgeräte machen das Anzapfen dieser Netzwerke jederzeit und überall möglich. Entscheidende Erfolgsfaktoren sind deshalb bald nicht mehr die individuelle Performance oder der persönliche IQ, sondern die Network-Performance und der Networking IQ.

8. Dynamic Reputations: Wichtiger als Noten oder Arbeitszeugnisse sind laut ACT und IFTF künftig die Reputation und die digitalen Spuren der eigenen Leistungen: "Tatsächlich haben digitale Plattformen für Freiberufler herausgefunden, dass Auftraggeber weniger auf formale Ausbildung als auf vergangene Performance oder die Erledigung vergleichbarer Aufgaben achten."

Die genannten Kräfte der Zukunft und Innovationszonen bilden das Gerüst, um das die Landkarte des Lernens aufgebaut ist. Wer sie kennt, kann auch die Karte lesen. Nach dem Willen ihrer Ersteller dient sie dazu, die eigenen Möglichkeiten in der lernenden Ökonomie auszuloten, eine Strategie für den eigenen Erfolg zu entwickeln und sich aufs Ausprobieren der Zukunft einzulassen.

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