Strategien


10 Punkte für Europa

7 Giganten beherrschen die Plattform-Ökonomie

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Spinnenartig kontrollieren Google, Facebook und Co. die digitale Ökonomie. Eine Studie von Roland Berger und IE.F benutzt dieses Bild, um der europäischen Politik vor allem wettbewerbsrechtliche Empfehlungen geben. Am Ende steht eine ganze Palette von dringlichen Nachjustierungstipps.
  • Digitale Superstars sind „höchste Gefährdung für das Fair Play in der Internetökonomie“
  • Experten raten, neben Marktmacht auch Systemrelevanz zu bewerten
  • Mobile Endgeräte: Vorinstallation von Programmen sollte unterbunden werden
  • Uneingeschränkte Plattformneutralität sollte eingefordert werden
  • Suchmaschinen-Dominanz von Google erscheint als nachrangiges Problem
Europa hinkt bei digitalen Plattform weit hinterher: sowohl zahlenmäßig als auch hinsichtlich Marktkapitalisierung. Den Abstand zum Silicon Valley und auch zu Asien verdeutlicht diese Grafik.
Europa hinkt bei digitalen Plattform weit hinterher: sowohl zahlenmäßig als auch hinsichtlich Marktkapitalisierung. Den Abstand zum Silicon Valley und auch zu Asien verdeutlicht diese Grafik.
Foto: Roland Berger/IE.F

Michael Jackson hätte dazu wohl nur ein Wort geträllert: "bad". Man erinnere sich: "Superstars", also die wenigen ganz wirklichen Übersterne, kamen früher schon oft aus den USA und selten aus Europa. In der Popwelt der 1980er-Jahre war das sicher so, man denke an Madonna, Prince und eben den "King of Pop". In der Internetwelt von heute, der digitalen Ökonomie, wiederholt sich das. Nur dass aus europäischer Sicht niemand in dieser Sphäre mitmischt. Gar niemand!

7 Giganten dominieren die Internetwelt

Früher im Pop gab es immerhin ein paar Engländer wie Elton John, George Michael oder Phil Collins, die weithin als sehr helle und prominente Sterne akzeptiert wurden. Aktuell gibt es präzise sieben digitale "Superstars", wie eine gemeinsame Studie der Internet Economy Foundation (IE.F) und der Unternehmensberatung Roland Berger zählt: GoogleGoogle/Alphabet, AppleApple, FacebookFacebook, AmazonAmazon und MicrosoftMicrosoft als dominantes Quintett aus den USA; dazu Tencent und Alibaba als inzwischen sehr wuchtig gewordene Sterne aus dem wohlabgeschirmten chinesischen Markt. Alles zu Amazon auf CIO.de Alles zu Apple auf CIO.de Alles zu Facebook auf CIO.de Alles zu Google auf CIO.de Alles zu Microsoft auf CIO.de

Diese digitalen Superstars muss man immer im Hinterkopf behalten bei der Lektüre der angesprochenen Studie mit dem Titel "Fair Play in der digitalen Welt. Wie Europa für Plattformen den richtigen Rahmen setzt". Als Quintessenz der Studie lassen sich zwei Dinge sagen:

  • Es gibt erstens in Europa sehr viele Baustellen, vor allem auch im zentralen Bereich des Wettbewerbsrechts. Diese Baustellen müssen angegangen werden, um auch diesseits des Atlantiks aus den unbestritten enormen Versprechen der Internetwirtschaft mehr süßen Honig saugen zu können. Auf europäischer und deutscher Ebene hat man immerhin begonnen, an diesen Baustellen zu arbeiten - und die Autoren der Studie zeigen sehr konkret, was rechtlich und in der Umsetzung bestehenden Rechts verbessert werden sollte.

  • Zweitens: Auch wenn ab jetzt vieles schneller und besser laufen sollte bei der Schaffung des "digitalen Binnenmarktes" in der Europäischen Union, ist ein europäischer Superstar schlicht nicht in Sicht. Das darf man als "bad" bedauern, folgenlos bleibt es auf keinen Fall. Zumal es auch drastisch an normalen Stars fehlt in der alten Welt.

Marktkapitalisierung digitaler Plattformen

In der Studie findet sich dazu eine Grafik zur Marktkapitalisierung digitaler Plattformen im Jahr 2015. Im Buchtgebiet um das Silicon Valley geht sie in den Billionenbereich, wenn man alle 44 Plattformen zusammenzählt: 2229 Milliarden US-Dollar beziehungsweise 52 Prozent globaler Marktanteil; sogar 73 Prozent Marktanteil, wenn man insgesamt auf nordamerikanische Plattformen schaut. Asien hat dem immerhin 930 Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung oder 21 Prozent Marktanteil entgegenzusetzen. 181 Milliarden Dollar in ganz Europa mögen für den Laien wie eine ordentliche Summe klingen. Sie entsprechen 4 Prozent Anteil am globalen Markt und sind aus dieser Perspektive eine vernachlässigbare Größe.

Diese acht Tortendiagramme zeigen, wie sehr einzelne Unternehmen die jeweiligen Märkte beherrschen.
Diese acht Tortendiagramme zeigen, wie sehr einzelne Unternehmen die jeweiligen Märkte beherrschen.
Foto: Roland Berger/IE.F

Acht Tortendiagramme in der Studie erhellen die Lage weiter. Sie zeigen unter der Überschrift "Herrschaft der Wenigen" die dominante Position einzelner Firmen in globalen und US-amerikanischen Märkten: Suchmaschinen (89,4 Prozent für Google weltweit), Smartphone-Betriebssysteme (84,1 Prozent Google AndroidAndroid, 14,8 Prozent Apple iOS), Apps, Social MediaSocial Media, Messenger-Dienste, Desktop-Betriebssysteme, E-Commerce (89,8 Prozent für Amazon), Online-Werbung. Alles zu Android auf CIO.de Alles zu Social Media auf CIO.de

Dominierende Plattform-Unternehmen greifen auf neue Märkte zu

Diese in der jüngeren Vergangenheit entstandene und längst alltäglich gewordene monopolistische oder duopolistische Dominanz in einzelnen Märkten oder Marktsegmenten ist für sich nachdenkenswert. Denn ein erklärtes Ziel der hiesigen Wettbewerbspolitik liegt an sich in der Verhinderung marktbeherrschender Stellungen - in Abwägung mit anderen Gütern selbstverständlich. Fraglich letzten Endes, wie erfolgreich die Wettbewerbskontrolle bisher gemessen an den eigenen Ansprüchen war.

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