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10 Punkte für Europa

7 Giganten beherrschen die Plattform-Ökonomie

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

Mittlerweile liegt das eigentliche Problem aber schon auf einer anderen Ebene: dem Ausgreifen der in Teilbereichen der digitalen Ökonomie dominierenden Firmen auf andere Märkte und im Bündeln datenintensiver Dienstleistungen. Kurz: im Aufwachsen zu echten digitalen Superstars.

Größte Gefahr geht von Öksystemen aus

In der Studie heißt es dazu: "Die höchste Gefährdung für das Fair Play in der Internetökonomie und damit für die Realisierung des mit ihr verbundenen Innovationspotenzials geht von Ökosystemen aus - also Kombinationen aus Hardware, Software, Services, Content und Interaktionen von Nutzergruppen, die wie eine Spinne im Zentrum eines Wertschöpfungsnetzes sitzen und Anwendungen und Technologien verschiedener Ebenen nahtlos integrieren." Sieben Spinnen also werfen ein Schlaglicht auf die veränderten wettbewerbsrechtlichen Fragestellungen, die neuer Antworten bedürfen.

Google, Facebook und Co. kontrollieren irgendwann grundlegende Infrastrukturen

Einige prominente Stimmen, die IE.F und Roland Berger zitieren, spitzen die Situation zu: "Es erscheint ziemlich wahrscheinlich, dass Google, Facebook und Co. irgendwann die grundlegenden Infrastrukturen kontrollieren werden, auf denen unsere Welt basiert", meint Evgeny Morozov, Internetforscher an der Harvard University. Aus Sicht der Wettbewerbshüter konzediert Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: "Wir begegnen in der Internetwirtschaft einer Reihe neuer ökonomischer und rechtlicher Fragen." Daniel Zimmer, der ehemalige Vorsitzende der Monopolkommission, ergänzt: "Angesichts der Entwicklungen auf digitalen Märkten sind Anpassungen des Rechtsrahmens und Behördenpraxis nötig."

Wichtig wären Partizipationsmöglichkeiten an Datenpools

Wie diese aussehen könnten, untersuchen die Autoren der Studie. Eine zentrale Überlegung ist dabei, stärker als bislang auf "bestreitbare" Märkte zu achten. Dieser Ansatz aus der Wettbewerbspolitik setzt darauf, die Wachstumsperspektiven innovativer Unternehmen in den Fokus zu rücken und Marktbarrieren abzubauen. Relevant in der aktuellen Internetökonomie ist das bei aggregierten Daten über Einkaufs- und Surfverhalten von Usern, die naturgemäß derzeit von den Superstars monopolisiert werden. Entgegengewirkt könnte und sollte dem dadurch, dass rechtlich klar definierte Wege für andere Firmen geschaffen werden, an diesen Datenpools zu partizipieren.

Ebenso zentral ist der Vorschlag der Experten neben die bislang hierzulande alleine auschlaggebende Kategorie Marktmacht in wettbewerbsrechtlichen Fragen auch die "Systemrelevanz" in den Blick zu nehmen. Man kennt diesen Begriff ja aus dem Themenfeld Finanzkrise und Bankenrettung. Nun darf man sich gerne einmal ausmalen, dass für einige Tage Google samt sämtlicher Apps kollabiert oder auch nur Apples App-Store nicht geht, um einen wirtschaftlichen Schaden riesigen Ausmaßes vor Augen zu haben. Und festzustellen: Jawohl, auch die digitalen Superstars sind systemrelevant.

Ein neuer Ordnungsrahmen

Den in der Studie entwickelten Ordnungsrahmen spiegelt diese Grafik wider.
Den in der Studie entwickelten Ordnungsrahmen spiegelt diese Grafik wider.
Foto: Roland Berger/IE.F

Daraus ergibt sich laut Studie ein neuer Ordnungsrahmen, der sich hübsch in einer Pyramidengrafik darstellen lässt. An der Spitze stehen so genannte Bottlenecks sowohl mit hoher Marktmacht als auch mit hoher Systemrelevanz. Handlungsbedarf sehen die Autoren hier sowohl bei Rechtsanwendung als auch bei Rechtssetzung. Die "Superstars" fallen zumeist in diese Kategorie, wenngleich aus unterschiedlichen Gründen.

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